Hannas Wahrheit (German Edition)
prüfen. Ich hoffe, das Risiko hat sich gelohnt.“
Major Wahlstrom setzte sich auf einen Stuhl und ließ das T-Shirt sinken. Er konnte es nicht leiden, wenn sein Untergebener seine Machosprüche abließ. Viel zu oft nutzte der Oberleutnant seine Uniform für eine schnelle Nummer aus. Allerdings hielt er sich dabei an die internen Regeln und ließ seine Kameradinnen bei solchen Aktionen außen vor.
Paul Gerlach kam in den Raum. Er war der Computerspezialist der Einheit und besaß keinen militärischen Rang. Wahlstrom überreichte ihm den Chip. Er setzte sich an den Rechner im Überwachungsraum, schob die Speicherkarte in einen Leser, klickte und nickte zufrieden. „Ja, das sind die Bilder von heute.“
Oberst Hartmann griff zum Telefon. „Leutnant Brunner. Sie können Frau Rosenbaum in ihr Hotel bringen und ihr die Sachen zurückgeben. Ich möchte, dass Sie sie bis in ihr Zimmer begleiten. Stellen Sie sicher, dass sie emotional stabil ist, bevor Sie sie alleine lassen.“
Wahlstrom hob überrascht die Augenbrauen. Diese fürsorgliche Seite seines Obersts war ihm neu.
„Wow“, entfuhr es Paul Gerlach.
„Was?“, wandte sich der Oberst an den Techiker.
„Schaut es euch selbst an.“ Er war der Einzige, der die Männer duzte, ohne dafür einen Rüffel zu kassieren.
Wahlstrom und Hartmann stellten sich hinter Paul Gerlach. Die Bilder zeigten den Ablauf des Überfalls. Die Männer waren maskiert. Als der Techniker einen Ausschnitt von einem Mann vergrößerte, konnte der Major die Konzentration in dem Gesicht sehen, die kalten Augen hinter dem Schnellfeuerkarabiner. Es handelte sich eindeutig um eine HK 416, wie sie bei den Spezialkommandos im Einsatz war, aber auch viele der privaten Sicherheitsdienste schworen auf die Waffe. Eine Frau war zu sehen, die blutend am Boden lag. Ein Kind, das von Panik erfüllt die Straße herunterschaute, das nächste Bild zeigte, wie es auf dem Boden lag, tot.
„Scheiße“, fluchte Oberst Hartmann, der sonst kein Freund von solchen Ausdrücken war.
„Wieso dieses Dorf? Was ist daran so verdammt besonders?“, fragte Major Wahlstrom.
Oberst Hartmann nahm seine Brille ab und rieb sich mit den Fingern die Druckstellen. Normalerweise sah man ihm sein Alter nicht an, heute schon. Er wirkte müde. „Ich habe keinen blassen Schimmer. Paul, sehen Sie zu, ob sie Bilder finden, die uns mehr Hintergrund liefern, wer die Typen waren. Vielleicht können sie noch was aus den Gesichtern herausholen.“
Der Major griff nach dem Hörer und tippt eine Nummer ein. „Ed, schicke uns noch mal die Satellitenaufnahmen aus dem Gebiet, wo der Überfall stattgefunden hat. Vor allem die von dem Rückzug.“
Oberst Karl Hartmann nickte ihm anerkennend zu. Es kam selten vor, dass sein Vorgesetzter ein Lob aussprach, Major Wahlstrom konnte ein zufriedenes Grinsen nicht unterdrücken. Er war in der Analyse der Situation schneller gewesen als sein Chef. Wenn es sich bei den Männern um eine angeheuerte Sicherheitstruppe handelte, bestand die Gefahr, dass sie sich schnell aus dem Staub machten. Sie musste sich also beeilen, wenn sie eine Chance haben wollten, die Kerle zu erwischen.
„Also noch einmal: Was ist an einem Dorf mitten im Nirgendwo von Nigeria so interessant?“
„Vielleicht eine neue Erdölquelle?“, mutmaßte der Major.
Sein Oberst schüttelte den Kopf. „Nein, das stünde in unseren Unterlagen.“
Wahlstrom zuckte die Achseln. „Wie sind nie die Ersten, die an solche Informationen kommen. Die Strippenzieher aus der Wirtschaft sind uns immer voraus.“
Das tiefe Seufzen von Oberst Hartmann ließ Major Wahlstrom aufmerken. Die Augen seines Vorgesetzten starrten in die Vergangenheit, seine markanten Züge bekamen eine weiche Linie. Leise stand Wahlstrom auf und machte Anstalten, den Raum zu verlassen.
„Wir müssen sicherstellen, dass vorerst keine Informationen über das Vorgefallene durchsickern“, hörte er die Stimme seines Vorgesetzten.
„Ich denke nicht, dass sie reden werden.“
„Was macht Sie so sicher, Major Wahlstrom?“
„Harald Winter ist ein vernünftiger Mann. Er weiß, dass er in einem instabilen Land ist. Außerdem war er überaus kooperativ und hat mir haarklein erzählt, was genau vorgefallen ist.“
„Harald Winter macht mir keine Sorgen“, erklärte sein Vorgesetzter.
„Wenn wir Hanna Rosenbaum hier festhalten, wird das Harald Winter nicht so einfach hinnehmen“, stellte Wahlstrom sachlich fest. Ihm gefiel der Gedanke nicht, die junge Frau
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