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Hannas Wahrheit (German Edition)

Hannas Wahrheit (German Edition)

Titel: Hannas Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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sich ihr Fahrrad und machte sich auf den Weg zu Viktor. Den Jogger, der hinter ihrem Rücken, keine fünfzig Meter entfernt, abrupt stehen blieb, bemerkte sie nicht.
     
    Major Wahlstrom nahm die Frau mit dem Fahrrad und der Kamera um den Hals genauer in Augenschein. Nein, er hatte sich nicht geirrt, vor ihm schob Hanna Rosenbaum ein Fahrrad durch den Treptower Park. Er wartete ab, ob sie sich umdrehte, doch sie schien völlig in Gedanken versunken, sie suchte nicht die Gegend nach irgendwelchen Motiven ab, wie sie es sonst tat. Sie drehte sich auch nicht um, sondern schob das Fahrrad zielgerichtet den Weg entlang. Er begann ihr zu folgen. Sie ging in die Klingerstraße, bog rechts ab in die Leiblstraße und blieb in der Defreggerstraße vor einem Wohnblock stehen. Er bückte sich und fummelte an seinem Schnürsenkel herum. Erst hatte er vorgehabt, sich zu erkennen zu geben, sobald sie ihn wahrnahm. Doch ein Instinkt sagte ihm, dass hier etwas vor sich ging, das er beobachten wollte. Weit und breit hatte er keinen der BKA-Leute, die Hanna Rosenbaum überwachen sollten, bemerkt. Vermutlich waren sie nicht darauf vorbereitet gewesen, dass sie mit dem Fahrrad loszog. Schließlich konnte er nicht noch länger gebückt bleiben, ohne dass sein Verhalten auffiel. Er stand auf und sah gerade noch, wie sie, das Rad geschultert, in das Haus trat. Was ihn jedoch vor allem verblüffte, war die Tatsache, dass sie einen Schlüssel aus dem Schloss zog, bevor sie die Eingangstür zudrückte.
    Er ging zügig die Straße weiter und bog in die Stuckstraße ein. Nicht weit von hier befand sich die Kaserne, in dem das BKA seinen Sitz hatte, und in der Beermannstraße befand sich seine Wohnung. Hanna Rosenbaum hatte nicht ausgesehen, als ob sie gleich wieder verschwinden wollte. Er entschied, erst einmal zu duschen und dabei sein weiteres Vorgehen zu planen.
     
    Als Hanna den Schlüssel zur Wohnung von Viktor umdrehte, machte sie sich auf ein Chaos gefasst. Überrascht hielt sie inne und ließ ihren Blick schweifen. Im Flur standen die Schuhe ordentlich im Regal, die Jacken hingen an der Garderobe. Sie zögerte beim Hineingehen, ihr Herz begann zu klopfen, leise zog sie die Tür ins Schloss. Irgendetwas stimmte nicht. Im Wohnzimmer sah es genauso aufgeräumt aus. Zwei Weingläser standen auf dem Couchtisch, eine Schüssel mit M&Ms, die bis zur Hälfte geleert war. Eine Flasche mit Wasser. Nichts im Vergleich zu dem üblichen Chaos, das sie sonst in Viktors Wohnung erwartete. Sie lauschte auf ungewöhnliche Geräusche, doch alles war still. Vorsichtig schlich sie in das Schlafzimmer. Hier lagen wenigstens ein paar Klamotten herum, das Bett war ungemacht und durchwühlt. Kein Zeichen eines Kampfes oder sonstiger Gewaltanwendungen. Ein absurder Gedanken, wer sollte schon etwas von Viktor wollen. Doch im Moment, erschien ihr nichts mehr normal. Sie ging in die Küche. Die Lampe an der Spülmaschine signalisierte, dass diese durchgelaufen war. Kein dreckiges Geschirr, kein verkrusteter Herd und keine Fettspritzer. Der Boden war mit ein paar Flecken gesprenkelt. Blieb nur noch das Bad. Auch hier hingen die Handtücher ordentlich an den Haken. Das Waschbecken wies Zahnpastaspuren auf. Sie hockte sich auf den Badewannenrand. Was war hier los?
    Hanna hörte, wie sich ein Schlüssel drehte und zuckte zusammen. Schnell erhob sie sich und eilte zur Tür. Unterdrücktes Kichern, sie prallte zurück. „Nicht so stürmisch“, flüsterte eine raue Frauenstimme. Zögernd betrat sie den Flur und starrte auf Viktor, der gerade mit dem Fuß die Tür schloss, während er eine kleine, rundliche Frau an die Wand drückte und ihr Gesicht mit Küssen bedeckte. Bevor die Situation peinlich werden konnte, räusperte sie sich. Erschrocken fuhren die beiden auseinander.
    „Oh Gott, du bist es. Wie kannst du mir nur so einen Schrecken einjagen“, japste Viktor, während sich sein Gesicht knallrot färbte. Grinsend sah die Frau an seiner schmalen Gestalt vorbei. Neugierige bernsteinfarbene Augen nahmen sie in Augenschein. Als Viktor keine Anstalten machte, sie vorzustellen, schob sie ihn kurzerhand beiseite, ging auf sie zu und reichte ihr die Hand.
    „Hi, Hanna, ich bin Nina. Schön, dass ich dich endlich kennenlerne.“
    Perplex reichte Hanna der Frau die Hand. Sie war einen Kopf größer als Nina und sah auf den braunhaarigen Wirrkopf herunter.
    „Ich weiß, du redest nicht so gerne, aber das ist eigentlich ganz praktisch, denn ich kann meinen Mund nie

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