Happy End im Mondpalast
Mädchen so sorgfältig festgesteckt hatte, über ihr linkes Auge. Die Blüte steckte sie hastig wieder zurück, drückte das Kinn auf die Brust und ging weiter. Sie konnte nicht wissen, dass sie dabei mit lebhaftem Interesse beobachtet wurde – von einem Mann, der sich hinter einem goldenen Wandschirm verborgen hielt.
Beth saß seit einer Stunde an einem einsamen Tisch in einer dunklen Ecke und wollte sich endlich mit jemandem unterhalten. Es gefiel ihr nicht, so behandelt zu werden, als könnte man sie irgendwo abstellen und vergessen – unter ständiger Aufsicht ihrer Begleiterin, die schon streng guckte, wenn Beth nur die Beine übereinanderschlug.
Wollte Beth ihre angespannten Nerven beruhigen, dann müsste sie herumgehen und mit jemandem reden. Warum hatte man sie eingeladen, wenn es den Gastgebern nicht einfiel, sie wenigstens zu begrüßen und zu fragen, wie es ihr ginge? Sie selbst hätte es zu Hause in Liverpool anders gemacht. Sie hätte dafür gesorgt, dass sich jeder gleich willkommen fühlte.
Als wieder ein Bedienter achtlos an ihr vorüberging, hatte Beth genug. Sie war halb verdurstet, und wenn sie nicht bald etwas zu trinken bekäme … Nein. Keine Sekunde länger würde sie hier sitzen bleiben und sich ignorieren lassen. Sie war auch eine Botschafterin. Sie kam im Namen der ‚Khalifa‘-Kaufhäuser und dachte nicht daran, sich in dunklen Ecken herumzudrücken und in Selbstmitleid zu üben.
Beth hätte ihren Vorsatz mühelos ausgeführt, wenn sie mehr Übung darin gehabt hätte, Schuhe mit zwölf Zentimeter hohen Absätzen zu tragen. So stolperte sie, direkt neben der Tanzfläche, unmittelbar vor einer überraschend großen und hübschen Prinzessin. Jedenfalls nahm sie an, dass es sich bei der jungen Frau um eine Prinzessin handelte, sonst hätten die Umstehenden ihr weniger Aufmerksamkeit gewidmet, und Beth wäre nicht so von ihren Diamanten geblendet worden.
„Verzeihung …“
Sie wollte sich aufrichten, landete aber auf allen vieren, weil sie mit ihren Stilettoabsätzen auf dem glatten Marmorboden ausrutschte. Die Prinzessin und ihr Gefolge machten einen weiten Bogen um sie, als wäre sie ein lästiges Insekt, und verschwanden. Erst eine andere Ballbesucherin, die alles beobachtet hatte, half ihr wieder auf die Beine.
„Vielen Dank“, sagte Beth, während sie ihr Kleid glatt strich.
„Ist wirklich alles in Ordnung? Ich würde Sie gern an unseren Tisch bitten. Mein Name ist Jamilah …“ Die Retterin in der Not zeigte auf eine Gruppe junger Leute. „Wir haben Sie beobachtet. Es war schrecklich, wie Sie von allen Seiten angestarrt wurden, als Sie hereinkamen.“
„Machen Sie sich keine Sorgen um mich.“ Beth ließ sich nicht anmerken, wie locker ihr die Tränen saßen. „Es geht mir gut.“ Es musste ihr gut gehen, obwohl ihr Kleid eingerissen war, und die Orchideenblüte zerdrückt am Boden lag. „Und nochmals vielen Dank, dass Sie herübergekommen sind, um mir zu helfen.“ Bei den letzten Worten hatte Beth ihr übliches Verkäuferinnenlächeln wiedergefunden.
„Wenn Sie Ihre Meinung später ändern …“
„… werde ich Ihre Einladung gern annehmen.“ Beth hatte sich inzwischen gefasst, und ein rascher Rundblick überzeugte sie, dass sie nicht mehr beobachtet wurde. Sie hätte genauso gut unsichtbar sein können. Niemand wollte etwas mit einer wie ihr zu tun haben – abgesehen von ihrer neuen Freundin. Sie tauschten ein letztes Lächeln, dann kehrte Jamilah zu ihren Freunden zurück.
Beth strich sich das Haar aus dem Gesicht und überlegte, was sie jetzt tun sollte. Am Ende entschied sie sich dafür, einfach zu beobachten. Dabei konnte sie bestimmt am meisten lernen.
Dieser übertriebene Reichtum wirkte beklemmend auf sie.
Mit den Diamanten, die von Khals Gästen getragen wurden, hätte man ein ganzes Schiff versenken können, aber wenn man von dem ganzen Gefunkel und Geglitzer absah, waren es wahrscheinlich ganz normale Menschen mit ganz normalen Sorgen. Jedenfalls glaubte Beth das. Dann fiel ihr auf, wie die Menschen hinter vorgehaltener Hand tuschelten und sich nach vorn drängten, um Khals Ankunft besser beobachten zu können. Einige Frauen befeuchteten ihre Unterlippe mit der Zungenspitze und strichen ihre Kleider glatt, um ihren Ausschnitt für Seine Majestät attraktiver zu machen – eine Vorstellung, die Beth merkwürdig verärgerte, als müsste sie Khal beschützen.
Warum trieb er diesen ganzen Aufwand? Was bedeutete er ihm, oder was sollte er bewirken?
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