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Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Titel: Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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auf Französisch: »Bestie.« Es hörte sich mehr wie eine Gattungsbezeichnung an als wie eine Beschimpfung.

    Die Polizeiwache lag direkt am Dorfplatz. Der Diensthabende führte sie umgehend in das Büro des Commandant des Gendarmes, der an diesem Tag nicht wie gewohnt seine Uniform trug, sondern einen zerknitterten Sommeranzug. Er war etwa fünfzig Jahre alt und müde vom Krieg.
    Der Commandant kam hinter seinem Schreibtisch hervor und forderte Lady Murasaki und Hannibal höflich auf, Platz zu nehmen, bevor er sich selbst wieder setzte. Sein Schreibtisch war bis auf einen Cinzano-Aschenbecher und eine Flasche seines Magenmittels Clanzoflat vollkommen leer. Er bot Lady Murasaki eine Zigarette an. Sie lehnte dankend ab.
    Die zwei Gendarmen, die Hannibal auf dem Markt von Metzger Momund getrennt hatten, klopften an die Tür und kamen herein. Sie blieben an der Wand stehen und beobachteten Lady Murasaki verstohlen aus den Augenwinkeln.
    »Hat irgendjemand Sie geschlagen oder Ihnen Widerstand geleistet?«, fragte der Commandant die Polizisten.
    »Nein, Monsieur le Commandant.«
    Mit einer kurzen Handbewegung forderte er sie auf, den Rest ihres Berichts abzuliefern.
    Der ältere Gendarm zog sein Notizbuch zurate. »Bulot vom Gemüsestand hat zu Protokoll gegeben, dass der Metzger völlig außer sich geraten ist. Er hat versucht, an sein Messer zu kommen, und hat gedroht, jeden umzubringen, einschließlich der Nonnen in der Kirche.«
    Der Commandant verdrehte, um Geduld ringend, die Augen. »Der Metzger war während der Besatzungszeit ein Anhänger des Vichy-Regimes. Als ehemaliger Handlanger der Nazis ist er im Ort, wie Sie sich vielleicht denken können, nicht sehr beliebt«, sagte er. »Ich werde ihn mir auf jeden Fall vorknöpfen. Was die gegen Sie ausgesprochene Beleidigung angeht, möchte ich mein tiefstes Bedauern ausdrücken, Lady Murasaki. Und wenn du, junger Mann, in Zukunft noch einmal miterlebst, wie diese Dame beleidigt wird, möchte ich, dass du sofort zu mir kommst. Ist das klar?«
    Hannibal nickte.
    »Wenn in diesem Dorf jemand angegriffen wird, dann von mir, und zwar nur von mir und niemandem sonst.«
    Er erhob sich und ging zum Stuhl des Jungen. »Wenn Sie uns einen Moment entschuldigen würden, Madame. Hannibal, komm bitte kurz mit.«
    Lady Murasaki blickte fragend zu ihm auf. Der Commandant des Gendarmes schüttelte kaum merklich den Kopf.
    Er führte Hannibal in den hinteren Teil der Polizeiwache, wo es zwei Zellen gab. Eine war von einem schlafenden Betrunkenen belegt, die andere am Morgen vom Leierkastenmann und seinem Affen geräumt worden, dessen Wasserschale noch auf dem Boden stand.
    »Geh da mal kurz rein.«
    Hannibal stellte sich in die Mitte der Zelle. Mit einem lauten Knall, der den Betrunkenen kurz aus seinem Schlaf hochschrecken und unverständliches Zeug brabbeln ließ, warf der Commandant die Zellentür zu.
    »Schau dir den Boden da drinnen genau an. Siehst du, wie fleckig und verzogen die Dielen sind? Sie haben sich mit Tränen vollgesogen. Versuch einmal, ob du die Tür aufbekommst. Los, nur zu! Du siehst, sie lässt sich von deiner Seite nicht öffnen. Ein hitziges Temperament wie deines ist eine ebenso nützliche wie gefährliche Eigenschaft, Hannibal. Sieh zu, dass du künftig immer dein Urteilsvermögen zurate ziehst, dann wirst du nie in einer Zelle wie dieser landen. Tu so etwas nie wieder. Schlag nie mehr so auf jemanden ein.«
    Anschließend begleitete der Commandant Lady Murasaki und Hannibal zum Dorfplatz hinaus, wo der Chauffeur mit dem Wagen vorgefahren war. Nachdem Hannibal eingestiegen war, ergriff Lady Murasaki die Gelegenheit, um kurz unter vier Augen mit dem Commandant zu sprechen.
    »Ich möchte auf keinen Fall, dass mein Mann von dem Zwischenfall erfährt, Monsieur le Commandant. Dr. Rufin kann Ihnen erklären, warum.«
    Er nickte. »Falls der Graf etwas davon hören und mich darauf ansprechen sollte, werde ich ihm sagen, zwei Betrunkene wären aufeinander losgegangen und der Junge wäre zufällig zwischen sie geraten. Es tut mir leid, wenn es um die Gesundheit des Grafen nicht gut bestellt ist. In jeder anderen Hinsicht ist er der glücklichste aller Männer.«
    Es wäre durchaus möglich gewesen, dass Graf Lecter, der sich zum Malen ganz in die Einsamkeit des Château s zurückgezogen hatte, nie etwas von dem Vorfall erfahren hätte. Aber noch am selben Abend, er hatte sich gerade eine Zigarre angesteckt, kam Pascal, der Majordomus, mit der Abendzeitung aus dem

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