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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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und nun war er endlich wieder da! Ihr großer kleiner Bruder.
    »Schwesterchen!« Er erwiderte ihre Liebkosung so heftig, dass ihr die Luft wegblieb.
    Sie hielt ihn auf Armeslänge von sich, sah ihn von oben bis unten an. Simon war ein richtiger junger Mann geworden, größer und kräftiger als früher. Die Grübchen waren in dem schmalen Gesicht kaum noch zu erkennen. Dann wandte sie sich an seine Begleitung. Auch Liv war reifer geworden, vielleicht war es aber auch nur der Bart, den er sich hatte stehen lassen und der sein Gesicht älter erscheinen ließ.
    »Also hast du doch auf meinen Bruder aufgepasst«, sagte sie.
    Die beiden jungen Männer grinsten einvernehmlich. »Sagen wir mal so: Wir haben aufeinander aufgepasst«, gab Liv zurück.
    Simon ging weiter in den Kaufkeller hinein, sah sich um.
    »Wir haben Hermanus von Osenbrügghe am Hafen getroffen. Er fährt heute gen Norwegen. Wir haben uns kurz über die Lage dort ausgetauscht, dann hat er uns hierhergeschickt. Wir sollten zuerst hierher gehen, das hat er immer wieder betont. Warum so geheimnisvoll? Oder wird der alte Herr langsam schrullig?«
    Simon lachte unbefangen, doch Henrike lächelte nur halbherzig. Wie sollte sie ihm beibringen, dass es ihr Zuhause nicht mehr gab?
    Ihr Bruder redete munter weiter: »Ich wusste ja nichts von deiner Heirat! Mit Adrian, wie? Gottes Segen dazu!«, meinte er erfreut.
    Henrike nahm seine Gratulation an. Zugleich wusste sie jedoch, dass sie ihm auch von den schlechten Nachrichten berichten musste. Er bemerkte, dass ihr etwas auf der Seele lag, doch es gelang ihr, ihn zu vertrösten.
    »Kommt erst einmal herein, ihr müsst Hunger haben. Margarete wird euch gerne etwas Gutes kochen. Und Adrian wird sich freuen, euch zu sehen!« Sie stieg die Treppe voraus.
    Vergnügt nahmen Adrian und Margarete die beiden Heimkehrer in Empfang.
    »Habt ihr Cord mitgebracht?«, fragte Adrian nach der herzlichen Begrüßung.
    Simon sah ihn verwundert an. »Cord? Nein, wir haben ihn nicht gesehen. Was wollte er denn in Bergen?«
    »Claas war vor einigen Wochen hier. Er hat dein blutiges Hemd bei Onkel Hartwig abgegeben, damit er dich heimholt. Aber Hartwig wollte nichts davon hören. Also schlich ich mich hinaus auf die Fleischhauerstraße und holte Claas ein. Ich musste doch wissen, wie es dir geht!«
    Simon freute sich sehr. »So ist es ihm also gelungen! Ich wusste es! Er wollte als blinder Passagier reisen. Hat er gesagt, wo er hinwill?«
    Er stockte. Erst jetzt ging ihm auf, was seine Schwester da gesagt hatte. »Warum musstest du dich hinterherschleichen? Und wieso auf die Fleischhauerstraße?«
    Henrike schwieg einen Moment. »Das ist eine lange Geschichte. Kommt, wir setzen uns in den Hinterhof, dort ist es jetzt am schönsten.«
    Simon blickte sie mit großen Augen an, ihm schien klar zu werden, dass auch in Lübeck mehr vorgefallen war, als er bislang wusste.
    Sie gingen in den Hinterhof, wo sie unter den blühenden Kirsch- und Pflaumenbäumen einfache Tische und Bänke aufgestellt hatten. Als sie sich gesetzt hatten, fasste sich Henrike ein Herz und berichtete von den Auseinandersetzungen mit Ilsebe und Hartwig Vresdorp und dem Brand des Hauses. Simonwar aufgewühlt, regte sich furchtbar auf, wollte alles ganz genau wissen. Henrike und Adrian beantworteten jede seiner Fragen und konnten ihn nur mit viel Überredungskunst davon abhalten, sofort zum Elternhaus in der Alfstraße zu laufen.
    Als Margarete und ihre neue Magd Else die Speisen auftrugen, hatte Simon das Gehörte schließlich einigermaßen verarbeitet. Er ging zum Brunnen, um sich vor dem Essen vom Straßenstaub zu befreien. Als er sich seiner Kleidung entledigte, erstarrte Henrike geschockt. Sein Rücken war über und über mit Narben bedeckt. Erst jetzt fiel ihr ein, dass Simon noch gar nicht von ihrem Vetter berichtet hatte. Heißer Zorn überfiel sie.
    »War das Nikolas, dieser Teufel?«, fragte sie erregt. »Wo ist er? Ist er auch hier?«
    Simon goss sich das Wasser, das Liv aus dem Brunnen geholt hatte, über den Oberkörper und wischte sich die Tropfen vom Leib. »Unser lieber Vetter konnte leider nicht mitkommen. Er hat sich bei den Spielen zu stark verletzt«, sagte er gleichmütig und holte dann einen Eimer Wasser für Liv herauf.
    »Ich dachte, nur Neuankömmlinge werden diesen Spielen unterzogen«, sagte Adrian.
    Simon räusperte sich. Als er sprach, brach seine Stimme dennoch und wechselte von einer hellen zu einer dunkleren Färbung. »Das stimmt auch,

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