Happy End auf Sizilianisch
leid, Lorenzo”, sagte Bernardo bitter, “aber ich fürchte, du musst dich nach einer anderen Tanzpartnerin umsehen.”
Sein Bruder nahm es lächelnd hin und wandte sich umgehend an eine Frau am Nebentisch. Bernardo stand auf und führte Angie zur Tanzfläche. Als sie sich gegenüberstanden und im Takt der Musik wiegten, spürte sie, dass er am ganzen Körper zitterte, und in seinen Augen konnte sie lesen, was er ihr zu sagen nie gewagt hätte. Sollte sie je Zweifel daran gehabt haben, dass er sie noch immer liebte, so waren sie ein für alle Male ausgeräumt.
Doch ebenso deutlich war ihm anzumerken, wie sehr ihn seine Liebe zu ihr bedrückte. “Es war ein Fehler, dass du gekommen bist”, sagte er gequält. “Deine Nähe macht mich schwach und hilflos. Und das kann und will ich nicht zulassen. Auch wenn ich mich nach dir gesehnt habe.”
“Warum sträubst du dich so gegen dein Glück – unser Glück?”
“Weil das, was du für unser Glück hältst, unser Unglück wäre”, erwiderte er bitter. “Du bist jung und unbeschwert. In Montedoro würdest du dich eingesperrt fühlen wie ein Vogel im Käfig. Und bei der erstbesten Gelegenheit würdest du wieder davonfliegen.”
“Wie wenig du mich doch kennst, Bernardo”, entgegnete Angie. “Wie könnte ich mich eingesperrt fühlen, solange
du
bei mir bist?”
“Mach es mir bitte nicht so schwer, Angie. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche.”
Wie wenig er von seinen eigenen Worten überzeugt war, bewies die Tatsache, dass seine Hände das genaue Gegenteil sagten, denn er zog Angie fest an sich, als wollte er sie nie wieder gehen lassen. Seinem Gesicht war die innere Zerrissenheit, in der er sich befand, deutlich anzusehen.
Instinktiv wusste Angie, dass es lediglich eines winzigen Anstoßes bedurfte, um eine endgültige Entscheidung herbeizuführen – in diese oder jene Richtung. Kurz entschlossen löste sie sich von ihm, nahm seine Hand und führte Bernardo wortlos hinaus auf die Terrasse.
“Angie …”
“Küss mich lieber”, schnitt sie ihm das Wort ab und legte ihm die Arme um den Nacken.
Noch war sein Widerstand nicht gebrochen, und um das Überraschungsmoment nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, küsste sie ihn mit einer Leidenschaft, die ihn unweigerlich an ihre glücklichsten Stunden erinnern musste.
Mit großer Genugtuung stellte sie fest, dass ihre Vorgehensweise von Erfolg gekrönt war. Bernardo beugte sich hinunter, strich ihr das Haar zurück und bedeckte ihre bloße Schulter mit Küssen.
“Was machst du nur mit mir?”, fragte er atemlos.
“Hast du dich denn nicht genauso danach gesehnt wie ich?”, stellte sie die Gegenfrage.
“Wenn du wüsstest, wie sehr ich dich vermisst habe. Nacht für Nacht habe ich wach gelegen und mir nichts sehnlicher gewünscht, als dich bei mir zu haben, dich berühren und spüren zu dürfen, dich zu lieben – und wenn es nur ein einziges Mal wäre.”
“Worauf wartest du dann noch?” Angie war viel zu erregt, um länger Hemmungen zu haben. “Mein Zimmer ist gleich nebenan.”
Bernardos Reaktion war niederschmetternder als ein Faustschlag. “Es
darf
nicht sein!”, sagte er verzweifelt. “Es wäre so leicht, sich gehen zu lassen. Doch die Wirklichkeit würde uns schneller einholen, als du glaubst. Man muss für alles die Konsequenzen tragen – auch für das, was man aus Liebe tut.”
“Begreif doch endlich, dass wir zusammengehören”, erwiderte Angie fassungslos. “Was immer für Schwierigkeiten sich uns in den Weg stellen – gemeinsam werden wir sie meistern. Warum bist du nur so mutlos?”
“Weil wir uns gegenseitig zerstören würden. Du lebst dein Leben und ich meines. Warum willst du das nicht endlich einsehen?”
“Weil ich dich liebe!” Angie ließ ihrer Verzweiflung freien Lauf. “Und weil ich glaube, dass man alles schaffen kann, was man schaffen will, wenn man sich liebt. Vielleicht ist das naiv, aber immer noch besser, als es aus Feigheit gar nicht erst zu versuchen!”
Bernardo hob den Arm, um sie zu beruhigen, doch instinktiv wich Angie seiner Berührung aus und trat einen Schritt zurück, weil ihr schlagartig bewusst wurde, dass alles, was sie unternahm, gegen Bernardos Starrsinn nichts ausrichten konnte.
“Wenn dir unsere Liebe so wenig bedeutet, dann lohnt es sich wohl wirklich nicht, darum zu kämpfen”, sagte sie unter Tränen. “Im Gegensatz zu dir halte ich es nicht für einen Fehler, dass ich gekommen bin. Ich bin sogar froh darüber. Wenigstens
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