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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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betonte: Soso. Hanna runzelte die Stirn und fragte sich, warum Marco von Soso Marco genannt wurde und nicht Mama, dann brach sie in Lachen aus. Verständnislose Blicke der anderen Teammitglieder richteten sich auf sie, aber es war zu spät. Sie bekam einen Lachkrampf, der die anderen ansteckte.
    Schließlich japste Sonja: »Okay, was immer dich jetzt so erheitert hat«, sie warf einen vorsichtigen Blick auf den Professor, der sich die Lachtränen abwischte, »aber jetzt gehst du auf jeden Fall mit und erzählst uns, worüber du so lachen musstest.« Ihr Ton ließ keinen Widerspruch zu. Jeder in der Gruppe fügte sich Sonjas Kommando. Ihre gerade mal ein Meter fünfundsechzig gepaart mit der zierlichen Figur waren eine Täuschung.
    Tatsächlich steckte in dieser Frau eine unglaubliche Energie und Kommandierfreudigkeit, aber Hanna gehörte nicht zu den Menschen, die sich einem Kommando unterwarfen. Sie hatte immer getan, was sie für richtig hielt und die Konsequenzen dafür getragen. »Nein, tut mir leid, aber ich kann heute nicht.« Sie lächelte freundlich, und bevor sich Sonja von der Überraschung ihres Widerspruchs erholen konnte, hatte Hanna ihren Rucksack geschnappt und verschwand aus der Kirche.
     
    »Stracciatelle e pistacchio«, bestellte sie mit einem Lächeln ihr Lieblingseis an der Eisdiele, die sich auf dem Weg zur Spanischen Treppe befand.
    »Prego, Signora.« Der Italiener reichte ihr das Eis nicht ohne ein Grinsen und indem er ihr ein Auge kniff.
    Es gelang Hanna nicht, die Röte auf ihren Wangen zu verbergen. Normalerweise bewahrte ihre Größe sie vor der steten Aufmerksamkeit der Römer, wie sich die in Rom gebürtigen Italiener gern bezeichneten, doch den Eisverkäufer störte sie offenbar nicht. »Grazie«, bedankte sie sich hastig, bevor sie sich in den Strom von Einheimischen und Touristen einfädelte, der sich zur Spanischen Treppe bewegte.
    Die Steine strahlten die Wärme der Sonne ab, die den Tag über am Himmel gestanden hatte. Der Abend war mild und von den Düften des Frühlings erfüllt. Hanna liebte diese Treppe, auf der sich alles sammelte. In der Anonymität der Menge beobachtete sie Liebespärchen, Eltern mit ihren Kindern, Jugendliche, das vorsichtige Annähern zwischen Mädchen und Jungen. Das Kichern von Mädchen in Gruppen, die so taten, als würden sie sich für Jungs nicht interessieren. Das Coolsein der reinen Jungengruppen, die so taten, als interessierten sie sich wiederum nicht für die Mädchen. Schließlich waren sie auf der Suche nach ihrer Männlichkeit.
    Hanna setzte sich an den Rand auf halber Höhe der Treppe, so hatte sie einen Überblick über das bunte Treiben der Menschen aus unterschiedlichsten Ländern. Vorsichtig umrundete ihre Zunge das Eisbällchen. Langsam ließ sie den Geschmack sich in ihrem Mund ausbreiten. Erst als das Eis geschmolzen war, knackte sie die Nüsse und die Schokoladensplitter. Dabei schloss sie die Augen, damit sie den ganzen Geschmack wahrnahm. Es lag nicht allein daran, dass sie noch nie ein so hervorragendes Eis gegessen hätte, sondern an dem Luxus, den sie sich so selten gönnte. Das Eis war ihr Geburtstagsgeschenk an sich selbst.
    Hatte sie in ihrem früheren Leben Geld keine Bedeutung beigemessen, so gehörte es in ihrem jetzigen Leben zu einem äußerst knappen Gut. Alles Ersparte, auch ihre Eigentumswohnung, die sie sich vom Erbe ihres Vaters geleistet hatte, war mit ihrem amtlichen Tod an ihre Schwester und ihre Mutter gefallen. Zwar hatte der Staat ihr einen Ausgleich gewährt, aber der entsprach nur einem Bruchteil ihres Vermögens. Das allein wäre kein Problem gewesen, hätte sie weiter als Fotografin arbeiten können. Derzeit verdiente Hanna sich ihren Lebensunterhalt als Zimmermädchen und Spülhilfe in verschiedenen Hotels. Dafür brauchte sie keine Berufsausbildung und es gab ihr genug Zeit für ihr Fernstudium. Große Sprünge konnte sie mit dem Verdienst nicht machen.
    Der Job bei Professor Bartoli erwies sich als eine willkommene Abwechslung in ihrem Alltag. Das Geld reichte ihr, um sich die Unterkunft bei den Schwestern der Unbefleckten Empfängnis leisten zu können, das Essen und die Reisekosten. Rom gehörte zu den Städten, die sie so gerne zusammen mit ihrem Vater hatte bereisen wollen, bis sein Tod einen Strich durch ihre Pläne machte. Es gab unendlich viele Kirchen, heilige Orte, Geschichte, wo immer sie hinsah. Vermutlich würde sie Jahre brauchen, um alles zu entdecken. Vielleicht sollte sie ganz hierher

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