Handyman Jack 07 - Todessumpf
tun?«
»Nichts. Es ist gleich wieder vorbei.«
Jack glaubte sehen zu können, wie ein winziger roter Fleck – blutrot – auf der Rückseite ihres Kimonos erschien, aber er konnte sich dessen nicht ganz sicher sein, weil er sich genau auf dem Rumpf eines der hellroten Sampans befand.
»Bluten Sie?«
Sie lehnte sich nach hinten und verbarg so ihren Rücken vor seinen Blicken.
»Mit mir ist alles okay.«
Ihre Gesichtsfarbe besserte sich, und ihr Atem, wenn auch noch nicht völlig normal, beruhigte sich allmählich.
»Soll ich einen Arzt rufen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ein Arzt kann mir in dieser Sache nicht helfen. Ich werde mich schon wieder erholen. Das ist nicht das erste Mal, dass er mich verletzt, und es wird auch nicht das letzte Mal sein. Er kommt seinem Ziel näher und näher. Schlimme Zeiten stehen uns bevor, und sie werden immer noch schlimmer und schlimmer.«
»Verdammt noch mal, Anya, nennen Sie mir endlich seinen Namen, und ich mache dem Spuk ein Ende.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Jack. Er ist gegen Ihre Methoden immun. Er ist mehr, als Sie bewältigen können.«
»Wie sollen wir ihn dann aufhalten?«
Anya schaute zu ihm hoch, und Jack sah Angst in ihren Augen. »Ich weiß es nicht. Wir können nur hoffen, dass er einen entscheidenden Fehler macht – er ist nicht vollkommen, wissen Sie – oder dass uns die Verbündete Macht zu Hilfe kommt. Anderenfalls habe ich keine Ahnung, wie er aufgehalten werden kann.«
16
Nachdem Anyas Schmerzen nachgelassen hatten, komplimentierte sie Jack aus dem Haus. Er wäre zu ihrer Sicherheit lieber geblieben, doch er musste erkennen, dass sie jetzt allein sein wollte.
Er blieb in ihrem Vorgarten zwischen dem Zierrat auf ihrem Rasen stehen, blickte hinauf zum aufgehenden Mond und dachte darüber nach, wie grundlegend sich sein Leben verändert hatte, seit er sich im Sommer des vorangegangenen Jahres bereit erklärt hatte, den scheinbar einfachen Auftrag anzunehmen, eine gestohlene Halskette zu suchen. Nun schien es, dass ihn jedes Mal, wenn er sich umsah, eine neue Erkenntnis ansprang und dem wärmenden, schützenden Mantel seiner behaglichen, altvertrauten Weltsicht, in den er während der ersten fünfunddreißig Jahre seines Lebens eingehüllt gewesen war, einen weiteren tiefen Riss zufügte.
Noch vor einem Jahr hätte er Anya als Spinnerin abgetan. Jetzt hingegen kam ihm das nicht mehr in den Sinn.
Er ging ins Haus seines Vaters und warf erneut einen Blick in sein Schlafzimmer. Der alte Knabe schlief immer noch friedlich bei laufendem Fernseher. Jack fand den Schraubenzieher und die Taschenlampe, die er in der letzten Nacht benutzt hatte, verließ dann das Haus und machte sich auf den Weg zur Ambulanz.
Obwohl er dort schon einmal eingebrochen war, rechnete er nicht unbedingt damit, dass es auch beim zweiten Mal kinderleicht sein würde. Als er sich dem Gebäude näherte, war er genauso vorsichtig, suchte hinter den Büschen Deckung und hielt Ausschau nach patrouillierenden Wachmännern. Auf halbem Weg fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, sich vor den Moskitos zu schützen. Dafür betrachteten sie seine nackten Arme und seinen Hals jetzt als nächtliche Imbissbude und gaben eine Bestellung nach der anderen auf.
Um sich schlagend und sich heftig kratzend legte er einen Zahn zu und erreichte die Krankenstation schneller als bei seinem ersten nächtlichen Besuch. Er überwand den Fensterriegel und schlüpfte hinein. Nachdem er das Fenster geschlossen hatte, zerquetschte er ein paar Moskitos, die immer noch an seiner Haut herumbohrten, und machte sich an die Arbeit.
Er begab sich sofort in die Registratur, wo er anfing, die Krankenakten durchzublättern. Die Liste der Namen, die sein Vater ihm genannt hatte, hatte er bei sich, und obgleich es ziemlich unwahrscheinlich war, dass sie sich alle in letzter Zeit eingehend hatten untersuchen lassen, musste er sich vergewissern.
Er fing vorne im Alphabet an und arbeitete sich bis zum Ende durch, wobei er die gesuchten Krankenakten herauszog, sobald er auf sie stieß: Adele Borger … Joseph Leo … Edward Neusner …
Alle waren vorhanden.
Jetzt hatte er keinerlei Bedenken hinsichtlich der Verletzung einer fremden Privatsphäre. Diese Leute waren nicht mit ihm verwandt, außerdem waren sie verstorben.
Jack wusste genau, wo in den Krankenakten er nachschauen musste. Er blätterte bis zum letzten Blatt der Generaluntersuchung: Abschließende Beurteilung: hervorragender
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