Happy birthday, Türke!
steckte mir eine Zigarette an, zog eine Weile, bis die Glut anständig dick war und begann, kleine Löcher in den braunen Schein zu brennen. Als die erste Ecke fiel, schlug er mir auf die Hand.
»Is ja gut, Kumpel, gib mir die Kohle, langt so, ich erzähl’s dir ja.«
Ich schob den verrußten Schein zurück in die Tasche.
»Na, dann erzähl mal!«
»Erst die Kohle, is doch klar, oder?«
»Gar nix is klar. Wer sagt mir denn, ob dein Kopf nicht irgendeine Geschichte zusammenbaut. Fang mal an. Wenn’s sich einigermaßen anhört, kriegst du den Schein.«
»Bist ’n Arschloch. Hab ich gleich gesehn, daß du ’n Arschloch bist. Überall nur Arschlöcher; die ganze Scheißwelt voll mit Arschlöchern! Ich hab gedacht, du wärst ’n Kumpel, aber du bist ’n Arschloch!«
Irgendwo hatte er recht. Ich bekam Angst, er würde anfangen zu heulen. Am liebsten wäre ich aufgestanden und weggegangen. Fixern die Fixe zu bezahlen, ist kein Anlaß zu Luftsprüngen.
»Jammer nicht rum, hab mein Geld auch nicht auf der Straße gefunden.«
Er grummelte vor sich hin. Dann: »Okay, was soll’s. Viel weiß ich auch nicht, hab nur einiges gehört. Der tote Kanake hatte mit Stoff zu tun; glaub, er war schwer im Handel, kann ich aber nich beschwören. Er machte keinen Straßenverkauf, jedenfalls nich hier. Hab mal ’n Typen getroffen, der hat was mit Hamul gequatscht. Als er tot war, hat jemand weise Sprüche gekloppt, nie versuchen, ’n eigenes Geschäft zu drehen, ’s gäb immer welche, die ’ne Etage höher sitzen. So was Ähnliches jedenfalls. Na ja, viel mehr weiß ich nicht, möcht ich auch nicht wissen, is schlecht für die Gesundheit.«
Ich dachte an seine Gesundheit.
»’nen Namen hat der Typ nicht, der irgendwas mit Hamul gequatscht hat?«
»Hey, selbst wenn du mir das Doppelte…«
»Is gut«, unterbrach ich ihn, »über das Mädchen kannst du mir wahrscheinlich auch nichts sagen, was?«
»Nee, an der Fixe hängen viele. Wenn se anschaffen ging, mußte ’n paar Häuser weiter fragen, die werden aber kaum Lust zum Interview haben.«
Ich drückte ihm den zerlöcherten Schein in die Finger, rappelte mich hoch und ging die Straße runter. Es war eine Menge los im Viertel. Ich ortete eine lila schimmernde Bar. Irgendwo mußte ich anfangen. Millys Sex-Bar. Das A von der Bar flackerte unruhig. Vorhänge verdeckten die Sicht durchs Glas, auf dem ›Spaß bis 4 Uhr früh‹ zu lesen war.
Ich stieß die Tür auf und ging unter in Lila. Alles, Tapete, Tische, Stühle, Theke, Gläser, Teppich, Bilder, Kissen, Lampenschirme, selbst die Menschen leuchteten lila. Viele waren es nicht. Außerdem schien mehr als die Hälfte Personal zu sein. Abseits in dunklen Ecken saßen ein paar schwitzende Herren mit gelockertem Schlips bei leichtbekleideten Damen in Lila. Schwüles Gitarrengeklimper untermalte das Halbdunkel.
Ich watete durch weiche Teppiche zu einem Tisch und nahm Platz auf Schaumgummikissen in Seide. Hinter der Theke stand Milly, jedenfalls sah sie so aus. Vor vielen Jahren mußte sie eine Bombe gewesen sein. Heute konnte keine Farbe die tiefen Falten verbergen. Wasserstoffblond hingen die Haare neben dem schlabbernden Doppelkinn. Ein Stück Leopard betonte ihre Fettröllchen über der Hüfte, stützte den schlaffen Busen und vermittelte den Eindruck einer abgetakelten Dame, die sich bei der Größe ihres Pelzmantels verschätzt hat. Trotzdem, sie war der Boss und rief den Mädchen mit dröhnender Stimme Befehle zu.
Ich hockte im lila Plüsch und kam mir ziemlich behämmert vor. Dann ein Luftzug. Kurz danach strichen dunkle Dauerwellen über meine Stirn und billiger, süßer Dampf stieg in meine Nase. Eine halbnackte hessische Sünde setzte sich neben mich und ließ gekonnt angeklebte Wimpern klimpern.
»Na, mein wilder Scheich, darf ich dir Gesellschaft leisten?« hauchte sie mit Hingabe. Die Worte flossen wie Camembert über den Tisch.
»Mhm, was muß ich tun, um einen Scotch mit Eis zu kriegen?«
»Nichts, warte kurz, ich bin dein williger Schwan.«
Sie stand auf, ließ ihren schmalen Hintern leicht zittern und glitt mit kurzen, dicken Fingern, als wären es lange schmale über meine Schulter. Ich bezweifelte, daß hier schon jemand von Ahmed Hamul gehört hatte, und beschloß, nach dem Whisky das Haus zu wechseln. Eine feuchte Hand schob sich um meinen Hals und fummelte an ihm herum.
»Hier, mein wilder Scheich«, säuselte sie. Ich nahm die Hand von meiner Kehle und schubste den Schwan auf den
Weitere Kostenlose Bücher