Happy End am Mittelmeer
wunderbar.
Doch plötzlich sah Ayme den Mann wieder, er fuhr auf einem Fahrrad an ihnen vorbei. „David, sieh nur. Der weißhaarige Mann.“
David schrak hoch. „Das ist der Mann?“
„Ja. Hast du ihn gesehen?“
„Ja.“ Er starrte in sein Weinglas. „Ich habe ihn schon früher gesehen.“
„Wo? Wann?“
Merkwürdig, dass ihm das erst jetzt auffiel, nachdem Ayme ihn ihm gezeigt hatte, aber dieser Mann war ihm in seinem Leben immer mal wieder über den Weg gelaufen. Stellte er eine Gefahr dar? Gab es eine andere Möglichkeit?
„Wir müssen hier weg“, rief er und stand schon auf.
„Das Auto?“
„Nein. Wir können es nicht nehmen. Wir müssen es anders machen. Komm.“
Sie verließen das Café, eilten die Straße hinunter, als ein Lieferwagen neben ihnen stoppte, zwei Männer heraussprangen und ein absolutes Chaos ausbrach.
Es ging alles so schnell. Die Männer packten David. Er wehrte sich, aber als Ayme Blut sah, wusste sie, dass er einen Stoß oder Schlag abbekommen haben musste. Im ersten Impuls wollte sie schreien, so laut sie konnte. Aber hätte das etwas genützt? Noch ein weiterer Mann kam aus dem Wagen, und sie war sich sicher, dass er als Nächstes zu ihr kommen würde.
David war verletzt. Dagegen konnte sie nichts unternehmen, aber vielleicht konnte sie Cici retten. Sie drehte sich um und rannte, wie sie nie zuvor gerannt war, zwischen den Häusern, über Bahngleise, über einen Hof, über einen Zaun auf ein Feld und wieder zwischen Häusern.
Sie konnte nicht atmen. Sie fühlte sich, als läge ein Stein auf ihrer Brust. Und rannte immer weiter und hielt Cici fest im Arm. Wenn sie nur einen Ort finden könnte, an dem sie sich verstecken konnte, ein Loch in einer Mauer, eine Holzkiste, irgendwas.
Aber das Glück hatte sie verlassen. Plötzlich war sie von ihren Verfolgern umzingelt.
„Endstation, Lady“, sagte einer der Männer, kurz bevor er ihr ein chloroformiertes Tuch auf das Gesicht drückte und irgendetwas sie oberhalb der Schläfe traf. Sie wurde ohnmächtig.
Als sie erwachte, lag sie in einem Krankenhausbett. Sie hörte Stimmengewirr im Hintergrund, konnte aber kein Wort verstehen. Benommen schlief sie wieder ein, und als sie wieder aufwachte, war sie ein wenig klarer. Ein Mann saß neben ihrem Bett. Sie drehte den Kopf, um ihn anzusehen. Es war der weißhaarige Mann.
Ihr stockte der Atem, und sie suchte nach einer Fluchtmöglichkeit, aber er beugte sich mit einem freundlichen Lächeln über das Bett und schüttelte den Kopf.
„Ich gehöre nicht zu den Bösen, Ayme“, erklärte er. „Ob Sie es glauben oder nicht. Ich habe euch vor diesen Gangstern der Granvillis gerettet, die euch offenbar mit Gewalt nach Ambria verschleppen wollten.“
Fassungslos sah sie ihn an. Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen. Er sah aus wie ein normales Krankenhauszimmer, nicht wie ein Verlies oder geheimes Versteck. Sie entspannte sich.
„David ist in einem Zimmer am Ende des Flurs. Es geht ihm recht gut, obwohl er schwerer verletzt ist als Sie. Sie haben eine Beule am Kopf und werden wohl eine Zeit lang Kopfschmerzen haben, aber laut Auskunft des Arztes sind Sie auf dem Weg der Besserung.“
„Cici?“, fragte Ayme und fasste sich an die Beule, von der er gesprochen hatte.
„Ihr fehlt nichts. Sie liegt in einem Bettchen auf der Kinderstation.“
Ayme musterte ihn. Er wirkte nett. Konnte sie ihm trauen?
„Wer sind Sie?“
Er lächelte erneut. „Mein Name spielt keine Rolle. Ich bin Mitglied der Liga zur Befreiung Ambrias. Wir wollen der königlichen Familie ihren rechtmäßigen Platz auf dem Thron unseres Landes zurückgeben.“
„Warum sind Sie dann David überallhin gefolgt?“
Er beugte sich näher zu ihr und sprach, als wäre es streng vertraulich. „Die Wahrheit ist, ich folge David schon seit Jahren und versuche, dafür Sorge zu tragen, dass ihm keine Gefahr droht, bis er bereit ist.“
„Bereit?“ Sie war wieder verwirrt. „Bereit wofür?“
Er lächelte. „Wie ich sehe, hat David Ihnen noch einiges zu erklären. Aber das ist seine Sache.“ Er erhob sich. „Und da Sie jetzt wach sind, gehe ich zu David zurück, wenn Sie einverstanden sind. Lassen Sie es mich über die Krankenschwester wissen, wenn Sie etwas brauchen, meine Liebe.“ Er nickte mit dem Kopf in ihre Richtung und verließ den Raum.
Sie starrte ihm hinterher. Als die Gangsterbande aus dem Lieferwagen stürmte und sie überfiel, war ihr gleich der Gedanke gekommen, dass jetzt das passierte,
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