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Hannes - Falk, R: Hannes

Hannes - Falk, R: Hannes

Titel: Hannes - Falk, R: Hannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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wirklich schmerzhaft war. So sind wir durch das Foyer gewandert und er hat gesagt: »Weißt du, Uli, die Wahrscheinlichkeit, dass meine Frau in Kürze ihren Jungen verliert, ist ungeheuer groß. Und wenn es da nur eine winzige Möglichkeit gibt, einen Hauch von Hoffnung, dass etwas von ihm hierbleibt bei uns, dann wird sie diese Möglichkeit nutzen, koste es, was es wolle, verstehst du? Den Gedanken, dass der Kalle der Vater sein könnte, hat sie gleich wieder verworfen, sowie sie es gehört hat. Und solange sie glaubt, etwas vom Hannes behalten zu können, flennt sie wenigstens nicht mehr. Und sollte sich später herausstellen, dass Neles Kind am Ende doch vom Kalle ist, kriegt sie ’nen Tritt, die kleine Schlampe, hörst du? Von mir persönlich, und dann soll sie es noch einmal wagen, hier auf seiner Bettkante zu sitzen!«
    Das hat er gesagt, dein Vater.

Sonntag, 27.08.
    Habe ausgeschlafen, ausgiebig gefrühstückt (wenn ’ne kalte Pizza als Frühstück durchgeht) und werde dir nun von gestern schreiben. Ich war nämlich gestern am Starnberger See, das Wetter war herrlich und die Zündapp musste mal wieder ausgefahren werden. Bin also zur alten Villa gefahren und habe den Flori besucht. Der war ziemlich überrascht und hat doch gegrinst, als er mich sah. Zuallererst hat er mir natürlich den Garten zeigen müssen und ist dabei vor jedem Grashalm gottesfürchtig stehen geblieben. Anschließend hat er Kaffee gekocht und währenddessen gesagt, ich würde heute noch Augen machen. Hab mich ein wenig umgesehen, aber nix gefunden, worüber ich hätte Augen machen können. Später sind wir zum Strand runter und dort hab ich tatsächlich Augen gemacht. Und wie! Da stand der alte Kahn wie eh und   – was soll ich dir sagen   – hat mich in karibischen Farben angestrahlt. Blau und grün und ich glaub, auch etwas rosa. Da steht dieser olle Kahn und bringt den ganzen See zum Leuchten. Ich hab den Flori gefragt, ob er das gemacht hat, diese ganze Malerei. Und er hat gesagt, er hätte das Boot geflickt, gespachtelt, geschliffen, grundiert, lackiert, versiegelt und poliert. Und jetzt ist es sogar seetauglich. Schließlich kramt er die Paddel hervor, wir lassen das bunte Teil zu Wasser und fahren damit hinaus. Das hat was. Später ist der Flori mit einem gekonnten Kopfsprung noch baden gegangen. Ich nicht, weil ich einfach keine blöden Kommentare mehr über Sonnenbrände hören konnte. Hab aber meine Beine reinhängen lassen, und das tat gut. Der Junge war maulfaul zweifelsohne, und doch hat er meine Fragen brav der Reihe nach beantwortet. So weiß er zum Beispieljetzt, wie seine Zukunft aussieht, oder zumindest hat er Pläne in irgendeine Richtung. Gesagt hat er nichts darüber, er will es erst der Schwester Walrika erzählen, hat er gesagt. Danach hab ich noch erfahren, dass zweimal die Woche die Zina kommt, zum Putzen, ihre Mutter nicht mehr, weil’s ja nicht mehr so viel zu putzen gibt wie vorher. Dabei hat er gegrinst, der Lauser. Später haben wir den Kahn an Land gezogen und ich hab ihm gesagt, dass der einen Namen braucht. Er hat eine Weile überlegt und dann gesagt, das wär ja wohl ’ne Kleinigkeit. Könnte wetten, dass da demnächst »Zina« draufsteht.
    Kurz bevor ich mich auf den Rückweg gemacht hab, ist der See ganz grün geworden und der Himmel hat ein Gewitter prophezeit. Hab den Flori gefragt, ob er sich fürchtet, wenn’s wettert und ob ich übernachten soll. Er hat gelacht und gesagt, er ist jetzt erwachsen und fürchtet den Teufel nicht mehr. So bin ich gefahren und hatte ein gutes Gefühl dabei.
     
    Heut früh bin ich im Morgengrauen (und das mit dem Grauen kannst du ruhig wörtlich nehmen, wo du weißt, wie gern ich ausschlafe) zu dir rein, weil ich völlig zu Recht vermutet habe, dass etwas später wieder Belagerungszustände herrschen. Bin auf deiner und meiner Bettkante gesessen und hab dir die Sportberichte vorgelesen. Hab dir von den letzten Tagen erzählt und deine Hände massiert, worin ich jetzt schon echt gut bin. Gott preise Vaseline! Jedenfalls sind deine Finger nicht mehr so steif und kalt, und manchmal meine ich, du erwiderst den Druck. So auch heute. Ich war mir so sicher, dass du meine Hände drückst, dass ich mich nach vorne gebeugt hab, um in deine Augen zu sehen. Oder zumindest in den kleinen Spalt, den du großzügig freigibst.Deine Augen waren unbewegt und starr wie bei einer Bauchrednerpuppe. Ja, Hannes, du erinnerst mich tatsächlich an eine Bauchrednerpuppe, weil du mit mir

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