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Handyman Jack 01 - Die Gruft

Handyman Jack 01 - Die Gruft

Titel: Handyman Jack 01 - Die Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Indien
    Mittwoch, 24. Juni 1857
     
    1
     
    Alles ist schiefgelaufen. Was nur schiefgehen konnte, ist auch schiefgegangen.
    Sir Albert Westphalen, Captain der Königlich Bengalischen Füsiliere, stand im Schatten zwischen zwei Marktständen und nippte kaltes Wasser aus einem Krug, der soeben frisch aus dem Brunnen geschöpft worden war.
    Es war herrlich, nicht mehr den direkten Strahlen der indischen Sonne ausgesetzt zu sein, aber ihrem Gleißen konnte man nicht entkommen. Der Sand auf der Straße warf es zurück, der weiße Putz der Häuser, sogar die blasse Haut der bösartigen buckligen Stiere, die ungehindert auf dem Marktplatz umherstolzierten. Das grelle Leuchten trieb die Hitze durch seine Augen direkt ins Gehirn. Am liebsten hätte er sich den Inhalt des Krugs über den Kopf geschüttet und das Wasser langsam an sich herunterlaufen lassen.
    Aber nein. Er war ein Gentleman in der Uniform der Armee Ihrer Majestät und umgeben von Ungläubigen. Es ging nicht an, dass er etwas so Würdeloses tat. Also stand er hier im Schatten, mit dem hohen Tropenhelm auf dem Schädel, in der khakifarbenen Uniform, die unter den Achselhöhlen durchnässt war und zu riechen begann, und tat so, als würde ihm die Hitze nichts ausmachen. Er ignorierte den Schweiß, der sein schütteres Haar unter dem Helm zusammenklebte und ihm das Gesicht hinabströmte, bis er sich in dem dunklen Schnurbart sammelte und dann auf die Uniform tropfte.
    Wenn es doch nur einen Windhauch gäbe. Oder noch besser, Regen. Aber beides war frühestens in einem Monat zu erwarten. Es hieß, wenn im Juli der Monsun aus dem Südwesten herüberzog, würde es dauernd regnen.
    Bis dahin mussten er und seine Männer weiter in der Hitze schmoren.
    Es hätte schlimmer kommen können.
    Man hätte ihn mit den anderen nach Meerut oder Delhi schicken können, um den Rebellenaufstand niederzuschlagen … Gewaltmärsche durch das Gangesdelta in voller Uniform und Ausrüstung, um dann Horden von fanatisierten Sepoys gegenüberzustehen, die ihre blutigen Krummschwerter schwenkten und »Din! Din! Din!« brüllten.
    Ihn schauderte. Das ist nichts für mich, danke, nein.
    Glücklicherweise hatte sich die Rebellion nicht bis hierher in den Osten ausgebreitet, wenigstens nicht in ernst zu nehmendem Maße. Und das passte Westphalen sehr gut. Er hatte vor, so viel Abstand wie nur irgendmöglich zu den Aufständischen zu halten. Aus den Regimentsakten wusste er, dass gerade mal 20.000 britische Soldaten auf dem Subkontinent stationiert waren. Was, wenn sich die ungezählten Millionen von Indern erhoben und die Briten aus dem Land warfen? Es war ein Albtraum, den er immer wieder hatte.
    Die Briten und die Ostindienkompanie, die – wie Westphalen wusste – der eigentliche Grund war, warum die britische Armee überhaupt hier war. Es ging darum, die Interessen von »John’s Company« durchzusetzen. Er hatte geschworen, für die Krone zu kämpfen, und bis zu einem gewissen Grad war er auch bereit, das zu tun. Aber er hatte verdammt noch mal nicht vor, für einen Haufen von Teekrämern seinen Hals zu riskieren. Schließlich war er ein Gentleman und hatte diesen Posten nur übernommen, um ein finanzielles Desaster auf seinem Stammsitz zu verhindern. Und um eventuell während seiner Dienstzeit Kontakte zu knüpfen. Er hatte arrangiert, dass er auf einen Verwaltungsposten versetzt wurde, wo ihm keine Gefahr drohte. Alles gehörte nur zu dem simplen Plan, etwas Zeit zu schinden und eine Möglichkeit zu finden, seine beträchtlichen Verluste im Spiel auszugleichen. Verluste, die ein Mann, der noch nicht einmal vierzig war, eigentlich niemals anhäufen konnte. Danach wollte er nach Hause und seine Schulden begleichen.
    Bei der Erinnerung an die ungeheure Summe, die er seit dem Tod seines Vaters und der Übernahme des Titels verschleudert hatte, zog er eine Grimasse.
    Aber das Glück war sich hier auf der anderen Seite der Welt treu geblieben – es war ihm auch hier nicht gewogen. Vor seiner Ankunft war es in Indien jahrelang friedlich gewesen – kleine Aufstände hier und da, aber nichts Ernstes. Das Raj schien völlig sicher. Aber jetzt war klar, dass Zwietracht und Hass nur unter der Oberfläche geschlummert und offenbar nur auf seine Ankunft gewartet hatten. Er war noch nicht einmal ein Jahr hier und was passierte? Die Sepoys drehten durch!
    Es war nicht gerecht.
    Aber es könnte schlimmer sein, Albert, sagte er sich zum tausendsten Mal an diesem Tag. Es könnte schlimmer sein.
    Es

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