Happy birthday, Türke!
versteckt hinter einem Haufen Akten hervor.
»Tut mir leid, hab ein paar Mal geklopft.«
»Un was wolln Se?« polterte er.
»Ich will wissen, ob hier ein gewisser Ahmed Hamul zeitweise als Packer gearbeitet hat.«
»Schon möglich. Hier arbeiten viele.«
»Ich muß es aber genau wissen. Es wird doch irgendwo eine Akte geben, wo das drin steht.«
»Wozu wolln Se das denn so genau wissen?« Ich kramte meine Lizenz raus.
»Na und?«
»Der Junge ist tot, und ich soll rauskriegen, was er gemacht hat, als er noch laufen konnte.«
Schwabbel zog die Stirn hoch.
»Na ja, werd ich wohl mal nachsehen. Wann soll er denn hier gearbeitet haben?«
»So in den letzten zwei, drei Jahren.« Schwabbel furzte.
»Tschuldijung.«
Dann stand er auf und schlurfte zu einem Regal mit Aktenordnern.
»Die letzten zwei, drei Jahre, ha?«
»Ja, das müßte hinkommen.«
Mit zwei Ordnern unterm Arm ließ er sich wieder in den Sessel fallen.
»Arbeiten viele nur kurz hier… so… wie nennt er sich?«
»Ahmed Hamul, wie man’s spricht.«
»Hhm… Ihr Brüder habt doch alle dieselben Namen… naja… Hamul… Ha… Ham…«, er blätterte, »… Ha… Hamu… Hamul! Da isser! Hat öfters ’n paar Wochen hier gearbeitet, hammse recht.«
»Wann?«
»Och, sehn Se sich’s doch selber an«, muffelte er und schob den Ordner zu mir rüber.
Ahmed Hamul, 14. 4. 1981 bis 2. 7. 1981, war die erste Eintragung. Es folgten weitere, die immer kürzere Zeiträume umfaßten, bis zur letzten, 20. 12. 1982 bis 3. 1. 1983.
Ich klappte den speckigen Ordner zu und fragte: »Gibts hier vielleicht jemanden, der sich an ihn erinnern könnte?«
»Warum nich, fragen Se halt vorne nach. Wird schon jemand wissen.«
»Mach ich. Schönen Abend noch.«
»Von mir aus.«
Ich verließ Schwabbel und lief zurück zum Schalter. Wieder der Rücken. Ich klopfte gegen die Glasscheibe, und er drehte sich um.
»Na, Sie schon wieder. Chef gefunden?«
»Chef gefunden«, bestätigte ich. »Erinnern Sie sich zufällig an einen Packer mit dem Namen Ahmed Hamul? Hat öfter hier gearbeitet.«
»Ach wissen Se, da fragen Se mal besser die Jungs aufm Bahnsteig. Die hatten ja schließlich mit ihm zu tun.«
Ich ging wieder hinaus in die dröhnende Bahnhofshalle. Auf Gleis drei stand ein Postwaggon zum Entladen. Ich schlenderte hin und sah den Muskelmännern bei der Arbeit zu.
Einer machte Zigarettenpause. Ich ging auf die zwei Meter Fleisch zu und versuchte ein kumpelhaftes »Guten Abend«.
»Gleichfalls«, brummte er, drehte sich um, sprang auf den Wagen und fuhr fort, Säcke zu wuchten. Als er kurz an der Rampe auftauchte, brüllte ich durch den Lärm: »He, Meister, kennst du einen Kollegen namens Ahmed Hamul?« Er verschwand im Waggon, kam dann mit noch mehr Säcken zurück und donnerte: »Hat ’ne Zeit lang hier gearbeitet.«
»Gibts hier jemand, der mehr mit ihm zu tun hatte?«
Es dauerte eine Weile, bis er wieder zum Vorschein kam.
»Frag mal da vorne in dem Häuschen nach, die haben Pause.«
Er zeigte auf ein Wellblechdach und war weg, ehe ich ein ›Danke‹ schreien konnte.
Also ließ ich es.
Die Tür war ebenfalls aus Wellblech und quietschte unangenehm. Dunst von abgestandenem Bier und Zigarettenrauch schlug mir entgegen.
Drei Mann spielten auf einer umgedrehten Henninger- Kiste Skat. Einer saß in der Ecke und sah trübe in den Flaschenhals. Alle vier hatten speckige, ärmellose Unterhemden an, aus denen regelrechte Muskelkugeln heraushingen. Die Kartenspieler sahen kurz auf, als ich eintrat, drehten sich aber gleich wieder weg und reizten weiter.
»Wo war’n mer?«
»Sibbe?«
»Mhm!«
»Dreisisch?«
»Scheise verdammte! Läßt dei Aal disch net mer ran? Gehert ja vebodde, so e Glick!«
»Alles Köppsche, sach isch der!«
Er grapschte nach dem Skat und kniff die Augen zusammen. Der dritte kramte gelangweilt zwischen seinen Beinen.
»Un wie hast se?«
Der mit ›Köppsche‹ schmiß zwei Karten zurück auf den Tisch.
»Was dei Fraa vorm Bobbes hat!«
»Karo mit dreidreisisch? Schpritz aus!«
Sie begannen die Karten zu dreschen und ließen sich nicht stören. Ich setzte mich zu dem stummen Trinker. Er musterte immer noch reglos seine Bierflasche.
»’n schönen Abend.«
Er drehte seinen Kopf ein wenig, und ich schaute in triefende Augen. Zwischen den Haaren auf seinem linken Arm tanzte eine tätowierte Seejungfrau.
»Was ’n los?« hauchte er mit winziger Stimme.
Die kurzatmigen Postmenschen gingen mir auf die Nerven.
»Kannste
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