Hannes - Falk, R: Hannes
mein blödes Maul halten. Ich wäre schließlich auch kein Musterknabe. Was ich aber auch nie behauptet hab. Dann hat er gesagt, er hätte es auch ziemlich beschissen gefunden damals auf seiner Silvesterparty, dass ich seine Mutter gevögelt hab. Zuerst hab ich gar nicht gewusst, was ich sagen soll. »Ja«, hat er gesagt, »da staunst du, was? Hast nicht gedacht, dass davon einer weiß, oder? Hätte vermutlich auch nie jemand mitgekriegt. Aber zufällig musste ich genau zu der Zeit zum Kotzen, wo das Klo belegt war. Und bin halt raus in den Garten. Undhab euch zwei gesehen, Uli. Dich und meine Mutter. Auf dem Gartentisch in der Laube. Unfassbar. Anschließend bist du wieder reingekommen und hast mit meinem Vater Ananasbowle getrunken. Das ist edel, mein Freund!«
Dann ist er aufgestanden und gegangen. Hat noch nicht einmal sein Bier ausgetrunken. Bezahlt hat er es schon und meines auch und hat mir damit noch den Rest gegeben.
Montag 21.08.
Hallo Hannes,
hab ein ziemlich beschissenes Wochenende hinter mir und sitze jetzt im Vogelnest und versuche, dir zu schreiben. Es ist unglaublich warm heute. War gestern zweimal bei dir. Beim ersten Mal saßen der Kalle und die Nele auf deiner Bettkante und beim zweiten Mal der Rick samt Vollbart. Hab jedes Mal durch das kleine Fenster geguckt und mir die Nebelschwaden zurückgewünscht. Leider war es mir nicht möglich, zu dir reinzugehen, da ich keinen Bock hatte, auf keinen von denen. Bin also jedes Mal wieder umgekehrt und hab mich meinem Selbstmitleid ergeben. Hätte so dringend mit dir reden müssen, aber wie gesagt, du warst besetzt.
War aber heute vor der Schicht bei dir, und das hat auch geklappt. Als ich ins Krankenhaus rein bin, habe ich deine Mutter gesehen in der Anmeldung an der Pforte. Hab im Vorbeigehen mitgekriegt, dass sie sich zu einem Schwangerschaftsgymnastikkurs angemeldet hat. Bin kurz hinter so ’nem Pfosten stehen geblieben und hab zugegebenermaßen etwas gelauscht, weil es mich halt schon sehr interessiert hat.Und hab dabei mitbekommen, dass sie die Nele, den Kalle und sich selbst für diesen Kurs eingetragen hat. Es fällt mir nicht leicht, mir vorzustellen, wie der Kalle mit der Nele und deiner Mutter gemeinsam nun künftig auf dem Boden liegt und Hechel- und Pressübungen macht. Ganz abgesehen davon, dass es deine Mutter wohl ganz normal findet, dass der Kalle womöglich der Vater des Kindes deiner Freundin ist. Unglaublich.
Als sie später zu dir rein ist, bin ich sofort gegangen. Du siehst, mein Freund, die Menschen, denen ich aus dem Weg zu gehen versuche, vermehren sich täglich. Es ist ein Jammer. Na ja. Jedenfalls hat der Brenninger angerufen und gesagt, seine Zeit in Neuseeland ist jetzt vorbei, er kommt in einigen Tagen zurück. Er hätte Energie getankt, sich ausgiebig erholt und wäre zu neuen Schandtaten bereit. Außerdem hat er gesagt, sein Vater habe ihn angerufen und gesagt, wenn er seinen verdammten Arsch nicht sofort zurückschwingt, wird er den blöden Partyservice verkaufen und das Geld verjubeln. Na, das will der Brenninger schließlich am allerwenigsten. Also wird er die Tage heimkommen, den Partyservice retten und dich vermutlich besuchen.
Hier im Vogelnest ist eigentlich alles beim Alten. Die Insassen häkeln Patchworkdecken, manche basteln auch wieder, na, so sind sie wenigstens beschäftigt. Die Walrika hat mir auf dem Balkon gesagt, sie würde gerne einen kleinen Weihnachtsbasar machen, so Anfang Dezember. Da könne man ja die Decken verkaufen und die Basteleien auch, und so wäre die Wäschekammer wieder leerer und die Kasse voller. Ich soll mir mal ein paar Gedanken machen, weil das mit dem Sommerfest ja auch so schön geklappt hat. Im Moment ist mir aber gar nichtdanach, an Weihnachten zu denken. Mal sehen. Ja, und der Florian ist immer noch am Starnberger See. Er telefoniert regelmäßig mit der Walrika und der Herr Stemmerle ist natürlich sonntags auch dort, und der hat gesagt, es ist alles in Ordnung. Ja, das war’s erst mal, melde mich morgen wieder.
Mittwoch, 23.08.
Es ist unerträglich heiß die letzten Tage, zu heiß für Ende August. Die Insassen stöhnen selbst unter den Bäumen im Garten, und es wird auch in den Nächten nicht kühler. Ich sitz heut Abend hier auf dem kleinen Balkon, hab mir ’nen Stuhl rausgestellt, lass mich von den Mücken quälen und lausche dem Zirpen der Grillen. Alle paar Augenblicke wandert jemand durch den Korridor, weil er halt aufgrund der Hitze nicht schlafen kann, und so
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