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Hannas Wahrheit (German Edition)

Hannas Wahrheit (German Edition)

Titel: Hannas Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Defensive gehen.
    Langsam richtet er sich auf. Die Art, wie er sich vor ihr aufbaute, wirkte äußerst bedrohlich. Das waren keine Muskeln aus einem Fitnessstudio, die sie sah, sondern ein kampferprobter Körper. Wäre die Kamera nicht ausgeschaltet gewesen, hätte sie sich defensiver Verhalten. In ihr arbeitete es fieberhaft. Durften deutsche Soldaten bei einem Verhör von deutschen Staatsbürgern Gewalt einsetzen? Wenn sie ihr etwas antaten, mussten sie mit einer Anklage rechnen. Nein, das Ausschalten der Überwachungskamera war nur ein weiterer Schachzug gewesen, um sie zu verunsichern. Das Entwenden von ihrer Kamera und ihrem Gurt war zwar nicht ohne Zwang, aber auch nicht wirklich gewaltsam vor sich gegangen. Hanna versuchte, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen. Sie würde den Chip nicht freiwillig herausrücken.
    „Was wollen Sie?“, brach sie das Schweigen und wich noch ein Stück zurück.
    „Ich denke, das wissen Sie ziemlich genau.“
    „Sie haben alles.“
    „Das stimmt.“ Er schwieg und beobachtete sie. Sie entschied sich für Abwarten. Sein Blick schweifte langsam über ihren Körper. Sie atmete ruhig weiter, versuchte, sich nicht von ihm verunsichern zu lassen. Seine Augen blieben an ihren Schuhen hängen.
    „Wo haben Sie ihn versteckt?“
    „Was versteckt?“
    „Den Chip.“
    „Sie haben alle.“
    Nichts warnte sie vor seinem Angriff, obwohl sie glaubte, ihn genau im Auge behalten zu haben. Wie machte er das bloß? Ihr Blick war geschult durch das Objektiv, normalerweise konnte sie Bruchteile, bevor etwas passierte, es vorausahnen. Genau deshalb gelangen ihr so außergewöhnlichen Fotos. Jetzt lag sie schon auf dem Boden, bevor sie seine Attacke überhaupt realisiert hatte. Ein roter Blitz zuckte durch ihren Kopf, für einen Moment war ihr schwarz vor Augen. Sie keuchte auf, fixierte mit entsetzten Augen den Mann über ihr. Er hatte ihre Hände auf den Boden gedrückt, sein Oberkörper war dicht über ihrem und ließ ihr keinen Raum. Ihre Hüfte steckte wie in einem Schraubstock zwischen seinen Knien fest, mit seinen Füßen hielt er ihre Beine zu Boden.
    Er gab ihr Zeit, sich ihrer Lage bewusst zu werden. Sie atmete gezielt gegen ihre Angst und lockerte die Körperanspannung, ganz entgegen ihrem Bedürfnis, mit aller Kraft gegen den Mann auf ihr anzukämpfen. Insgeheim hoffte sie, er würde seine Haltung ebenfalls lockern, was nicht der Fall war. Sie konzentrierte sich wieder auf ihren Atem. Sie war vollkommen bewegungsunfähig.
    „Wo ist der Chip?“, fragte er leise.
    Statt ihm zu antworten, funkelte sie ihn böse an.
    Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. „Entweder Sie geben ihn mir, oder ich suche danach. Was ist Ihnen lieber?“
    Sie schwieg und schluckte alle Verwünschungen, die ihr durch den Kopf schossen, hinunter. Er umschloss ihre Hände jetzt nur mit einer Hand, sodass er seine zweite Hand freibekam. Langsam begann die Hand an ihrem Körper hinunterzugleiten.
    Da war es um ihre Selbstbeherrschung geschehen. Ihre heftige Gegenwehr überraschte ihn. Sie gewann ein wenig Spielraum, drehte sich zur Seite, nur um gleich darauf wieder auf dem Rücken zu landen.
    „Hoppla, was war das?“ Er fletschte die Zähne, diesmal amüsiert.
    „Arschloch“, fauchte sie ihn an.
    „Bezeichne mich, wie du willst. Du hast keine Wahl, gib mir den Chip.“
    „Ich zeige sie an wegen Nötigung.“ Eine gefährliche Aussage, die ihr über die Lippen rutschte, wie ihr sofort darauf klar wurde.
    „Das kannst du gerne machen.“
    Er sagte das völlig emotionslos, was sie erschreckte. In ihren Gedanken sah sie auf einmal Geheimorganisationen vor sich, die Menschen folterten und verschwinden ließen. Ihre Verunsicherung spiegelte sich auf ihrem Gesicht.
     „Aber pass auf, Hanna, ich bin heute mal nett“, duzte er sie weiter. Ein plumper Versuch, Vertrauen aufzubauen. „Ich gebe dir deine rechte Hand frei, und du darfst den Chip selber herausholen. Was meinst du?“
    Sie biss die Zähne zusammen. Sie konnte nicht klar denken. Er fixierte ihre Hände erneut.
    „Stopp“, keuchte sie.
    Er musterte sie aus schmalen Augen. Langsam gab er ihre rechte Hand frei. Ihr Fausthieb traf ihn direkt unter das Kinn. Diesmal lag der Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Sie wand sich unter seinem Körper hervor, trat, biss, boxte, teilte gezielte Schläge aus, alles, was sie in ihren Selbstverteidigungsstunden gelernt hatte. Darauf war er nicht gefasst. Sie konnte sich befreien und hechtete zur Tür, die

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