Hannahs Entscheidung
»So, und nun entschuldige mich, Liebes. Ich möchte nach dem Gemüse im Crockpot sehen. Wir wollen bald essen.«
»Lass mich dir helfen, Nana .« Hannah sprang ebenfalls auf.
Ellie winkte ab. »Genieße es, nichts zu tun. Wenn das Kleine erst einmal auf der Welt ist, wirst du die Gelegenheit dazu nicht mehr allzu oft haben.«
»Lass mich aber später den Abwasch machen«, rief Hannah der alten Dame hinterher. Auf einmal saß ein dicker Kloß in ihrer Kehle.
*
Verstohlen musterte Eliza Mae die junge Frau, die ihr am Esstisch gegenübersaß. Schmerzlich vertraut war sie ihr und dennoch fremd. Hannah hatte sich verändert. Es war, wie Hannah bereits gesagt hatte. Aus dem jungen, etwas naiven Ding, das Fairview vor rund neun Jahren verlassen hatte, war eine selbstbewusste Frau geworden, die ihr Leben selbst in die Hand nahm. Eine junge Frau, die bald Mutter sein würde. Eliza war froh, dass ihre Enkelin einen Partner gefunden zu haben schien, der sie glücklich machte, auch wenn sie diese neue Liebe zugegebenermaßen ziemlich überraschte. Immerhin war Hannah noch nicht einmal von diesem grässlichen Shane geschieden. Aber sei’s drum. Hauptsache, das Kind war glücklich. Wider Willen musste sie schmunzeln. Sie sollte sich endlich abgewöhnen, Hannah als Kind zu bezeichnen, das sie weiß Gott nicht mehr war. Oft hatte sich Eliza vorgestellt, wie schön es wäre, Hannah wieder an ihrer Seite zu haben. Mit ihr auf Fairview zu leben. Wie hatte sie sich danach gesehnt! Es war nicht so, dass Eliza ein einsames Leben führte. Sie besaß einen großen Freundeskreis, ihre Handarbeitsgruppe, die Nachbarn. Eliza war nicht der Typ, der im stillen Kämmerlein Trübsal blies. Sie hatte sich ihr Leben eingerichtet und genoss es in vollen Zügen. Dennoch – es wäre eine Bereicherung gewesen, Hannah erneut im Haus zu wissen. Ganz zu schweigen von dem Getrappel kleiner Füßchen und hellem Kinderlachen. Tief in ihrem Inneren war sich Eliza der Tatsache bewusst, dass ihre Sehnsucht, Hannah möge nach Fairview zurückkehren, in dem Wunsch gründete, ihre Enkelin beschützen zu wollen. Aber hatte sie aus der Vergangenheit nichts gelernt? War es nicht vielleicht sogar ihre manchmal etwas übertriebene Fürsorge gewesen, die Hannah damals aus dem Haus getrieben hatte? Hannah war eine erwachsene Frau, ein eigenständiger Mensch, und es wäre egoistisch, von ihr zu erwarten, dass sie sich nach Elizas Wünschen und Bedürfnissen richtete. Was du liebst, lass frei, schoss es ihr durch den Kopf. Ihre Hand zitterte ein wenig, als sie nach ihrem eisgekühlten Glas Wein griff.
»Es geht nichts über einen schönen heißen Eintopf und ein Gläschen Chardonnay, nicht wahr?« Als sie aufsah, ertappte sie Hannah dabei, wie diese, das Kinn auf die Hände stützend, sie nachdenklich betrachtete.
»Nana?« Hannah lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Ich habe noch einmal nachgedacht. Was hältst du davon, wenn ich für eine Weile nach Fair…«
Eliza ließ Hannah nicht aussprechen. Sie ahnte, was ihre Enkelin quälte. »Es ist alles bestens«, versicherte sie rasch. »Natürlich musst du deinen eigenen Weg gehen. Ich verstehe das.« Sie kostete noch einmal von ihrem Wein. »Nimm es deiner Großmutter nicht übel, dass sie gehofft hatte, dich noch einmal umsorgen zu dürfen.«
Hannah musterte sie forschend, dann schlich sich ein Lächeln in ihre Züge. Über den Tisch hinweg griff sie nach Elizas Fingern. »Sobald ich mich auf Green Acres eingerichtet habe, kommst du mich besuchen. Das Haus verfügt über ausreichend Gästezimmer. Ich bin sicher, du bist dort herzlich willkommen. Die kleinen Esel sind ganz entzückend, Nana. Und Sam wird dir bestimmt gefallen.«
Ellie erwiderte den Druck ihrer Hand. Hannah schien aus der Schwärmerei gar nicht mehr herauszukommen. Ihre Wangen glühten, und ihre Augen leuchteten. Sie wirkte glücklich. Hoffentlich entpuppte sich diese neue Liebe nicht als Strohfeuer. »Er scheint ein besonderer Mann zu sein, dieser Sam.«
»Das ist er. Auch wenn ich das erst spät erkannt habe.«
»Manchmal braucht es einen zweiten Blick«, entgegnete Eliza schmunzelnd, während sie an ihren Peter dachte, dem sie stets vorgeworfen hatte, ein stoffeliger Yankee bis in die kleinste Fußzehe zu sein. »Und jetzt lass uns fertig essen. In einer halben Stunde ermittelt Matlock im Fernsehen.« Sie lachte, als Hannahs Augenbrauen erstaunt hochschnellten. »Ja, Fox Charlotte hat die Serie tatsächlich wieder ins Programm
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