Handyman Jack 07 - Todessumpf
Geschäft gesehen und sich nicht vorstellen können, dass jemand bereit war, für so einen Blödsinn Geld auszugeben. Aber ein Verkäufer hatte ihm glaubhaft versichert, dass diese Dinger schneller über den Ladentisch gingen, als er sie nachbestellen könne.
»Natürlich wissen Sie’s. Ich habe meinen vor einigen Jahren gekauft. Ich war einer der Ersten, die einen bekamen. Ich hab ihn dann gleich neben meiner Eingangstür aufgehängt, und sobald jemand reinkam, fing er an zu singen. Bald hatte in der Siedlung jeder einen, aber ich war der Erste.« Er schüttelte den Kopf. »Hab ihn in letzter Zeit jedoch wenig benutzt. Ich war es ziemlich leid, jedes Mal, wenn ich dran vorbeiging, dieselben beiden Songs zu hören. Daher habe ich die Batterien nicht erneuert, als sie leer waren. Aber neulich fiel mir ein, dass in dem Ding ein Bewegungsmelder steckt, der ihn einschaltet, sobald man daran vorbeigeht.« Er wedelte mit dem Schaltkreis. »Und da ist er.«
»Ich verstehe«, sagte Jack. »Sie schließen den Bewegungsmelder an die Kamera an. Und sobald Anya zum Rasensprengen rauskommt, erwischen Sie sie.«
»So sieht mein Plan aus. Ich habe aber auch darauf geachtet, den Lautsprecher abzuklemmen.« Er kicherte. »Wäre wirklich nicht so toll, wenn diese Fischstimme mitten in der Nacht ›Don’t Worry, Be Happy‹ anstimmen würde, oder etwa doch?«
»Ich glaube nicht. Meinen Sie, es funktioniert?«
»Natürlich funktioniert es. Ich hab’s zu Hause ausprobiert.«
»Glauben Sie wirklich, Sie erwischen sie?« Jack gefiel die Vorstellung, dass Anya in Schwierigkeiten geriet, ganz und gar nicht.
»Nee. Aber verraten Sie Dr. Dengrove nichts davon, und erzählen Sie ihr nicht, dass ich das hier tue. Ich möchte nicht, dass sie sauer auf mich ist.«
»Und sie soll auch nicht erfahren, dass sie beobachtet wird.« Er stieß Carl mit dem Ellbogen an. »Werden Sie sich nicht mies fühlen, wenn Sie sie in Schwierigkeiten bringen?«
»Das würde ich ganz bestimmt, nur wird es nicht so weit kommen. Wie ich Dr. Dengrove schon erklärte, diese ganze Mühe ist völlig umsonst. Wir werden Miss Mundy niemals dabei erwischen, wie sie ihre Pflanzen unter Wasser setzt.«
»Warum nicht?«
»Weil sie es nicht tut. Sie sitzt bloß die ganze Nacht vor dem Fernseher. So wie alle anderen. Sie sieht sich Wiederholungen von Matlock oder Golden Girls an. Das und der Wetterkanal scheint alles zu sein, was die Leute hier einschalten.« Er befeuchtete seine Lippen. »Aber da ist noch was anderes.«
»Was denn?«
»Wenn sie vor dem Fernseher sitzt, sieht sie aus wie tot.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe vergangene Nacht durchs Fenster gesehen, während ich meine Apparatur aufbaute, und dachte, dass sie tot ist. Ich habe genug tote Leute gesehen – ich war es, der damals Mr. Bass tot in seinem Liegestuhl auf seiner Vorderveranda fand, und Miss Mundy sah genauso aus wie er. Junge, war ich froh, als ich sie heute Morgen herumlaufen sah.«
»Haben Sie niemanden alarmiert?«
»Hey, ich durfte doch gar nicht dort sein. Und wenn sie wirklich so tot gewesen wäre, wie sie aussah, dann hätte sowieso niemand mehr etwas tun können. Heute Abend habe ich wieder reingeguckt, vor ein paar Minuten erst, und es war das Gleiche. Nur zu. Sehen Sie selbst.«
Jack schüttelte den Kopf. »Das tue ich ganz bestimmt nicht.«
»Na los. Sehen Sie nach, ob ich lüge. Ich kann Ihnen sagen, es ist richtig unheimlich.«
Das Letzte, was Jack jetzt brauchte, war wie ein Spanner erwischt zu werden. Aber seine Neugier war geweckt. Er schlich sich zu dem erleuchteten Fenster, das zum Wohnzimmer gehörte, und warf einen Blick durch die rechte untere Ecke.
Immer noch mit ihrem Kimono bekleidet lag Anya auf ihrem Sessel, der Mund schlaff, die Augen halb geöffnet, und starrte geradeaus. Im Fernseher lief gerade eine Law and Order-Episode – Jack erkannte die Musik –, aber Anya schaute nicht zu. Ihr Blick war auf einen Punkt irgendwo über dem Fernseher gerichtet. Oyv lag auf ihrem Schoß und sah genauso tot aus.
Jack hielt Ausschau nach Anzeichen dafür, dass sie atmete, aber sie wirkte, nun ja, wie tot. Sein Vater zeigte in seinem Koma mehr Anzeichen, dass er lebte. Jack richtete sich auf und wollte schon zur Hausfront gehen und an die Tür klopfen, als er bemerkte, wie sich ihre Brust bewegte. Sie machte einen Atemzug. Oyv ebenfalls, genau im selben Augenblick. Beide nur einen. Dann lagen sie wieder völlig reglos da.
Okay. Demnach war sie am Leben.
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