Happy End auf Sizilianisch
erahnen, dass sie einen sehr schweren Stand haben würde. Denn das Misstrauen der Fremden gegenüber schien die Neugier auf den Neuankömmling bei Weitem zu überwiegen.
“Wo ist Doktor Fortuno?”, erkundigte sich jemand.
“Er ist zu seiner Schwester nach Neapel gezogen”, erklärte Angie nervös.
“Und wann kommt er zurück?”
“Gar nicht. Ab sofort werde ich Sie ärztlich versorgen.”
Die Reaktion der Bewohner von Montedoro war niederschmetternd. Sie steckten die Köpfe zusammen und tuschelten aufgeregt, und keiner kam Angies Aufforderung nach, sich von ihr die Praxis zeigen zu lassen.
Traurig ging sie ins Haus zurück, als plötzlich ein Schatten an der Tür auftauchte. Doch ihre Hoffnung, dass ihre zukünftigen Patienten es sich anders überlegt hatten, zerschlug sich im selben Moment, in dem sie den Besucher erkannte.
“Was zum Teufel tust du hier?”, fragte Bernardo teils wütend, teils empört.
Als Angie seinen Gesichtsausdruck bemerkte, zuckte sie unwillkürlich zusammen. Wenn man ihn so sah, fiel es schwer zu glauben, dass dieser Mann sie angeblich liebte. Doch ebenso schnell fing sie sich wieder. Dass es nicht leicht werden würde, hatte sie schließlich von Anfang an gewusst.
“Ich richte meine neue Praxis ein”, erwiderte sie selbstbewusst. “Es dürfte sich bis zu dir herumgesprochen haben, dass Doktor Fortuno in den Ruhestand gegangen ist.”
“Das hat es in der Tat”, reagierte Bernardo ungehalten. “Mich interessiert eher, warum ausgerechnet du seine Nachfolge antrittst.”
“Spricht etwas dagegen?”
“Mehr als du glaubst.” Seine Miene verfinsterte sich zunehmend. “Deshalb ist es das Beste, wenn du umgehend wieder verschwindest.”
“Die Entscheidung, was ich tue und lasse, solltest du getrost mir überlassen.”
“Warum begreifst du nicht endlich, dass du dem Leben hier oben nicht gewachsen bist?”, hielt er ihr wutentbrannt entgegen.
“Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du mich sträflich unterschätzt”, entgegnete Angie bestimmt.
“Und ich habe dir schon einmal gesagt, dass die Uhren bei uns anders gehen als bei euch in England. Die Leute werden eine Frau als Ärztin nie und nimmer akzeptieren. Bis es so weit ist, vergehen noch einige Jahrzehnte. Also schlag dir das Ganze endlich aus dem Kopf. Und für den Fall, dass du dich uneinsichtig zeigst, werde ich eigenhändig dafür sorgen, dass du Montedoro auf der Stelle wieder verlässt. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?”
“Absolut.” Bernardos Selbstherrlichkeit brachte Angie zunehmend in Rage, und sie musste all ihre Kraft aufbringen, um gefasst zu bleiben – oder jedenfalls so zu wirken. “Ich frage mich nur, wie du es anstellen willst, mich aus meinem eigenen Haus zu vertreiben.”
Bernardo schien eingesehen zu haben, dass Angie so nicht beizukommen war, denn er strich sich nervös durchs Haar. “Darfst du in Italien überhaupt praktizieren?”, fragte er schließlich. “Vielleicht gilt deine Zulassung als Ärztin hier überhaupt nicht.”
“Keine Sorge”, entgegnete sie lächelnd. “Es war zwar viel Rennerei, aber inzwischen habe ich alle Unterlagen beisammen.”
“So schnell?”, erkundigte sich Bernardo überrascht. “Wenn ich mich nicht irre, muss zunächst alles übersetzt und beglaubigt werden. Normalerweise dauert das Jahre.”
“Normalerweise schon”, erwiderte Angie triumphierend. “Dass es bei mir in wenigen Monaten geklappt hat, ist einzig und allein Baptista zu verdanken. Sie kennt den einen oder anderen einflussreichen Menschen in den entsprechenden Behörden und hat ein gutes Wort für mich eingelegt. Und Doktor Fortuno war ihr regelrecht dankbar, als sie ihm gesagt hat, dass sie einen Käufer für seine Praxis gefunden hat.”
“Ich hätte mir denken können, dass Baptista dahintersteckt”, sagte Bernardo bitter.
“Sie traut mir eben mehr zu als du, und ich verspreche dir, dass ich sie nicht enttäuschen werde. Ich bin nämlich nicht nur eine gute Ärztin, sondern auch genau am richtigen Ort.”
“Du kannst dich doch nicht einmal richtig verständigen”, wandte Bernardo ein.
“Mein Italienisch ist besser, als du glaubst”, entgegnete Angie. “Außerdem sprechen die meisten Menschen in Montedoro ziemlich gut Englisch, wie sie Sommer für Sommer beweisen, wenn die Touristen in das Dorf einfallen.”
“Und was ist mit den Bauern aus dem Umland? Die sprechen ausschließlich Sizilianisch.”
“Weil ich das wusste, habe ich einen Intensivkurs
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