Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Happy birthday, Türke!

Happy birthday, Türke!

Titel: Happy birthday, Türke! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
Vom Netzwerk:
Stuhl.
    »Aber, aber, wilder Scheich, nicht so stürmisch, wir haben doch Zeit, nicht?«
    Der ›wilde Scheich‹ hatte es ihr angetan. Offensichtlich reichte ihr Grips nicht zu einem zweiten, ähnlich dämlichen Titel. Sie sah mich schief von der Seite an. Mit halb geschlossenen Lidern ließ sie ihren Zeigefinger langsam um den Nabel kreisen. Da man die Stoppeln von abrasierten schwarzen Bauchhaaren sah, hatte das ganze nichts Erotisches. Es langte mir ohnehin.
    »Hör mal zu, mein häßliches Entlein, ich bin nicht hier, um an deinen Ohrlappen zu knabbern oder lauwarme Sprüche zu machen. Ich suche jemand, der einen Mann namens Ahmed Hamul kennt. Ist reiner Zufall, daß ich zuerst in eure lila Waschküche getrottet bin, aber nun bin ich hier und frage: kennst du einen Ahmed Hamul?«
    Sie hatte Schwierigkeiten zu folgen. Nachdem sie alles geordnet hatte, kam das unausweichliche: »Bulle?« Endlich tropfte kein Sirup aus ihrem Mund.
    »Nein, kein Bulle.«
    Ich warf ihr meine Lizenz hin. Sie las alles langsam durch.
    »Happy birthday, Türke!« So blöd war sie doch nicht.
    »Kann man ja gratulieren. Bist nur ’n mieser Schnüffler, he?«
    »Jeder hat seinen Job, mußt du doch wissen.« Das war nicht nett. Es war mir egal.
    »Also, Ahmed Hamul, schon mal gehört?«
    Sie sah mich nicht so sauer an, wie ich erwartet hatte.
    »Nee, hab ich nicht.« Pause. »Aber wenn ich dir ’n Tip geben soll, hau hier mal besser ab, die Chefin mag’s nicht, wenn so Typen wie du den Betrieb aufhalten. Warst zwar nicht besonders freundlich, hab trotzdem nichts gegen dich. Deshalb sag ich dir das.«
    »Warum hat die Chefin was gegen zahlende Kunden?«
    »Du bist nur ’n Türke, steht sie nicht besonders drauf, und wenn du nur trinkst, lohnt sich’s nicht.«
    »Und wer soll mich rausschmeißen? Die Leoparden- Oma?«
    Sie sah zur Theke, lächelte und flüsterte mir ins Ohr: »Hinten sitzen ein paar von ihren Freunden, die sind nicht ohne.«
    Irgendwie fing ich an, sie zu mögen. Ihr Gesicht war plötzlich nicht mehr dümmlich, und die billige Nachahmung einer liebestollen Haremsdame hatte sie abgelegt.
    »Soll ich dir etwas sagen, Entlein, du hast in natura ’ne große Portion mehr verführerischen Charme als hinter der schmierigen Maske von Tausendundeinernacht.« Sie schenkte mir einen außergeschäftlichen Augenaufschlag, den ich bis in die Zehenspitzen spürte.
    »Das hoffe ich doch.«
    »Wie wärs denn, wenn wir noch ein Glas trinken?«
    Sie sah mich kurz an, nestelte an ihrer Nase und flüsterte: »Ein andermal, sie schaut die ganze Zeit rüber. Ich hab keine Lust, Ärger zu kriegen, geh jetzt.«
    »Okay, wo zahl ich den Whisky?«
    »Vorne bei ihr.«
    »Also gut, bis demnächst, Entlein.«
    »Bis demnächst, wilder Scheich«, murmelte sie.
    Ich kämpfte mich durch den Teppich zur Theke. Milly stand ans Holz gelehnt, eine goldene Zigarettenspitze zwischen den glänzenden, roten Lippen.
    »Was macht der Scotch?«
    Sie musterte mich grimmig und knurrte dann an der Zigarettenspitze vorbei »Achtzehn, der Herr.«
    Ich strich den zweiten Fünfzigmarkschein auf der Theke glatt. Während sie das Geld wechselte, brummte ich: »Letzten Freitag is hier in der Nähe ’n Typ unters Messer gekommen. Hieß Ahmed Hamul. Ich such jemand, der ihn kannte.«
    Sie sah mich schnell an.
    »Ich kenn keine Hamuls.«
    Sie schob mir das Wechselgeld hin.
    »Und ich mag nicht, wenn jemand in meinem Laden rumschnüffelt, schon gar nicht, wenn er ’n ausgebeulten Anzug trägt. Eigentlich sollte ich dich festhalten und die Polizei rufen, aber dann würden wahrscheinlich zehn Türkenbälger ihren Papa verlieren. Ich bin kein Unmensch, also verschwinde.«
    Wenn man sie in diesem lila Dampf erkennen konnte, war meine Kanone auffälliger verstaut als ich dachte.
    »Ich hab ’nen Waffenschein und ’ne Schnüffellizenz, kein Anlaß zu kräftigen Sprüchen. Versüßt sich eines der Mädchen ihren lila Alltag mit sauren Spritzen?« Erst sah es so aus, als wollte sie mir ihre langen, roten Fingernägel in die Backe hauen, aber dann drückte sie wie nebenbei auf einen kleinen weißen Knopf neben dem Bierhahn. Ich steckte schnell das Wechselgeld ein und drehte mich zur Tür mit der Aufschrift PRIVAT . Zwei, drei Sekunden verstrichen, bis sie sich langsam öffnete. Heraus glitten drei nadelgestreifte Kleiderschränke mit ähnlichen Beulen wie unter meiner Schulter. Ihre Blicke glitten durch den Raum. Dezent kamen sie an die Bar und umringten mich wie alte Freunde. Der

Weitere Kostenlose Bücher