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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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gleichzeitig mit ihm in der Nische vor dem schmiedeeisernen Tor an. Gnocco beugte sich kurz nach vorn über, richtete sich wieder auf und sagte schwer atmend: »Ich habe sie. Er hat verdammt hart zugepackt. Cornuto, er hat versucht, mir in die Eier zu treten. Pech für ihn, er hat mich verfehlt.« Pazzi ging in die Hocke und versuchte gerade, behutsam das Armband von Gnoccos Handgelenk zu lösen, als Gnocco bemerkte, wie ihm etwas heiß und feucht das Bein hinunterlief. Als er sich vorsichtig bewegte, schoß ein mächtiger Blutstrahl aus einer Schlagader durch einen Riß in seiner Hose. Es pulsierte Pazzi direkt ins Gesicht und floß über seine Hände, während er versuchte, mit spitzen Fingern das Armband abzustreifen. Blut spritzte nach allen Seiten auch auf Gnoccos Gesicht, als er den Kopf senkte, um zu sehen, was dort unten bei ihm los war. Und schon gaben seine Knie nach. Er kollabierte gegen das Tor, hielt sich mit einer Hand am Gitter fest und versuchte mit der anderen verzweifelt, die Blutung seiner durchtrennten Schlagader am Oberschenkel mit einem Lumpen zu stoppen, den er auf den Übergang zwischen Bein und Rumpf preßte. Pazzi, den es wie bei jedem Einsatz auch jetzt eiskalt überlief, gelang es, den Arm um Gnocco zu schlingen. Er schirmte ihn mit seinem Körper von der Menge ab und achtete darauf, daß das Blut durch die Gitterstäbe auf die andere Seite des Tores spritzte. Langsam ließ er den Körper vor sich auf den Boden gleiten. Pazzi fischte sein Handy aus der Tasche und sprach hinein, als riefe er einen Krankenwagen. Doch das Telefon war ausgeschaltet. Er knöpfte seinen Mantel auf und breitete ihn wie ein Falke, der sein Opfer unter seinen Schwingen birgt, über Gnocco aus. Gleichgültig bewegte sich die Menge hinter den beiden die Straße hinunter. Endlich schaffte es Pazzi, das Armband von Gnoccos Handgelenk zu lösen. Er legte es behutsam in eine kleine Schachtel, die er mitgebracht lütte. Als nächstes griff er Gnoccos Handy und steckte es ein. Gnoccos Lippen bewegten sich: »Madonna, che freddo.« es kostete Pazzi einige Überwindung, doch dann zog er Gnoccos schwächer werdende Hand von der Wunde, hielt sie, als wollte er Ihn trösten, und ließ ihn verbluten. Als er sich sicher sein konnte, daß Gnocco tot war, ließ er ihn, den Kopf wie schlafend auf den Arm gebettet, neben der Einfahrt liegen und schloß sich der Menge an. Auf der Piazza starrte Pazzi auf den verwaisten Parkplatz, wo sich gerade die trockengebliebene Stelle unter dem geparkten Jaguar Pr. Lecters im Regen zu verlieren begann. Dr. Lecter Pazzi dachte nicht länger als Dr. Fell an ihn. Er hatte es unzweifelhaft mit Dr. Hannibal Lecter zu tun. Der Beweis für Mason Verger befand sich in der Tasche von Pazzis Regenmantel. Der Beweis für Pazzi tropfte von seinem Regenmantel auf seine Schuhe.

KAPITEL 29
    Der Morgenstern über Genua verblaßte gerade im Licht des anbrechenden Tages, als Rinaldo Pazzis alter Alfa Romeo zum Kai hinunterschnurrte. Eine kühle Brise kräuselte die Wellen im Hafen. Auf einem Frachter an einem weiter draußen gelegenen Liegeplatz war jemand am Schweißen, orangefarbene Funkenregen gingen ins schwärzliche Wasser nieder. Romula mied den Wind und blieb mit dem Baby auf dem Schoß im Wagen sitzen. Esmeralda hatte es sich mehr recht als schlecht auf der winzigen Rückbank des BerlinettaCoupes bequem gemacht und ihre Beine seitwärts hochgelegt. Seit ihrer Weigerung, Scheitan zu berühren, hatte sie nicht mehr gesprochen. Sie schlürften starken schwarzen Kaffee aus Pappbechern und aßen pasticcini. Rinaldo Pazzi ging in das Frachtbüro. Als er wieder herauskam, war die Sonne bereits aufgegangen und tauchte den verrosteten Rumpf des Frachters Astra Philogenes, der gerade fertig beladen wurde, in ein glühendes Rot. Pazzi winkte den beiden Frauen im Wagen zu. Die Astra Philogenes, 27000 Bruttoregistertonnen, unter griechischer Flagge fahrend, konnte rechtmäßig zwölf Passagiere auf ihrer Route nach Rio mitnehmen, ohne einen Schiffsarzt an Bord haben zu müssen. Von Rio aus, erklärte Pazzi Romula, würden sie nach Sydney, Australien, übersetzen. Die Umladung werde der Zahlmeister der Astra beaufsichtigen. Die Passage sei mit allem Drum und Dran bezahlt und eine Rückgabe des Geldes nicht möglich. In Italien hält man Australien für eine attraktive Alternative, wo jeder Arbeit findet, und hinzu kommt, daß dort sehr viele Zigeuner leben. I’azzi hatte Romula zwei Millionen Lire versprochen, was

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