Hanni und Nanni. Die besten Freundinnen (18)
nicht meldet und den Ring zurückgibt, haben wir keinen schönen Tag mehr. Dann guckt eine die andere schief an und denkt: Hat sie ihn geklaut oder nicht? So geht es nicht weiter. Das muss geklärt werden, und zwar sofort. Übrigens bin ich auch müde. Aber das ist mir egal.“
„Na gut“, sagte Marianne nach einer Pause, „du hast recht. Aber was machen wir jetzt?“
„Zuerst einmal mit Ilka reden“, meinte Bobby resolut. „Hast du den Ring genommen oder nicht?“
Man konnte sogar im Dunkeln sehen, wie Ilkas Gesicht blass wurde. „Nein, ich habe ihn nicht genommen“, sagte sie.
„Aber du hast schon mal geklaut, damals, in deiner früheren Schule. Deshalb musstest du gehen, oder?“, sagte Jenny.
„Ja, das stimmt.“
„Und?“, fragte Marianne.
„Kein ,und‘. Aber wenn ihr es wissen wollt, dann kann ich euch die Geschichte erzählen. Was ich gestohlen habe und warum.“
Anne gähnte. Sie war müde und hatte mindestens zehn Mückenstiche an den Füßen. Sie kratzte sich. Petra hätte lieber bei Taschenlampenbeleuchtung in ihrem Buch weitergelesen. Und Doris wollte einfach schlafen, nichts als schlafen. „Erzähl, Ilka“, sagte Jenny.
Hinter den Bergen zuckte ein Blitz. Ein heftiger Wind rauschte in den Algarobas und den Oliven. Von irgendwoher war ein Gewitter im Anzug.
„Gut“, sagte Ilka. „Ich erzähle es euch. Wenn ihr alles wisst, dann versteht ihr vielleicht, dass es damals ganz anders war und dass ich Frau Martins Ring nicht genommen habe. Auch wenn ich eine Diebin bin.“
Peter tauchte in einer schlabberigen Schlafanzughose auf.
„Seid ihr wahnsinnig?“, schimpfte er. „Es ist nach elf. Könnt ihr eure blöden Mitternachtsfeste nicht in Lindenhof feiern! Ab in die Betten! Oder, besser gesagt, in die Zelte. Wir kriegen gleich ein Gewitter. Räumt eure Matratzen auf, bevor es anfängt zu regnen.“
„Bitte, Peter“, sagte Hanni, „wir feiern kein Fest, bestimmt nicht. Es geht um Martinas Ring. Wir müssen klären, wer ihn genommen hat. Versteh das bitte. So geht es doch nicht weiter. Keine traut der anderen mehr. Vergiss das Gewitter. Wenn es wirklich anfängt zu regnen, hauen wir schon ab.“
Peter Holzbauer zögerte. Dann sagte er: „Gut. In Ordnung. Die Sache mit dem Ring ist hässlich. Wenn ihr sie unter euch lösen könnt ... Aber sobald es regnet, geht ihr in die Zelte, versprichst du mir das?“
„Klar“, nickte Hanni.
Wieder wehte der Wind, zuckte ein Blitz.
„Wir haben nicht viel Zeit“, meinte Carlotta. „Du bist dran, Ilka.“
Ilka erzählte. Zuerst stockend, manchmal verhaspelte sie sich, musste nach Worten suchen. Niemand unterbrach sie.
„Als meine Eltern sich scheiden ließen, wollte ich unbedingt bei meinem Vater bleiben. Mit meiner Mutter habe ich mich nie besonders gut verstanden. Aber das Gericht machte Probleme. Mein Vater ist Handelsvertreter, er kommt nur am Wochenende nach Hause. Erst als er schriftlich versprach, mich in ein Internat zu schicken, bekam er das Sorgerecht. Papa ist wahnsinnig lieb. Er suchte das beste Internat aus. Der Berghof ist ungeheuer vornehm und dementsprechend teuer. Es ist wunderschön dort. Die Mädchen stammen alle aus den besten und reichsten Familien. Wir hatten Töchter von Filmstars, Grafen und sogar ein paar echte Prinzessinnen. Für mich war es nicht einfach. Niemand hat mir etwas getan. Aber ich fand keine Freundinnen. Schließlich bin ich überhaupt nicht vornehm, eben bloß eine Vertretertochter.“
Wieder ein Windstoß, dann ein Blitz, der den Himmel aufzureißen schien.
„Wir sollten doch lieber in die Zelte gehen“, schlug Petra vor. Sie fürchtete sich vor Gewittern.
„Nein“, sagte Bobby, „wir haben ja nicht alle in einem Zelt Platz. Und wir wollen hören, was Ilka uns zu erzählen hat.“
Also redete Ilka weiter.
„Der Berghof ist eine sehr freie Schule. Wir durften ziemlich viel allein unternehmen und sind oft ins Städtchen gefahren. Die anderen in Cliquen. Mich mochten sie nicht dabeihaben. Aufdrängen wollte ich mich auch nicht. Also war ich meistens allein.
Da habe ich Aischa kennengelernt. Eine Türkin, ein bisschen älter als ich. Sie spricht perfekt Deutsch und ist wahnsinnig nett. Ihre Eltern luden mich ein. Die Türken sind so gastfreundlich. Ich musste immer mit ihnen essen, das verlangte die Mutter. Es war ungeheuer gemütlich und lustig in dieser Familie. Hier war ich vornehm genug, und dass mein Vater Waschmittelvertreter ist, fanden sie tadellos.
Dann wurde Aischas
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