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Handyman Jack 01 - Die Gruft

Handyman Jack 01 - Die Gruft

Titel: Handyman Jack 01 - Die Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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abstrakte Idee, die ihm in seinem Büro in Bharangpur so einfach und simpel erschienen war, stellte sich hier in diesen düsteren Bergen im kalten Licht der Dämmerung plötzlich ganz anders dar.
    Er lag auf dem Bauch und sein Herz hämmerte gegen den Brustkorb, während er mit dem Feldstecher den Tempel beobachtete. Er musste von Sinnen gewesen sein, als er glaubte, das hier könne funktionieren. Wie verzweifelt musste er sein, dass es so weit kommen konnte? War er bereit, sein Leben zu riskieren, um den Familiennamen zu retten?
    Westphalen blickte auf seine Männer hinunter, die damit beschäftigt waren, ihre Ausrüstung und die Pferde zu überprüfen. Mit den stoppeligen Gesichtern und den zerknittern Uniformen, auf denen Schmutz, Schweiß und Regen deutliche Spuren hinterlassen hatten, wirkten sie nun wirklich nicht mehr wie der Stolz Ihrer Majestät. Sie selbst schienen das nicht zu bemerken, und wahrscheinlich taten sie das auch wirklich nicht, denn Westphalen wusste, wie diese Männer lebten: Sie hausten wie Tiere in engen Baracken zusammen mit zwanzig anderen Kameraden, schliefen auf Leintüchern, die nur einmal im Monat gewechselt wurden, und wuschen sich in dem gleichen Napf, aus dem sie auch aßen. Das Kasernenleben stumpfte auch den besten Soldaten ab und wenn es keinen Feind zu bekämpfen gab, dann bekämpften sie sich gegenseitig. Es gab nur eines in ihrem Leben, das wichtiger war als der Kampf, und das war der Alkohol. Selbst jetzt, wo sie sich eigentlich mit Nahrung stärken sollten, kursierte zwischen ihnen eine Flasche selbst gebrannter Schnaps, der mit zerstoßenem Chili versetzt war. In ihren Gesichtern sah er keine Spur seiner eigenen Zweifel, nur die Vorfreude auf den Kampf und die darauf folgende Plünderung.
    Obwohl die Sonne immer kräftiger vom Himmel brannte, fröstelte es ihn. War das die Nachwirkung einer schlaflosen Nacht, die sie zum Schutz vor dem Regen unter einem Felsüberhang verbracht hatten, oder war es die Angst vor dem, was ihnen bevorstand? Jedenfalls hatte er gestern Nacht ziemliche Angst gehabt. Während seine Männer tief schliefen, hatte er wach dagelegen. Er konnte das Gefühl nicht verscheuchen, dass dort wilde Tiere in der Dunkelheit jenseits des kleinen Feuers lauerten, das sie aufgeschichtet hatten. Dann und wann hatte er gelbe Lichtflecken im Dunkeln gesehen, wie Glühwürmchen, die immer zu zweit auftraten. Auch die Pferde mussten etwas bemerkt haben, denn sie waren die ganze Nacht über unruhig.
    Aber jetzt war es Tag. Was sollte er nun tun?
    Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Tempel zu und spähte aufs Neue durch seinen Feldstecher. Der Tempel stand in der Mitte des Innenhofs hinter der Mauer, wo sich ansonsten nur noch ein flaches Gebäude auf der linken Seite vor einer Felsklippe befand. Das Bemerkenswerteste an dem Tempel war seine Farbe: Schwarz. Nicht matt und fleckig, sondern stolz und strahlend, tiefschwarz glänzend, als bestände er aus massivem Onyx. Er hatte eine merkwürdige Form, wie ein Kasten mit abgerundeten Ecken. Er schien in Schichten angelegt zu sein, wobei jede Schicht wie ein Dach die darunterliegende überspannte. Die Wände waren mit Mosaiken verziert und mit chimärenartigen Figuren geschmückt, aber von seinem jetzigen Standort aus konnte Westphalen keine Einzelheiten erkennen. Und über all dem ragte ein gewaltiger Obelisk auf, so schwarz wie der Rest des Gebäudes, der trotzig in den Himmel wuchs.
    Westphalen überlegte, dass man mit keiner Beschreibung diesem Tempel-in-den-Bergen gerecht werden konnte, bestenfalls mit einer Daguerreotypie. Er war einfach nur fremdartig. Es sah aus, wie … so als ob jemand einen Pfahl durch eine Installation aus Lakritz getrieben und sie dann zum Schmelzen in die Sonne gelegt hätte.
    Während er zusah, schwang das Tor in der Mauer auf. Ein Mann, jünger als Jaggernath, aber in den gleichen Dhoti gekleidet, kam heraus. Er trug einen großen Krug auf der Schulter, dessen flüssigen Inhalt er am hintersten Ecke der Mauer ausleerte. Dann ging er zu dem flachen Gebäude zurück.
    Das Tor hinter ihm blieb offen.
    Es gab keinen Grund, noch länger zu zögern, und er hätte seine Männer auch auf keinen Fall noch länger zurückhalten können. Es kam ihm vor, als habe er einen riesigen Schlitten auf einem Abhang in Bewegung gesetzt. Zunächst hatte er ihn noch lenken können, aber jetzt hatte er so an Fahrt gewonnen, dass er hilflos von ihm davongetragen wurde.
    Er stieg von seinem Beobachtungsposten

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