Hannas Entscheidung
Schwester?«
Hanna schwieg, blendete alles andere aus und konzentrierte sich einzig und allein auf Wolff.
»Sehen Sie, Frau Rosenbaum, ich weiß, dass Sie mithilfe Ihres Freundes Viktor Samuels die verloren gegangenen Daten wiederhergestellt haben.«
Hanna sah, wie ihr Stiefvater sich auf dem Sofa aufrichtete.
»Keine Sorge, Armin, es sind keine Informationen darunter, die in irgendeiner Art gegen uns verwendet werden können. Wobei dein mangelndes Urteilsvermögen bei der Auswahl deiner Mitarbeiter mir langsam lästig wird. Anders sieht es da mit den Daten aus dem Forschungslabor aus.«
»Keine Bange, Konstantin, weder Dr. Schneider noch Dr. Mutai haben Aufzeichnungen ihrer Forschungsarbeit auf den Servern gelassen. Ich schätze, sie wussten, dass sie keine Spuren ihrer illegalen Tätigkeiten hinterlassen durften. Frau Winter und ich haben alles überprüft, nachdem wir den Einbruch in unser Netzwerk festgestellt hatten. Und ich garantiere dir, dass Marie das Projekt nicht weiterverfolgen wird. Sie hat sehr wohl verstanden, dass es nicht in unserem wirtschaftlichen Interesse liegt.«
»Tatsächlich, Armin? Und was macht dich da so sicher?«
Ihr Stiefvater holte ein Taschentuch heraus, wischte sich damit einmal über die Stirn und trank einen Schluck aus seinem Whiskeyglas, bevor er sich räusperte. »Sie weiß zu schätzen, was sie besitzt. Und sie hat verstanden, was du ihr erklärt hast. Marie ist eine intelligente Frau mit Charme und Finesse. Sie hat es geschafft, Medicare aus dem negativen Image herauszumanövrieren. Weshalb sollte sie das aufs Spiel setzen?«
»Ja, in der Tat ausgezeichnete Argumente. Trotzdem hatte sie keine Scheu, mit Fred ins Bett zu steigen und ihn mit Schlafmittel vollzupumpen, um was genau zu machen?« Sein Blick wanderte zu Hanna. Von der Seite sah sie an Freds Haltung dessen unterdrückte Wut. Auch diesmal gab sie keine Antwort, was Wolff mit einem schmalen Lächeln quittierte, wohingegen ihr Stiefvater sie hasserfüllt ansah.
»Ohne Druck wird sie nicht reden.«
»Und mit Druck meinst du Gewalt? Armin, ich sehe langsam, wo dein Problem mit deiner Stieftochter verborgen liegt. Du hast keine Ahnung, wie sie tickt. Sie hat keine Angst vor Schmerzen und sie hat keine Angst vor dem Tod. Selbst du solltest das inzwischen begriffen haben. Aber sie hat eine Schwäche.«
Adrenalin schoss durch ihre Blutbahnen. In ihrem Kopf hämmerte es im Takt ihres Herzschlags. Ein lässiger kleiner Wink von Wolff, dann ging alles ganz schnell, bevor sie zu irgendeiner Reaktion fähig war. Einer der hinzugekommen Bodyguards trat hinter Philip und packte seinen Kopf. Es gab ein knackendes Geräusch und sein Körper sackte zusammen.
Sie schrie nicht, weinte nicht, starrte einfach nur auf die Leiche des Mannes, mit dem sie einige Male essen gegangen war. Armin hingegen sprang entsetzt auf und wich ein paar Schritte neben das Sofa zurück.
»Bist du wahnsinnig geworden? Was soll das?«, brüllte er Konstantin Wolff an.
»Setz dich, Armin.«
»Nein. Keinen Augenblick länger bleibe ich hier.«
»Setz dich!«
Leichenblass und zittrig setzte sich Armin zurück auf das Sofa. Hanna spannte jeden Muskel in ihrem Körper an. Er durfte nicht sehen, dass das ihre Schwäche war – das Bedürfnis, Leben zu schützen, selbst wenn dieses Leben seine Unschuld verloren hatte. Der Mann dort war ein Psychopath.
»Philip Bornstedt hat sich entschlossen, dem Druck des BKA nachzugeben. Eine weitere menschliche Fehleinschätzung von deiner Seite, Armin, die ich geradebiegen musste.«
Ein Mann in Seemannsuniform trat ein, sah kurz auf die Leiche und wandte sich an Wolff. »Ich würde vorschlagen, Herr Wolff, Sie führen Ihr Gespräch auf See fort. Wegen dem Verschwinden von Frau Rosenbaum und Herrn Wahlstrom ist ein Einsatzkommando der Polizei auf dem Weg zum Hafen.«
»Einverstanden, Oberst Janson, starten Sie die Motoren und sehen Sie zu, dass wir Abstand gewinnen. – Homberg«, wandte er sich an den Mann, der soeben vor ihren Augen Philip getötet hatte, »bringen Sie die beiden unter Deck und stellen Sie sicher, dass sie zusammenbleiben. – Und Ihnen, Frau Rosenbaum, gebe ich eine Denkaufgabe mit. Wie viel ist Ihnen das Leben von Major Wahlstrom wert?«
»Sie haben gesagt, er würde das Schiff nicht lebend verlassen, weshalb also sollte ich mir darüber Gedanken machen?« Sie war erstaunt, dass ihre Stimme genauso kalt klang, wie sie sich fühlte.
Wolff lachte. »Stimmt, das hatte ich vergessen. Aber
Weitere Kostenlose Bücher