Hannas Wahrheit (German Edition)
Begriff.“
„Du meinst der, den ihr bei der IT-Security Task-Force eingeschleust habt?“
„Ja, genau der.“
„Und?“
„Nun, was immer deine Verhörtaktik bei dieser Rosenbaum gewesen sein mag, es scheint, als hätte es funktioniert.“ Sven rieb sich die Hände. „Wollen mal sehen, welche Leichen wir ausgraben.“
Ben Wahlstrom schwieg, seine Augen wanderten zu seinem stummen Handy. Also hatte sie sich für eine Seite entschieden. Er hätte es wissen müssen.
Viktor und Nina waren gemeinsam zur Arbeit gegangen. Sie hatten verabredet, dass sie sich heute Abend bei einem alten Freund von Viktor treffen würden, um ihre genaue Vorgehensweise zu besprechen, wie und wann sie Hanna Zugriff erteilen konnten. Eigentlich war das vor allem Viktors Aufgabe, denn Nina kannte das Sicherheitssystem gar nicht. Ihre Aufgabe bei IT Security Task-Force war es, ständig zu versuchen, in das System einzudringen, sodass Sicherheitslöcher aufgedeckt werden konnten. Bisher war ihr das nicht gelungen. Hanna hatte gefragt, ob das nicht ziemlich irritierend für ihre Beziehung wäre. Nina hatte erst gelacht und dann schmunzelnd erklärte, dass Viktor leider auch nicht beim Sex oder im Schlaf dazu neigte, zu reden. Als Hanna daraufhin blass geworden war, bekam Nina einen weiteren Lachanfall.
Hanna lief ziellos mit der Kamera in der Stadt herum. Dass sie wieder jemanden an den Hacken hatte, der sie verfolgte, störte sie nicht weiter. Sollten sie ruhig das Gefühl haben, sie zu kontrollieren. Mit der S-Bahn fuhr sie bis zur Friedrichstraße. Sie suchte sich einen Platz im Starbucks, weil ihr das sicherer erschien als ihre Wohnung. Der Vorteil solcher Ketten war, dass die Cafés nie wirklich vollkommen leer waren. Immer gab es jemand, der sich eine Pause gönnte, einen Kaffee trank und eine Kleinigkeit aß. Sie setzte sich in eine Ecke, die geschützt war, ihr den Blick auf den Eingang erlaubte und wo sie eine Wand im Rücken hatte. Den Trojaner, der auf ihrem System wieder aktiviert war, hatte ihr Viktor noch von ihrem Laptop gelöscht und ihr gleichzeitig ein Programm installiert, das den Zugriff auf ihr System, auch wenn sie am Internet hing, sperrte. Damit konnte sie zwar im Moment nichts vom Internet herunterladen, doch das Surfen funktionierte. Einer der Vorteile von Starbucks war das kostenlose Internet. Sie fuhr ihren Rechner hoch, platzierte ihn so, dass niemand auf den Bildschirm sehen konnte, und zückte ihr Notizbuch.
Viktor hatte gesagt, er würde ihr maximal ein Zeitfenster von dreißig Minuten einräumen können. Das war nicht viel. Sie musste also genau überlegen, wonach sie suchte und wo sie es finden konnte. Statt wie üblich die Begriffe in ihrer Mindmap aufzuschreiben, entschied sie sich für Kürzel. Sie betrachtete ihre zwei Mindmaps von ihrer letzten Recherche, und ihr wurde klar, dass sie neue Beziehungen setzen musste. Diesmal begann sie in der Mitte mit S (Stiftung). Sie platzierte M (Medicares) links, malte eine Verbindungslinie und schrieb I (Image). Als Nächstes platzierte sie unten ein D (Dorf), zog eine Linie von S nach D und schrieb U (unterstützen). Die Linie bekam Verästelungen durch G (Geld), L (Lebensmittel), H (Häuser) und Mk (Medikamente). Nachdenklich starrte sie auf das Bild, bevor sie eine weitere Verbindungslinie zwischen M und Mk zog. Nachdenklich klopfte sie mit dem Stift auf das Notizbuch. Eine junge Frau warf ihr einen genervten Blick zu. Hanna stoppte, schlürfte einen Schluck von ihrem Kaffee. Sie rief die Seite von der Stiftung auf und begann noch mal genau zu lesen. Ihr Ansatzpunkt war die Behandlung von HIV. Sie war ihre ganzen Bilder vor dem Überfall durchgegangen, das schien ihr der vernünftigste Ansatz zu sein. Nachdem sie mehreren Links gefolgt war, wusste sie, dass es eine Vereinbarung der Pharmakonzerne gab, die Medikamente für die HIV-Therapie in drei Preiskategorien zu verkaufen. Die teuersten waren für die Industrieländer, die damit die Forschung finanzierten. Die mittlere Preiskategorie zahlten die Schwellenländer, und die Entwicklungsländer erhielten die Medikamente zum Selbstkostenpreis. Um diese Preise zu halten, vergaben einige Pharmaunternehmen ihre Patente an andere Unternehmen, die Generika von dem Medikament herstellten. So gab es eine gesunde Mischkalkulation. In Botswana hatte der Staat mit dieser Vereinbarung eine flächendeckende Behandlung der an HIV erkrankten Menschen erreicht.
Der Handel mit Medikamenten, die keinen Wirkstoff
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