Hannibal
schlössen die Türen hinter sich. Margot dachte darüber nach, daß Tommaso der einzige war, der sie jemals in der Scheune gesehen hatte, abgesehen von Cordell. Dies schien auch Tommaso aufgegangen zu sein. Er stand in sicherer Entfernung von ihr und blickte sie aus dunklen, intelligenten Augen an. Tränen liefen ihm über die Wangen. Streng dein Hirn an, Margot. Du willst keinen Zoff mit den Sarden. Sie wissen ganz genau, daß du die Geldgeschäfte regelst. Sie werden dich sofort verpfeifen. Tommasos Augen folgten ihrer Hand, als sie in ihre Tasche griff. Das Mobiltelefon. Sie rief Sardinien an, den SteubenBanker zu Hause. Es war dort 2.30 Uhr in der Frühe. Sie sprach kurz mit ihm und reichte das Telefon Tommaso. Er nickte, antwortete, nickte wieder und gab ihr das Telefon zurück. Das Geld gehörte ihm. Er kletterte zum Heuboden hinauf und holte seine Aktentasche zusammen mit Dr. Lecters Mantel und dessen Hut. Während er seine Sachen holte, griff sich Margot den Viehtreiber, testete die Spannung und schob ihn sich in den Ärmel. Den Schmiedehammer nahm sie auch an sich.
KAPITEL 88
Tommaso, der Cordells Wagen fuhr, setzte Margot vor dem Haus ab. Er würde den Honda auf einem Dauerparkplatz am Dulles International Airport abstellen. Margot versprach ihm, daß sie das, was von Piero und Carlo übriggeblieben war, nach bestem Wissen und Gewissen beerdigen würde. Es gab etwas, von dem er glaubte, es ihr sagen zu müssen. Er nahm all seinen Mut und seine spärlichen Englischkenntnisse zusammen. »Signorina, die Schweine, müssen Sie wissen, die Schweine haben dem dottore geholfen. Sie sind vor ihm zurückgegangen, haben ihn umkreist. Sie haben meinen Bruder, sie haben Carlo getötet, aber sie sind vor Dr. Lecter zurückgegegangen. Ich glaube, daß sie ihn anbeten.« Tommaso bekreuzigte sich. »Sie sollten ihn nicht weiter verfolgen.« Und während seines langen Lebens auf Sardinien würde Tommaso es stets auf diese Weise erzählen. Als Tommaso in den späten Sechzigern war, sagte er, die Schweine hätten Dr. Lecter und die Frau auf ihrem Rücken aus der Scheune getragen. Nachdem der Wagen über die Feuerwehrzufahrt entschwunden war, stand Margot minutenlang da und blickte zu den erleuchteten Fenstern von Mason empor. Sie sah den Schatten Cordells über die Wände huschen, als er um Mason herumscharwenzelte und die Monitore für ihres Bruders Atem und Puls wieder installierte. Sie ließ den Stiel des Schmiedehammers hinten in ihre Hose gleiten und bedeckte den Kopf des Hammers mit dem Saum ihres Jacketts. Cordell kam gerade mit ein paar Kissen aus Masons Raum, als Margot aus dem Aufzug trat. »Cordell, machen Sie ihm einen Martini.« »Ich weiß nicht -« »Ich weiß es aber. Machen Sie ihm einen Martini.« Cordell legte die Kissen auf das Sofa und kniete vor dem Kühlschrank der Bar nieder. »Gibt es vielleicht auch etwas Saft?« fragte Margot und trat dicht hinter ihn. Sie schwang den Schmiedehammer und ließ ihn auf den Schädelbasisknochen sausen. Ein häßliches Geräusch, als platzte etwas. Cordells Kopf krachte in den Kühlschrank, prallte zurück, und dann kippte er mit zur Decke verdrehten Augen auf seinen Hintern - dann nach hinten weg, eine seiner Pupillen weitete sich, die andere nicht. Sie drehte seinen Kopf auf dem Fußboden zur Seite und drückte mit dem Hammer Cordell die Schläfe ein. Blut schoß ihm aus dem Ohr. Sie fühlte nichts. Mason hörte, wie sich die Tür zu seinem Raum öffnete, und rollte mit seinem Glotzauge. Er war für einen Moment bei dem sanften Licht eingeschlummert. Die Muräne schlief ebenfalls unter ihren Steinen. Margots breite Gestalt füllte den Türrahmen aus. Sie schloß die Tür hinter sich. »Hi, Mason.« »Was ist da unten passiert? Warum hat das bei dir so verdammt lange gedauert?« »Sie sind alle tot, Mason.« Margot trat an sein Bett, zog das Telefonkabel aus seinem Apparat und ließ es auf den Boden fallen. »Piero und Carlo und Johnny Mogli, sie alle sind tot. Dr. Lecter ist geflohen und hat Starling mit sich genommen.« Schaum bildete sich zwischen Masons Zähnen, als er fluchte. »Ich habe Tommaso mit dem Geld nach Hause geschickt.« »Du hast was???? Du gottverdammte blöde Kuh, hör mir gut zu, wir werden jetzt aufräumen und ganz von vorn anfangen. Wir haben das ganze Wochenende. Wir müssen uns keine Sorgen darüber machen, was Starling gesehen hat. Falls Lecter sie hat, ist sie ohnehin so gut wie tot.« Margot zuckte die Achseln. »Mich hat sie nicht
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