Hannas Entscheidung
auf und stellte sich an seinen alten Platz. Hanna nahm ihren Gastgeber in Augenschein. Als sie die zwei Männer hinter ihm erkannte, setzte ihr Herz aus. Armin Ziegler und Philip Bornstedt starrten sie nicht minder irritiert an, Letzterer mit leichenblassem Gesicht und Schweiß auf der Stirn. Seine Pupillen erschienen ihr unnatürlich weit, was durch Drogen oder auch Angst hervorgerufen sein konnte.
»Was soll das, Konstantin? Wieso ist Marie hier?« Armins Stimme klang scharf und laut, längst nicht so selbstsicher und souverän, wie Hanna ihren Stiefvater kannte.
Wolff setzte sich auf das Sofa und bedeutete den anderen beiden mit einer knappen Handbewegung, Platz zu nehmen. Philip folgte der Aufforderung, setzte sich auf die Kante des Sofas und stützte die Arme auf seinen Knien ab, während seine Finger leicht zitterten. Jemand stöhnte hinter ihr, und die allgemeine Aufmerksamkeit wandte sich dem Bodyguard zu, den sie angegriffen hatte.
»Ich glaube, dieses Miststück hat mir die unterste Rippe gebrochen«, presste der Mann heraus. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Ben die Wangen einzog. Wut kochte in ihr hoch. Dieser Blödmann hatte bisher nicht ein einziges Mal in die Situation eingegriffen. War er nicht derjenige mit militärischer Ausbildung? Hätte er nicht kurzen Prozess mit den Männern machen müssen? Sie fixierte ihn herausfordernd.
Er wich ihrem Blick aus und starrte konzentriert auf die zwei Männer auf dem Sofa.
»Krause, bringen Sie Thalheimer runter und versorgen Sie ihn, und vergessen Sie nicht, Wiezoreck und Homberg reinzuschicken.« Ein schmieriges Lächeln von Wolff streifte Hanna. »Wir wollen doch nicht, dass Frau Rosenbaum auf dumme Gedanken kommt.«
Aufmerksamer als zuvor musterte ihr Stiefvater sie.
»Und ich dachte immer, mein lieber Armin, du könntest die Zwillinge deiner Frau auseinanderhalten. Tja, so kann man sich täuschen.«
»Das ist nicht Hanna.«
»Überzeug dich selbst.«
Armin trat zu ihr, schob den Ärmel ihres Kleides hoch und atmete scharf ein.
»Wo ist Marie?«
Statt etwas zu sagen, betrachtete Hanna ihn voller Verachtung. Er hob die Hand und schlug ihr mit der flachen Seite ins Gesicht. Ihre Wange brannte, Tränen schossen ihr in die Augen. Sie drehte den Kopf und hielt ihm die andere hin. Wenn er glaubte, er könnte sie mit Gewalt zum Reden zwingen, hatte er sich geirrt. Der zweite Schlag traf ihre Nase und sie spürte, wie Blut herauszutropfen begann.
»Aber Armin, wer wird denn so aus der Fassung geraten? Wiezoreck, holen Sie ein Taschentuch. Ich möchte nicht, dass Blut auf meinem Teppich landet.«
Ziegler fuhr sich mit der Hand durch die Haare, atmete tief ein und ging mit einem letzten, vernichtenden Blick zum Sideboard. Das erste Glas Whiskey kippte er in einem Zug herunter. Ein zweites Glas, diesmal mit Eis, nahm er mit zum Sofa.
»Es erstaunt mich, Major Wahlstrom, dass Sie so gelassen hier sitzen.« Mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln wandte sich Wolff an den Mann, der zwei Schritte neben Hanna an den Stuhl gefesselt saß.
»Ich hatte sowieso vor, Ihnen einen Besuch abzustatten.«
»Ach, tatsächlich? Und aus welchem Grund, wenn ich fragen darf?«
Ben verzog die Lippen. »Zwei tote Männer und eine Schnittwunde.«
»Und ich dagegen dachte, Ihnen läge etwas an Ihrer Begleitung.«
»Wie kommen Sie auf diesen Gedanken?«
WolffsBlick wanderte zu Hanna und wieder zurück. »Immerhin waren Sie so nett, uns auf ihre Spur zu bringen, als Sie so spontan nach Rom anstatt nach Berlin geflogen sind.«
»Wer sagt Ihnen, dass das nicht gewollt war?«
Abschätzend ruhten die Augen ihres Gastgebers auf dem Soldaten. Dann lachte er. »Nicht schlecht, Major Wahlstrom, jedem anderen hätte ich es abgekauft. Sie wissen natürlich, dass Sie dieses Schiff nicht lebend verlassen werden.«
Es war die Ruhe, die absolute Emotionslosigkeit in der Stimme des Mannes, die Hanna erschauern ließ. Er sprach über einen Mord, als würde er sich im Restaurant ein Essen bestellen.
»Sie sollten nicht vorschnell handeln.«
»Wie viele Wanzen haben wir ihnen abgenommen?« Mit hochgezogenen Augenbrauen wandte sich Wolff an Fred.
»Vier.«
»Und Sie wollen mir weismachen, dass Sie – an was interessiert sind?«
»Einem Geschäft.«
»Hm.« Sein Blick wanderte zu Hanna. »Ich wüsste nicht, was für ein Geschäft Sie mir anzubieten hätten, Major. Anders liegt der Fall bei Ihnen, Frau Rosenbaum, und ich fange mit einer ganz leichten Frage an. Wo ist Ihre
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