Hannas Wahrheit (German Edition)
sehen uns ähnlich?“ Langsam wanderte der Blick der Empfangsdame über ihr Gesicht, die Skepsis wich einer Verwirrung, doch als sie gerade der Ansicht war, sie hätte die Dame überzeugt, ging der Blick weiter zu ihrer Kleidung. Sie konnte sehen, wie der Frau neue Zweifel kamen.
„Hanna?“
Sie drehte sich um. Sie war noch nie so erleichtert gewesen, ihre Schwester zu sehen. Gleichzeitig beschleunigte sich ihr Herzschlag, als sie an den Grund ihres Kommens dachte.
„Was in Gottes Namen machst du hier?“
Hanna warf der Dame am Empfang einen Hab-ich-es-nicht gesagt-Blick zu, bevor sie auf Marie zuging.
„Können wir reden?“
Marie warf einen Blick auf ihre Uhr. „Tut mir leid, aber ich habe gleich eine wichtige Sitzung mit unserem Beirat und muss vorher noch die Unterlagen durchgehen.“ Sie sah ihre Schwester an, seufzte. „Also gut, was gibt es so Dringendes, dass du die Höhle des Löwen betrittst?“
Hanna sah sich im Foyer um, Marie folgte ihrem Blick.
„Dein Büro?“
Ihre Schwester schüttelte den Kopf. „Bis wir da sind, ist meine Zeit, die ich für dich erübrigen kann, abgelaufen. Aber wir können uns dort drüben in unser Firmen Café setzen. Es hat ganz nette Nischen, in die wir uns zurückziehen können.“ Sie zwinkerte Hanna zu. „Extra für spontane Besucher.“ Sie warf noch mal einen Blick auf ihre Uhr. „Eine Viertelstunde, mehr kann ich nicht rausschneiden.“
Während ihre Schwester Getränke organisierte, musterte Hanna sie stumm. Marie wirkte aufgeräumt, tatendurstig und selbstbewusst. Sie dachte daran, wie sie weinend und angetrunken am Samstag vor ihr gesessen hatte. Es gab keine Schatten unter den Augen, die Haare glänzten. Ihre Sachen besaßen heute eine dezente Note mit gedeckten Farben. Ihre Schuhe waren flacher als sonst, vermutlich für die Sitzung mit dem Beirat. Hanna runzelte die Stirn.
Marie kam mit einem Tee für Hanna und einem Cappuccino für sich selbst.
„Du siehst gut aus.“
Marie lächelte. „Danke für das Kompliment, wie komme ich dazu?“ Ihr Lächeln verschwand. „Ach so, ich vergaß. Tut mir leid. Ich habe am Samstag eine ziemlich depressive Phase durchgemacht und außerdem zu viel getrunken. Aber du bist bestimmt nicht gekommen, um zu kontrollieren, ob es mir gut geht, oder doch?“
„Nein.“ Hanna streute Zucker in den Tee und überlegte, wie sie am leichtesten in das Gespräch einsteigen konnte. „Ich war auf der Webseite der Sarah Ziegler Stiftung.“ Marie lehnte sich in dem Sessel zurück und pustete in ihren Cappuccino. „Ich finde es ziemlich beeindruckend, was ihr da macht.“
„Ein Lob aus deinem Mund für etwas, das mit Armin zu tun hat?“
„Hat es das?“
Marie lächelte. „Ja und nein. Die Stiftung hat er in Gedenken an seine erste Frau gegründet. Allerdings kümmere ich mich um das Thema, da soziales Engagement immer auch mit Imagefragen für unser Unternehmen zu tun hat und damit mit Marketing.“ Ihr Lächeln wurde ernst. Ihre Gedanken drifteten nach innen. Dann wendete sie sich wieder ihrer Schwester zu. „Weißt du, Hanna, mit Geld lässt sich sehr viel Gutes tun. Es ist nicht nur schlecht, wie du immer denkst, sondern kann wirklich etwas bewirken. Du und ich, wir haben nur unterschiedliche Wege gewählt.“
Hanna dachte über die Worte ihrer Schwester nach. Versuchte, in dem Gesicht von Marie zu lesen. Sie wirkte so entspannt und aufgeräumt. Hanna fühlte einen Knoten in ihrem Magen und überlegte krampfhaft, welche Worte sie wählen sollte.
„Du hast gesagt, ihr helft Menschen, die an Aids erkranken, was ja eigentlich nicht richtig ist.“ Hanna hielt inne.
Marie schmunzelte. „Man merkt, dass du dich in dein Projekt Das Gesicht von HIV vergraben hast. Übrigens war deine Show wirklich sehr beeindruckend am Samstag. Kati hat mir gesagt, dass sie unglaublich viele Spenden an dem Abend erhalten hat. Aber um zurückzukommen auf das Thema Aids. Es ist richtig, es geht natürlich vor allem darum, zu verhindern, das Aids überhaupt ausbricht. Wir setzen bei der Therapie bei dem HI-Virus an.“
„Es ist ziemlich teuer ein Medikament zu entwickeln.“
„Ja, natürlich, von der Forschung bis zur Marktreife ist es ein langer Weg, und oft genug können wir später das Medikament nicht einsetzen. Entweder weil der Wirkstoff beim Menschen nicht funktioniert oder die Nebenwirkungen zu groß sind.“
„Habt ihr deshalb eine Forschungsabteilung in Nigeria?“
Marie setzte langsam die Tasse ab und sah Hanna
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