Handyman Jack 07 - Todessumpf
Meereskröten, die irgendein Idiot irgendwann im letzten Jahrhundert nach Florida mitgebracht hatte. Das Tier besaß nur drei Gliedmaßen – sein linker Arm war nicht mehr als ein kurzer Stummel –, aber es wies diese geschwollenen Drüsen auf, die hinter jedem Auge begannen und sich paarweise in Gestalt von zwei Linien, die aussahen wie Perlenketten, den Rücken hinunter erstreckten. Diese Drüsen produzierten Gift. Gelegentlich kam es vor, dass ein Hund einen der größeren Verwandten der Kröte ableckte oder sogar biss und kurz darauf verendete. Dieser kleine Bursche stammte aus der Lagune des Clans, wo seine Familie den Lichterscheinungen seit Generationen ausgesetzt war, und war deshalb noch giftiger. Nur ein winziger Tropfen auf die Zungenspitze reichte aus, um das Herz eines erwachsenen Mannes zum Stillstand zu bringen.
Das war Semelees Plan gewesen. Sie hatte sich in das Krankenzimmer schleichen, die Kröte mit dem Rücken gegen die Lippen des alten Mannes pressen und schnellstens wieder verschwinden wollen. Eine Minute später wäre er schon zu seinem Schöpfer zurückgekehrt, und der Job wäre erledigt gewesen.
Jetzt müsste sie sich einen anderen Plan überlegen.
Nachdem sie die Kröte auf den Vordersitz des Bootes gesetzt hatte, wo sie nun hockte und sie mit ihren großen schwarzen Augen ansah, wanderte ihre Hand instinktiv zu ihrer Brust und tastete nach …
Sie erstarrte. Was? Wo ist sie?
Dann fiel es ihr ein – die Schnur war im Krankenzimmer gerissen. Sie konnte sich erinnern, wie sie die Schnur in eine Tasche gesteckt hatte, während sie vor dieser schrecklichen Empfindung geflohen war.
Sie suchte in der anderen Tasche des Kittels und atmete erleichtert auf, als sie die dünne Schnur berührte. Sie zog sie heraus und erwartete, die beiden Süßwassermuscheln zu sehen, die sie stets um den Hals trug. Ihr stockte der Atem, als sie nur eine erblickte.
»Was ist los?«, fragte Luke.
Semelee gab keine Antwort. Stattdessen hob sie den Kittel und klopfte eine Tasche nach der anderen ab.
»O nein! Sie ist weg!«
»Was ist weg?«
»Eine meiner Augenmuscheln ist verschwunden!«
»Sieh mal zwischen deinen Füßen nach. Vielleicht ist sie herausgefallen, als du dich umgezogen hast.«
Sie bückte sich und fuhr mit den Fingern durch die Wasserpfütze, die den glitschigen Boden bedeckte.
»Sie ist nicht da!«, rief sie und geriet in Panik. »Oh, Luke, was soll ich jetzt tun? Ich brauche sie!«
Sie hatte die Augenmuscheln seit ihrem zwölften Lebensjahr. Niemals würde sie diesen Moment vergessen. Ihre Mutter hatte sie zur Beerdigung ihres Vaters mitgenommen. Das war das erste Mal, dass sie ihn überhaupt gesehen hatte … oder zumindest dass sie sich erinnerte, ihn gesehen zu haben. Er hatte ihre Mutter verlassen und sich aus dem Staub gemacht, als sie noch ein Baby war, kurz nachdem sie nach Tallahassee umgezogen waren. Er war ein Miccosukeeindianer, der wegen etwas aus seinem Stamm ausgestoßen worden war, das ihre Mutter nicht wusste. Sie hatte ihn an der Lagune kennen gelernt – viele Leute, die vor irgendetwas auf der Flucht waren oder aus anderen Gründen die Abgeschiedenheit dieser Gegend suchten, lebten damals in der Umgebung der Lagune –und sie waren kurz nach Semelees Geburt zu dritt und mit allen anderen von dort weggegangen.
Ihr Daddy – oder, genauer, der Mann, der ihre Mami geschwängert hatte – hatte bei einer Schlägerei in einer Bar den Tod gefunden. Einige seiner Stammesgefährten hatten entschieden, ihn auf die traditionelle Art der Miccosukeeindianer zu bestatten, und seine Frau und sein Kind waren dazu eingeladen worden.
Die Vorstellung, einen Toten betrachten zu müssen, hatte ihr entsetzliche Angst eingejagt, und sie hatte sich von der Leiche so weit wie möglich fern gehalten. Dass sie gerade an diesem Tag ihre erste Periode hatte und sich sehr schlecht fühlte und furchtbar müde war, hatte die Situation für sie nicht unbedingt erträglicher gemacht. Bei dieser Gelegenheit hatte sie die alte Indianerin in ihrem einteiligen Kleid entdeckt, die sie quer durch den Raum anstarrte. Sie hatte schwarze Augen wie ein Vogel und die gleichen Haare wie Semelee, allerdings auch das faltige Gesicht, das dazugehörte. Sie erinnerte sich, wie die alte Frau auf sie zugekommen war und sie regelrecht beschnüffelt hatte. Semelee war vor ihr zurückgewichen und hatte sich so klein wie möglich gemacht. Sie hatte Angst und schämte sich zutiefst. Konnte man ihre Periode etwa
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