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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Sie, daß es mehr als nur einer gewesen sein könnte?« »Ich habe keine Ahnung, Mr. Franks.« Sie hatte den Leichnam ihres Bruders gesehen, die Muräne war noch immer in ihn verkeilt. Er war jetzt von einem Laken bedeckt. Irgend jemand hatte das Atemgerät ausgeschaltet. Die Kriminalisten nahmen Proben vom
Aquariumwasser und machten Abstriche von dem Blut auf dem Boden. Margot konnte das Stück Kopfhaut von Dr. Lecter in Masons Hand sehen. Sie hatten es noch nicht gefunden. Die Kriminalisten sahen für Margot aus wie Tweedledum und Tweedlede. Detective Franks war eifrig damit beschäftigt, Bemerkungen in sein Notizbuch zu kritzeln. »Wissen Sie denn schon, wer diese anderen Leute sind?« fragte Margot. »Haben sie Familien?« »Wir arbeiten dran«, sagte Franks. »Es gab drei Waffen, soweit wir das bis jetzt haben feststellen können.« Genaugenommen war die Polizei nicht sicher, wie viele Leute in der Scheune gestorben waren, da die Schweine in den Tiefen des Waldes verschwunden waren und einen Teil ihrer Beute für den späteren Verzehr mit sich geschleppt hatten. »Im weiteren Verlauf dieser Untersuchung müssen wir unter Umständen Sie und Ihre langjährige Lebensgefährtin bitten, sich einem Lügendetektortest zu unterziehen, würden Sie dem zustimmen, Miss Verger?« »Mr. Franks, ich werde alles tun, damit diese Leute gefaßt werden. Um auf Ihre Frage präzise zu antworten, geben Sie mir und Judy Bescheid, wenn Sie uns brauchen. Sollte ich mit dem Anwalt der Familie sprechen?« »Nicht, wenn Sie nicht irgend etwas zu verbergen haben, Miss Verger.« »Verbergen?« Margot brachte es fertig, in Tränen auszubrechen. »Bitte, ich tue doch nur meine Pflicht, Miss Verger.« Franks streckte seine Hand aus, um sie auf ihre mächtigen Schultern zu legen, besann sich dann aber doch eines Besseren.

KAPITEL 91
    Starling wachte in dem frisch duftenden Halbdunkel mit der instinktiven Gewißheit auf, daß sich in der Nähe das Meer befand. Sie bewegte sich ein bißchen in dem Bett. Ihr Körper schmerzte überall, und dann verlor sie wieder das Bewußtsein. Als sie wieder erwachte, sprach eine Stimme beruhigend auf sie ein und bot ihr eine Tasse mit etwas Warmem an. Sie trank einen Schluck. Der Geschmack ähnelte dem Kräutertee, den ihr Mapps Großmutter geschickt hatte. Tag und wieder Abend, der Geruch von frischen Blumen im Haus, einmal der schwache Einstich einer Nadel. Wie der dumpfe Schlag und das Krachen eines Feuerwerks zerplatzten die Überbleibsel von Furcht und Schmerz am Horizont, aber entfernt, niemals zu nahe. Sie war im Garten des Auges des Hurrikans. »Sie wachen auf. Sie wachen auf, sanft. Wachen auf in einem angenehmen Raum«, sagte eine Stimme. Sie hörte leise Kammermusik. Sie fühlte sich sehr sauber, und ihre Haut duftete nach Minze, irgendeine Salbe, die ihr eine tiefe, wohltuende Wärme verschaffte. Starling öffnete ihre Augen weit. Dr. Lecter stand in einiger Entfernung von ihr, sehr ruhig, so ruhig, wie er damals in seiner Zelle vor ihr gestanden hatte, als sie ihn zum erstenmal sah. Wir sind nun daran gewöhnt, ihn ohne Fußfesseln zu sehen. Es ist nicht schockierend, ihn in einem offenen Raum mit einem anderen sterblichen Wesen zu sehen. »Guten Abend, Clarice.« »Guten Abend, Dr. Lecter«, sagte sie. Eine freundliche Antwort, ohne daß sie wirklich eine Vorstellung von Zeit gehabt hätte. »Falls Sie sich unwohl fühlen, liegt das an den Prellungen, die Sie sich durch den Sturz zugezogen haben. Sie werden wieder gesund. Ich möchte mich nur von etwas überzeugen, könnten Sie bitte in dieses Licht schauen?« Er näherte sich ihr mit einer kleinen Taschenlampe. Dr. Lecter roch nach frischer Wolle. Sie zwang sich dazu, ihre Augen offen zu halten, als er ihre Pupillen untersuchte. Dann trat er wieder zurück. »Vielen Dank. Hinter dieser Tür liegt ein höchst komfortables Badezimmer. Wie wäre es mit ein paar
Gehversuchen? Slipper stehen neben Ihrem Bett. Ich fürchte, ich habe mir Ihre Stiefel ausleihen müssen.« Sie war wach und doch nicht wach. Das Badezimmer war in der Tat komfortabel und mit jeder nur erdenklichen Annehmlichkeit ausgestattet. In den folgenden Tagen genoß sie es, dort lange in der Wanne zu liegen. Aber sie gab sich nicht mit ihrem Spiegelbild ab, so weit war sie von sich selbst entfernt.

KAPITEL 92
    Von Gesprächen erfüllte Tage. Manchmal hörte sie sich selbst zu und fragte sich, wer da mit so intimer Kenntnis ihrer Gedanken sprach. Tage mit viel Schlaf und kräftiger

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