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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Ich werfe mir etwas vor.«
    Der Blick des Cornehers war abgeglitten, von Antigonos’ Gesicht zu der alten Truhe, deren geschnitzte Figuren im unsteten Licht zu tanzen schienen.
    »Was, Herr des Hauses?«
    »Nicht früher die Verbindungen zwischen dem Kaufmann Demetrios von Taras und dem ehrwürdigen großen Hanno gesehen und mit dem Schwert zertrennt zu haben.«
    Das flüchtige Lächeln des Römers beseitigte die letzten Zweifel des Hellenen. Scipio räusperte sich.
    »Was wird Hannibal deiner Meinung nach tun?«
    Antigonos hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich weiß weder, welche Kräfte ihm zur Verfügung stehen, noch wo Mago sich aufhält.«
    »Nirgendwo.«
    Antigonos setzte den Becher ab; hart. Ein wenig Wein schwappte auf die Platte des Tischs, die im Zwielicht der Lampen nicht mehr grün, sondern schwärzlich glomm. »Heißt das…?«
    Cornelius nickte. »Ich weiß, ich bin ein schlechter Gast. Aber ich hatte einfach vergessen, es dir zu sagen. Ja. Mago ist tot. Gestorben auf der Überfahrt, irgendwo bei Sardonien, an den Folgen einer Wunde.«
    Antigonos schloß die Augen. Drei Löwen, deren Brüllen die Welt erschüttern wird… Nun lebte nur noch einer, der größte.
    Magos Tod erfüllte den Hellenen mit einer unbestimmten Trauer, die eher der Stadt und dem Bruder galt als Mago selbst. Der Rat hatte ihn auf ein weiteres unsinniges Unternehmen geschickt – unsinnig in dieser Weise und zu diesem Zeitpunkt. Als Iberien bereits so gut wie verloren war, hatten Mago und Hasdrubal Giskon noch einmal fast fünfzigtausend Kämpfer aufgestellt und gegen Scipio geführt, dessen erfahrene Legionen nur wenig Mühe mit den neu angeworbenen Söldnern hatten. Dann war Mago auf die kleinere der Balliaren-Inseln gefahren, hatte dort einen natürlichen Hafen ausgebaut, Truppen geworben und sie auf Befehl des Rats wieder nicht zu Hannibal, sondern nach Norditalien gebracht. Durch späteren Nachschub aus Qart Hadasht – für Mago, wieder nicht für Hannibal – und durch Werbungen bei Kelten und Ligurern war sein Heer auf fünfundzwanzigtausend Fußkämpfer und viertausend Reiter angeschwollen, dazu zehn Elefanten und etwa vierzig Penteren und Trieren. Aber starke römische Truppen riegelten Norditalien ab; ein Durchbruch nach Süden, die Vereinigung mit Hannibal war unmöglich. Das falsche Heer am falschen Platz. Dennoch ließ der Rat Mago in Ligurien, statt ihn und seine Leute nach Libyen oder Bruttium zu bringen.
    »Und sein Heer?«
    »Ist zum Teil bei Hannibal. In Hadrymes. Ein Teil steht noch immer im Keltenland, befehligt von einem Punier namens Hamilkar.«
    »Ein guter Name.«
    Cornelius’ Augen glitzerten. »Einer der besten. Aber nicht alle, die ihn tragen, füllen ihn aus. – Nun, was wird Hannibal tun, deiner Meinung nach?«
    »Ich weiß es nicht. Ich nehme an, er wird versuchen, sich zu verstärken.«
    »Er hat jedenfalls einen klugen Freund.« Scipio leerte den Becher und stand auf.
    »Jeder hat die Freunde, die er verdient. Und die Feinde, die ihm zufallen. Beide kann man sich nur selten aussuchen.«
    Der Römer verzog das Gesicht. »Auch dies ist wahr. Zu wahr. Deine Nacht sei angenehm, Hellene – trotz meiner Anwesenheit.«
    Antigonos bewegte flüchtig die Rechte. Als Cornelius gegangen war, füllte er seinen Becher nach und bereitete sich auf eine weitere lange schlaflose Nacht des Brütens vor. Scipio schien ungeheure Achtung, beinahe Furcht vor Hannibal zu empfinden – »er könnte es immer noch zwingen«. Antigonos seufzte und dachte an die vergeudeten Jahre, die vergeudeten Menschen, die vergeudeten Mittel. Noch im vergangenen Jahr, fünfzehn Jahre nach Überquerung der Alpen, dreizehn Jahre nach Cannae, wäre alles erreichbar gewesen. Die punischen Flotten, die Heere, das Geld… Und die seltsamen Nebenlinien der Geschichte.
    Sapanibal, die schöne Tochter des Hasdrubal Giskon, Frau des Masaesylers Syphax. Hasdrubal und Syphax hatten im vorigen Winter die Römer bei Ityke eingeschlossen, sich auf Verhandlungen eingelassen, statt die Entscheidung zu erzwingen, und dann alles durch List und Feuer verloren. Aber neue Truppen trafen ein, viertausend iberische Söldner; Hasdrubal warb Libyer, Syphax hob in seinem Reich ein weiteres Heer aus, und wenige Monde nach der Katastrophe von Ityke standen wieder über dreißigtausend Kämpfer bereit. Als erfahrene Truppen dagewesen waren, hatten Hasdrubal und Syphax gezaudert und alles verspielt; statt nun ihre unerfahrenen neuen Verbände auszubilden oder,

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