Hannas Entscheidung
befreien.
»Verdammtes Miststück!«, rief Ben.
Ein Glucksen vor der Tür bewies, dass Ben recht damit hatte, dass sie belauscht wurden. Hanna hielt ihre Fessel an dem Metallring fest, öffnete Bens Handschellen.
»Okay, lass dir was einfallen, damit er reinkommt.«
»Wieso ich?«
»Na, weil er wegen mir garantiert nicht reinkommt.« Ben zog die Schuhe aus und schlich auf Socken zur Kabinentür.
Hanna fing an, lustvoll zu stöhnen. Als nichts passierte, überwand sie ihre Hemmungen und gab dem Stöhnen verbal einen eindeutigen Kontext: »Ja, ja – mehr!«
Es half. Der Typ schloss tatsächlich die Tür auf und kam herein. Ben Ben packte ihn. Ein leises Knacken ertönte, und der zweite Tote mit Genickbruch landete vor Hanna auf dem Boden. In einer fließenden Bewegung nahm er die Schusswaffe und das Kampfmesser des Bodyguards an sich und warf einen vorsichtigen Blick auf den Gang. Er winkte Hanna.
Sie wusste, dass ihr keine Zeit blieb, den Schock zu verarbeiten. Ben hatte mit derselben Leichtigkeit einen Mann getötet, wie dieser Typ Philip umgebracht hatte. So weit wie möglich hielt sie Abstand zu dem Toten.
Ben zog Hanna hinter seinen Rücken, machte die Tür hinter ihnen zu und schloss ab. Er hatte ihren entsetzten Blick gesehen, aber verdrängte es. Es gab nur eines, was jetzt wichtig war – Hanna lebend hier herauszubekommen. Sie hatte ja keine Ahnung, wie viel Selbstbeherrschung es ihn gekostet hatte, ruhig zu bleiben, als sie zuerst diesen blödsinnigen Angriff auf den Bodyguard gestartet und später die Schläge von Armin kassiert hatte. Verflucht, warum hatte sie auch nicht länger bewusstlos bleiben können? Und überhaupt, was hatte sie auf dieser Veranstaltung gesucht, abgesehen davon, dass sie ihnen allen etwas verschwieg, wovon Wolff offensichtlich etwas ahnte? Dieser Idiot von Philip Bornstedt! Er hatte Sven gleich gesagt, dass der kein Typ war, der gegen die FoEI aussagen würde. Er verdrängte die Gedanken, konzentrierte sich. Sein jahrelanges Training übernahm die Führung. Sie waren gerade ein Deck die Treppe hochgeschlichen und befanden sich auf dem Flur, als er Stimmen hörte. Mit geübtem Blick fand er eine Tür, öffnete sie und schob Hanna hinein. Es war ein schmaler Geräteraum, in dem sich Wasserskier, Taucheranzüge, Flaschen, Harpunen und sonstiges Material befanden. Ihnen blieb nicht viel Platz. Ben spürte Hanna eng an seinen Rücken gepresst. Ihre Hände krampften sich in sein Jackett. Die Stimmen kamen näher. Er konnte nur hoffen, dass sie noch nichts bemerkt hatten und nicht auf der Suche nach ihnen waren. Die Atmung hinter ihm veränderte sich, Hannas Körper spannte sich an.
Verflucht, das hatte ihnen noch gefehlt. Er drehte sich halb um, was in der kleinen Kammer nicht einfach ging. Weil er keine Ahnung hatte, wie er ihre Panikattacke bremsen sollte, tat er das Einzige, was ihm einfiel, das keine Geräusche verursachte. Er packte sie grob bei den Haaren, drehte ihr Gesicht zu sich und küsste sie, nicht sanft, nicht leidenschaftlich, sondern hart und fordernd.
Ihre Reaktion kam prompt mit einem Faustschlag auf seine Brust. Er ließ sie los, stellte befriedigt fest, dass die Panik aus ihren Augen verschwunden war und einem wütenden Funkeln Platz gemacht hatte. Der Adrenalinschub würde hoffentlich reichen, bis sie aus dieser Kammer rauskonnten. Er konzentrierte sich erneut auf die Tür und ließ Hanna in ihrem Saft schmoren.
Die Schritte entfernten sich in Richtung der Kabine neben dem Maschinenraum, aus der sie beide gekommen waren. Ben zählte still bis sechzig. Wenn man sich auf dem Weg zu ihnen befand, blieb nicht mehr viel Zeit, bis der Leichnam entdeckt wurde. Vorsichtig schob er die Tür auf und kontrollierte den Weg, zog Hanna hinter sich her durch einen Freizeitraum, der weniger luxuriöse Couchen enthielt, dafür einen Fernseher und Spielkonsolen. Zwei der Bodyguards spielten lautstark einen Ego-Shooter. Ben fackelte nicht lange. Bevor sie wussten, wie ihnen geschah, lagen die Männer tot auf einer Couch. Diesmal hatte Ben das Messer benutzt und einen sauberen Schnitt durch ihre Kehlen gemacht. Er schob Hanna durch die Glastür auf das offene Deck und begann sich auszuziehen.
»Zieh dein Kleid aus!«
Leichenblass und mit Pupillen so groß wie ihre Iris starrte Hanna ihn an.
»Hanna, du kannst in dem Kleid nicht schwimmen, und außerdem verschafft es uns vielleicht ein wenig mehr Zeit, wenn wir die Klamotten auf der anderen Seite ins Wasser
Weitere Kostenlose Bücher