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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Römer spielte mit dem Kristallbecher; die Strahlen der Abendsonne und die Farbe des Weins, das Glimmen der Kohlebecken und der grüne Marmor der Tischplatte vermengten sich in einem fransigen Punkt schattigen Leuchtens. Das beinahe hellenische oder etruskische, keineswegs grobe Gesicht des Corneliers war entspannt, fast ein wenig belustigt. Er war dreiunddreißig; Antigonos würde bald Sechsundsechzig sein. Der Hellene, der Regulus gekannt hatte, Hanno den Großen, Hamilkar den Größeren, Hasdrubal den Schönen, Hannibal, Hasdrubal, Mago, Philippos von Makedonien und Ptolemaios Philopator, achtete seinen hohen Gast, ohne ihn allzu sehr zu schätzen. Der Römer war gebildet, sprach fließend Hellenisch; er war klug und hatte die beste Ausbildung genossen, die ein Heerführer nur bekommen kann – harten Dienst in den Legionen, Teilnahme an zahlreichen verlorenen Schlachten zwischen Ticinus und Bradanus, die genutzte Möglichkeit, aus den Listen und Künsten des größten Gegners zu lernen und die Fehler der eigenen Feldherrn nicht zu wiederholen; dazu die Ränke und das Gezänk der römischen Politik. Aber er war auch der Mann, der in Iberien – Qart Hadasht, Orongis, Ilurgeia – unmenschliche Blutbäder angerichtet hatte, ohne jeglichen strategischen oder auch nur taktischen Sinn, und der die grauenhaften Metzeleien seines Stellvertreters Pleminius in Lokroi gedeckt hatte, Metzeleien, deren Ausmaße sogar vom harten römischen Senat mißbilligt und in einem Verfahren untersucht worden waren.
    »An Stelle der Ratsherren?« Scipio runzelte die Stirn. »Ich hätte vermutlich vor Jahren alles versucht, den Kriegsausbruch zu verhindern. Aber nachdem der Krieg einmal begonnen war, hätte ich jeden verfügbaren Mann, jedes Pferd, jedes Schiff und jeden Obolos zu Hannibal geschickt.«
    Antigonos nahm die Freundlichkeit des Römers zur Kenntnis, der in den auf Hellenisch geführten Gesprächen nie Karchedon oder gar Karthago sagte, sondern immer Qart Hadasht, wenn ihm auch der Kehllaut meistens zu einem gewöhnlichen kappa wurde, und niemals Hannibas, sondern Hannibal. Der Hellene seinerseits verzichtete darauf, den Römer Kornelios oder Skipios zu nennen.
    Es gab nicht zu viel zu tun in diesem Winter; Cornelius schickte Boten nach Rom, nach Sizilien, zu seinen Lagern, zu Masinissa, bereitete die ersten Unternehmungen des Frühjahrs vor, las in Antigonos’ Büchern und genoß offenbar die langen Unterredungen mit dem alten Freund der Barkiden.
    Antigonos hütete sich, derlei Genuß und die gelegentlichen Artigkeiten zu überschätzen; er prüfte und wog ab, was er selbst sagen konnte, ohne punische Stellungen und Möglichkeiten preiszugeben. Er war seines Lebens sicher, daran zweifelte er nicht; Publius Cornelius würde vielleicht ganz Libyen und Qart Hadasht entvölkern, aber alle wichtigen Leute im Triumph nach Rom heimführen. Der Cornelier hatte ihm gleich zu Beginn der unfreiwilligen Gastfreundschaft seine Befriedigung darüber ausgedrückt, den in Rom seit über vierzig Jahren als wichtigen Freund Hamilkars, Hasdrubals des Schönen und Hannibals bekannten Herrn der Sandbank durch einen glücklichen Zufall in die Hände bekommen zu haben. Ein unglücklicher Zufall, nach Antigonos’ Meinung. Starker Westwind hatte Bomilkar gezwungen, weit ins Meer hinaus zu kreuzen; als der Wind umschwang, trieb er die sechste Schwinge des Westwinds an die Küste zwischen Ityke und Qart Hadasht, in eine kleine römische Flotte. Bomilkar und die Mannschaft saßen ebenso auf dem Landgut fest wie Antigonos; die Schwinge diente den Römern als Botenschiff.
    »Ich weiß«, sagte Cornelius nach längerem Schweigen, »daß du alles versucht hast. Wenn ich mich in deine Sandalen stelle – ich würde mir nichts vorwerfen. Aber den anderen?« Er hob den Becher; ohne Spott, wie es schien, trank er auf die verhängnisvollen Fehler der Ältesten von Qart Hadasht.
    Es wurde dunkel. Antigonos klatschte in die Hände. Einer seiner Sklaven – Libyer – kam herein, begleitet von einem Römer, der mit der Hand am Schwertknauf im Eingang stand, während der Sklave acht Öllampen und drei weitere Kohlebecken anzündete. Vor den halbverhängten Fenstern flackerten die Feuer der kleinen Truppe, die Cornelius um das Haus lagern ließ. Milder Nordwest fuhr durch die Zypressen und überdeckte den Gestank der Feuer und der Kohlebecken , der Bratstellen und der Männer, der Pferde, Latrinen und Abfallberge mit einem Hauch von Salz, Tang und Weite.
    »Doch.

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