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Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Titel: Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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hinter ihr her. Vor dem Käsestand blieb er stehen, um zuzusehen, wie der Mann mit der blau-weiß gestreiften Schürze ein Stück Klaviersaite ölte und damit dann ein großes Rad Grana Padano zerteilte. Der Verkäufer gab Hannibal ein Stück und schärfte ihm ein, den Käse der Madame zu empfehlen.
    Lady Murasaki entdeckte keinen Straußenfarn mehr in der Auslage des Gemüsestands und wollte den Händler gerade fragen, ob er schon ausverkauft sei, als Monsieur Bulot bereits einen Korb mit den eingerollten Farnen unter seinem Ladentisch hervorholte.
    »Madame, diese hier sind so vorzüglich, dass ich nicht wollte, dass auch nur ein Sonnenstrahl sie berührt. Ich habe nämlich schon mit Ihnen gerechnet und habe die Straußenfarne deshalb mit einem Tuch zugedeckt. Und nicht, dass Sie denken, ich hätte es einfach mit ordinärem Wasser befeuchtet, o nein, Madame, mit echtem Gartentau!«
    Gegenüber dem Gemüsestand saß der Metzger Paul Momund in seiner blutigen Schürze an einem Hackblock und nahm Vögel aus. Die Gedärme warf er in einen Eimer, Muskelmägen und Lebern verteilte er auf zwei Schüsseln. Der Metzger war ein großer, vierschrötiger Mann mit einer Tätowierung auf dem Unterarm – einer Kirsche mit dem Spruch »Voici la mienne, où est la tienne?«. Das Rot der Kirsche war im Lauf der Zeit so stark verblichen, dass es heller war als das Blut an seinen Händen. Unter dem Schild mit der Aufschrift Momund – Fleisch und Geflügel stand der Bruder des Metzgers, der es besser verstand, mit der Kundschaft umzugehen.
    Er brachte seinem Bruder gerade eine Gans zum Rupfen. Paul Momund nahm einen Schluck aus der Flasche Marc, die er neben sich stehen hatte, und wischte sich mit einer blutigen Hand über das Gesicht, sodass Blut und Federn an seinen Wangen kleben blieben.
    »Lass es mit dem Schnaps lieber ein bisschen langsamer angehen, Paul«, mahnte sein Bruder. »Wir haben noch einen langen Tag vor uns.«
    »Rupf deine blöde Gans doch selbst. Oder kannst du das genauso wenig wie ficken?«, stichelte der Metzger. Er war der Einzige, der seine Bemerkung ungeheuer witzig fand.
    Hannibal betrachtete gerade einen Schweinekopf in einer Auslage, als er Paul Momunds Stimme hörte.
    »He, Japonaise!«
    Gemüsehändler Bulot protestierte. »Ich bitte Sie, Monsieur! Spricht man so etwa mit einer Dame?«
    Aber das brachte den Metzger erst richtig in Fahrt. »He, Japonaise, ich hab mal ’ne Frage: Stimmt es, dass eure Fotzen quer verlaufen? Mit einem kleinen Puschel gerader Haare wie eine Explosion?«
    Das war der Moment, in dem Hannibal das mit Blut und Federn verschmierte Gesicht des Metzgers erblickte.

    Wie der Blauäugige. Wie der Blauäugige, nachdem er den Vogelbalg abgenagt hatte ...

    Paul Momund wandte sich an seinen Bruder. »Ich sag dir, ich hatte in Marseille mal eine, die konnte deinen ganzen ...«
    Die Lammhaxe, die in das Gesicht des Metzgers krachte, warf ihn mit einem Schwall von Vogelinnereien hintenüber, und dann war Hannibal auch schon auf ihm, und die Lammhaxe sauste unerbittlich auf Momunds Gesicht nieder, bis sie ihm aus der Hand glitt, aber da tastete der Junge schon nach dem Geflügelmesser auf dem Tisch hinter sich, fand allerdings nur eine Handvoll Hühnerinnereien, die er dem mit seinen blutigen Pranken blindlings nach ihm greifenden Metzger mit voller Wucht ins Gesicht drosch.
    Jetzt schaltete sich auch Paul Momunds Bruder ein. Er trat Hannibal gegen den Hinterkopf und wollte gerade nach dem Fleischklopfer auf dem Ladentisch greifen, als Lady Murasaki zum Stand gestürmt kam* ihn zur Seite schob und einen wilden Schrei ausstieß.
    »Kiai!«
    Lady Murasaki hielt dem Bruder des Metzgers ein großes Messer genau an die Stelle seines Halses, an der er eine Sau gestochen hätte, und sagte: »Ganz ruhig, Messieurs.«
    Beide Momunds rührten sich nicht mehr, während die Trillerpfeifen der Gendarmen bereits näher kamen, Pauls große Hände an Hannibals Kehle, die Augen seines Bruders nervös nach der Seite zuckend, wo der Stahl der Klinge seinen Hals berührte, und Hannibal, der auf dem Tisch hinter sich nach dem Messer tastete. Die zwei Gendarmen, die angelaufen kamen, um den Metzger und Hannibal zu trennen, rutschten fast auf den Innereien der Vögel aus. Einer zog den Jungen von Momund weg, hob ihn vom Boden hoch und ließ ihn erst auf der anderen Seite des Stands wieder herunter.
    Hannibals Stimme klang rostig vom langen Nichtgebrauch, aber der Metzger verstand ihn trotzdem. Er sagte ganz ruhig

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