Happy birthday, Türke!
dich zufällig an ’nen Mann erinnern, der Ahmed Hamul hieß? Hat hier Säcke geschleppt.«
Er triefte mich noch eine Weile an, schaute dann wieder auf die Flasche.
»Ich arbeit nich mit Ausländern.«
Nur seine Muskeln hielten mich davor zurück, ihm aufs Hirn zu hauen. Es langte mir. Ich stand auf, ging auf die Skatspieler zu, sparte mir das ›Guten Abend‹ und knurrte: »Hört mal zu, Freunde, kennt hier jemand Ahmed Hamul? Wenn ja, soll er die Hand heben und ›ich‹ brüllen!«
Sie glotzten mich an. Ich kam in Fahrt.
»Ja, mein Gott, ist das so schwer? Schwarzhaariger Türke mit Schnurrbart und Segelohren, hat vergangene Weihnachten das letzte Mal hier gearbeitet. Ganz kurz ›ja‹ oder ›nein‹. Ob ihr eure Ferien nicht am Schwarzen Meer verbringen wollt, oder ein Türke ’n Rattenschwanz in der Unterhose hat, interessiert mich nicht im geringsten! Alles klar?«
Einer, mit nach hinten gekämmten, öligen Haaren, legte langsam die Karten weg und erhob sich.
»Bubsche, isch waas net, wer du bist, gell, abber dein Ton gefällt mer net. Besser du machst disch ab, kabiert?«
Er unterstrich seine Rede, indem er mehrmals die zur Faust geballte rechte Hand auf die linke Handfläche klatschen ließ.
Mit schnellem Blick auf die Tür pumpte ich ein bißchen mehr Luft in die Brust und zischte: »Hör mal zu, Briefträger, ob dir mein Ton gefällt oder nicht, will hier niemand wissen, ich hab dir ja auch noch nicht erklärt, was ’n Stück Seife ist. Alles, was mich interessiert, ist, ob du schon mal den Namen Ahmed Hamul gehört hast.«
Ich versuchte, ihn gefährlich anzusehen. Die anderen beiden warteten gespannt, was passieren würde, belustigt über meine Grimasse. Auf einmal schien die Hütte verdammt eng und still. Nur entfernte Pfiffe von abfahrenden Zügen sickerten durch das Blech. Das Monster vor mir sah auf den Boden, kratzte sich kurz am Bart, ging drei Schritte vor und rammte mir mehrere Pfund in den Bauch. Kleine, weiße Pünktchen segelten durch die Dunkelheit, tanzten dann wild durcheinander, beschrieben Kreise und Linien. Kirchturmglocken schlugen einen unregelmäßigen Takt dazu. Irgend jemand hatte seinen Güterzug auf meinem Nabel geparkt. Wahrscheinlich war es der, dessen schallende Lache in meinem Schädel dröhnte. Aus der Ferne grölte es: »Seife, ha? Abber kozze wie e Sau!«
Vorsichtig öffnete ich die Augen, sah ein Stuhlbein und eine Pfütze dicht neben mir. Oben drauf ruderten halbverdaute Erbsen. Saures lag auf meiner Zunge. Immerhin, er konnte mir den Magen nicht vollständig rausgerissen haben. Ich versuchte mich zu bewegen. Nach mehreren Versuchen saß ich gegen die Wand gelehnt und erbrach mich von neuem. Dann wühlte ich, immer noch sitzend, nach meinen Zigaretten und steckte mir eine an. Langsam floß das Nikotin in die Adern. Ich genoß es.
Die vier Mammuts sahen mitleidig auf mich herunter.
»Net so Schprüsch, gell! Des möchte mer net!« Nach einer Pause: »Dei Ahmed hat hier geschafft, is aber schon länger här.«
Ich machte den Mund auf, brachte aber nur ein Röcheln zustande.
Nach zwei, drei Anläufen krächzte ich: »Kannte ihn jemand näher… oder weiß einer, wer ihn näher kannte?«
»Hier kannde den niemand. Aamal kam e Mädsche vorbei, todal ferdisch, un hat gekrische, wo dann de Ahmed war. Hunnert zu aans, des wa e Nutt, abber wisse tu ischs aach net. Is aach schoh länger här gewese.«
Ich zog mich am Stuhl hoch, schwankte und stolperte dann grußlos zur Tür hinaus. Kühle Luft wehte durch die Halle. Ich schleppte mich zu einer Bank und atmete tief durch. Es dauerte eine weitere Zigarette, bis ich einigermaßen hergestellt war. Zehn nach acht.
Ich beschloß, nach Hause zu fahren, unter die Dusche.
Unterwegs kaufte ich meinem Magen eine Flasche Whisky.
5
Es war ein Anfang nach Maß. Ich wischte mir die letzten Tropfen aus den Ohren und mixte mir einen Whisky- Soda.
Eine Dirne hatte irgendwann einmal nach Ahmed Hamul geschrien. Das wußte ich jetzt.
Ich überlegte, wieviel Prügel ich für eine anständige Auskunft beziehen müßte, und ob ich Bordellbesuche auf die Spesenrechnung setzen könne. Ein weiterer Whisky- Soda beruhigte langsam meinen zerfetzten Bauch. Wenn ich wirklich darauf angewiesen war, die Dirne zu finden, um ein paar Takte über Ahmed Hamul zu erfahren, lag eine endlose Suche vor mir. Auf das Haus Nummer vierundzwanzig in der Sumpfrainerstraße setzte ich keine Hoffnungen. Futt und seine Leute hatten dort schon genug
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