Handyman Jack 01 - Die Gruft
und den Rakoshi hinter ihnen in dem Schleppkahn – hatte es nicht ein einziges Problem gegeben.
Aber das System funktionierte nur auf offener See. Kein Computer konnte ihn aus dem New Yorker Hafen steuern. Er konnte Hilfestellung leisten, aber Kusum musste immer noch den Großteil erledigen – ohne die Hilfe eines Schleppers oder eines Lotsen. Das war natürlich illegal, aber er konnte es nicht riskieren, jemanden auf das Schiff zu lassen, nicht einmal einen Hafenlotsen. Er war überzeugt, mit entsprechender Planung würde er internationale Gewässer erreichen, bevor ihn jemand aufhalten konnte. Aber sollte die Küstenwache oder die Hafenschutzpolizei längsseits gehen und versuchen, das Schiff zu entern, dann hatte Kusum sein spezielles Empfangskomitee parat.
Die Trainingsläufe waren wichtig für ihn, sie beruhigten seine Nerven. Sollte etwas schief gehen, sollte die lebende Ladung seines Frachters irgendwie entdeckt werden, dann musste er jederzeit auslaufen können. Und deswegen ließ er die Rakoshi regelmäßig ihren Dienst verrichten, damit sie in Übung blieben.
Das Wasser war dunkel und still, der Pier verlassen. Kusum überprüfte die Instrumente. Es war alles bereit für das heutige Manöver. Ein einzelnes Aufblinken der Positionslichter und die Rakoshi setzten sich in Bewegung und lösten die Taue und Leinen. Sie waren gelenkig und unermüdlich. Sie konnten vom Dollbord aus auf den Pier springen, die Taue von den Pollern lösen und an ihnen wieder zurück an Deck klettern. Wenn einer von ihnen ins Wasser fiel, spielte das keine große Rolle. Sie fühlten sich im Wasser wie zu Hause. Schließlich waren sie hinter dem Schiff hergeschwommen, als ihr Schleppkahn vor Staten Island abgekoppelt worden war, und waren wieder an Bord geklettert, nachdem der Zoll das Schiff freigegeben hatte.
Die Mutter schlurfte zur Mitte der vorderen Laderaumabdeckung. Das war das Zeichen, dass alle Taue eingeholt waren. Kusum schaltete die Maschinen in den Rückwärtsgang. Die Zwillingsschrauben begannen, den Bug vom Pier wegzuziehen. Der Computer half Kusum, kleine Korrekturen in Bezug auf den Gezeitenstand vorzunehmen, aber fast alles andere musste er selbst machen. Mit einem größeren Frachter wäre ein solches Manöver unmöglich. Aber mit diesem Schiff, mit dieser Ausrüstung und mit Kusum am Ruder war das möglich. Er hatte im Verlauf der Monate viele Versuche gebraucht; es hatte viele Kollisionen mit dem Pier und ein oder zwei nervenaufreibende Situationen gegeben, in denen er glaubte, die Kontrolle über das Schiff vollkommen verloren zu haben. Aber schließlich hatte er es gelernt. Jetzt war es nur noch Routine.
Das Schiff fuhr rückwärts Richtung New Jersey, bis der Pier hinter ihm lag. Er ließ den Steuerbordmotor im Rückwärtsgang und schaltete den Backbordmotor in den Leerlauf, dann in den Vorwärtsgang. Das Schiff drehte sich nach Süden. Kusum hatte lange nach einem solchen Schiff gesucht – es gab nur wenige Frachter dieser Größe mit Zwillingsschrauben. Aber schließlich hatte sich seine Geduld ausgezahlt. Er hatte jetzt ein Schiff mit einem Wendekreis, der nicht größer war als die eigene Länge.
Als der Bug sich um 90 Grad gedreht hatte und auf den Battery Park zeigte, schaltete Kusum die Motoren in den Leerlauf. Wollte er New York verlassen, müsste er jetzt nur noch Gas geben und auf die Narrows und dahinter den Atlantik zuhalten. Wäre es doch nur schon so weit. Wenn er seine Pflicht hier nur schon getan hätte. Widerwillig schaltete er den Steuerbordmotor auf Vorwärts und den Backbordmotor in den Rückwärtsgang. Der Bug schwenkte wieder dem Pier entgegen. Dann musste er sich mit Vorwärts- und Rückwärtsschüben beider Motoren herantasten, bis das Schiff wieder an seinem Ankerplatz lag. Zweimaliges Blinken der Positionsleuchten und die Rakoshi sprangen auf den Pier und vertäuten es.
Kusum gestattete sich ein zufriedenes Lächeln. Ja, sie waren bereit. Nicht mehr lange, und er konnte dieses entartete Land für immer verlassen. Er würde dafür sorgen, dass die Rakoshi morgen nicht mit leeren Händen zurückkamen.
Kapitel 6
Westbengalen,
Samstag, 25. Juli 1857
1
Heute würden Menschen sterben. Daran gab es für Sir Albert Westphalen keinen Zweifel.
Und vielleicht war er einer davon.
Hier oben auf dem Felsvorsprung, wo sich der legendäre Tempel-in-den-Bergen und sein ummauerter Innenhof unter ihm erstreckten, fragte er sich, ob sein Plan wirklich durchführbar war. Die
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