Hannes - Falk, R: Hannes
Irgendwann sind wir dann auf die Nele zu sprechen gekommen, und die Sonja hat gesagt, dass sie die Nele eben beim besagten Frauenarzt getroffen hat. Sie hat gesagt, dass ihr die Nele so unheimlich leidtut, gerade jetzt, wo sie auch noch schwanger ist! Ich hab geglaubt, ich fall vom Frisierstuhl. Ihr ist das nur so rausgerutscht und sie hat’s auch gleich gemerkt, hat mich dann am Kragen gefasst, zu sich rübergezogen und gezischt, wenn ich das irgendjemandem sagen würde, wär ich tot. Hab dann eben versprochen, ewiges Stillschweigen zu bewahren. Was wiederum egal ist, weil in spätestens neun Monaten das Ding ja amtlich ist.
Mensch, Hannes, weißt du, was das heißt? Die Nele ist schwanger von irgend so ’nem Kerl, womöglich dem Kalle, und hockt bei dir auf der Bettkante und hält deine Hand. Das ist unglaublich. Ich hab natürlich auch überlegt, ob du der Vater sein könntest, aber mein Freund, das ist leider ausgeschlossen. Du bist jetzt seit fast sechs Monaten für sexuelle Maßnahmen völlig unbrauchbar, und die Nele hat noch nicht mal ein winziges Bäuchlein. Wärst du also beteiligt an der Schwangerschaft, würde man doch längst schon was sehen müssen. Oder zumindest fühlen. Aber als ich sie neulich aufder Maschine mitgenommen habe, war ihr Bauch so flach wie ein Waschbrett. Ich hab das den ganzen Tag über nicht aus meinem Kopf bekommen und hab es auch gelassen, ins Krankenhaus zu fahren, weil ich einer Begegnung mit dem Weib aus dem Weg gehen wollte. Aus dem Weg gehen musste! Ich weiß nicht, was ich gesagt oder getan hätte, wenn ich ihr begegnet wär. Aber sicherlich nichts, worauf ich später stolz gewesen wäre. Ich hab ständig das Bild vor Augen, wie sich die Nele mit irgendeinem Typen ohne Gesicht auf deinem Krankenbett räkelt. Es ist widerlich. Jetzt ist es gleich halb drei und ich muss meine Runde drehen, weiß eh nicht mehr, was ich noch schreiben könnte, weil ich das Scheißbild nicht aus dem Schädel krieg. Werde gesund, Herrgott, Hannes. Werde endlich gesund!
Sonntag, 30.07.
Ich schreibe dir hier vom Starnberger See. Dass ich hier bin, ist die Schuld von Walrika. Sie hat sich das schön ausgedacht. Sie hat mich am Freitagmorgen angesprochen, grad als ich auf die Semmel von der Frau Stemmerle den Frischkäse gestrichen hab. Sie hat sich zu uns hergesetzt und gesagt, sie und die Frau Stemmerle hätten miteinander geredet und nun eine Bitte an mich. Dann sind sie damit rausgerückt, dass ich zur alten Villa fahren und den Florian mitnehmen soll. Der Florian soll sich ein bisschen um den Garten kümmern und ich mich ums Haus. Das wär schon lange überfällig. Die Walrika hat gesagt, sie hätte auch schon eine Putzhilfe organisiert, und die käme am Montag und würde uns zur Hand gehen.Ich brauch das auch nicht umsonst zu machen, die Frau Stemmerle würde gut bezahlen. Es wäre nun eh an der Zeit, meinen Urlaub zu nehmen, und so würde alles wunderbar passen. Mit dem Florian hätte sie auch schon gesprochen, und der wäre froh, weil der Garten im Vogelnest momentan sowieso keine Arbeit abwirft. Sie hat alles haarklein geplant mit ihren Komplizen, und sie denkt wirklich, ich würde das nicht durchschauen. Ich würde nicht merken, dass sie mich nur wegbringen will von zu Hause. Auf andere Gedanken bringen eben. Ich hab ihr natürlich nicht gesagt, dass ich ihren billigen Trick durchschaut hab. Ich möcht sie ja nicht verletzen und kann ihr sowieso keinen Wunsch abschlagen, dieser kleinen dicken Frau in ihrer schwarzen Kutte.
Bin noch kurz ins Krankenhaus gefahren und hab den Schnauzbart gebeten, dass er mich unbedingt anrufen muss, wenn’s was Neues gibt. Und er hat gesagt, vor Ende der Woche darf ohnehin keiner rein zu dir. Hab ihm dann noch ’ne Kassette gegeben und gesagt, sie ist voll, er soll sie gut einteilen, jeden Tag ein paar Minuten. Er wird das delegieren.
Also hab ich mir den Florian an den Hintern geklebt und bin mit ihm auf der Maschine hier an den See gefahren. Da wir jeder einen ziemlich großen Rucksack dabeihatten, war die Fahrt sehr unbequem, aber nun sind wir eben da. Der Florian ist gleich in den Garten raus, und dort werkelt er seit Stunden, und ich hab uns derweil eine Ecke entstaubt, in der wir schlafen können. Habe auf dem Weg hierher eine kleine Pizzeria gesehen, da werden wir zu Abend essen. Was ungeheuer spannend wird, weil ich mit einiger Wahrscheinlichkeit den Alleinunterhalter abgeben muss.
Donnerstag, 03.08.
Kaum zu glauben, dass ich erst heute die
Weitere Kostenlose Bücher