Happy End in Virgin River
sah zu, wie die Schüler aus dem Gebäude strömten und zu den Wagen und Bussen auf dem Parkplatz gingen. Paul hatte erwähnt, dass Tom nach der Schule auf Jacks Baustelle aushalf, und Mike fragte sich, ob er ihn dort antreffen würde.
Auch Jack würde auf der Baustelle sein. Wenn er genauer darüber nachdachte, wäre es eine Gelegenheit, gleich zwei delikate Situationen in Angriff zu nehmen. Brie hatte die Nacht in seinem Bett und in seinen Armen verbracht, und das war nun wirklich wesentlich intimer als ein Trip an die Küste oder ein Tanz bei einem Fest. Falls Jack ein Problem damit hatte, würde er das gerne mit ihm klären, ohne dass Brie dabei wäre. Er wusste, dass sie ihrem Bruder am Vormittag begegnet war, und sie hatte ihm auch erzählt, dass ihr Wiedersehen ohne besondere Vorkommnisse verlaufen sei; mit ihr hatte Jack offensichtlich kein Hühnchen zu rupfen. Dies bedeutete allerdings noch längst nicht, dass dasselbe auch für das Verhältnis zwischen zwei Männern galt, die Brie liebten – einem beschützerischen Bruder und einem Liebhaber.
Als Mike zur Baustelle kam, konnte er zwar Toms kleinen roten Truck nicht entdecken, aber überall auf dem Gelände herrschte reges Treiben, und im Gebäude selbst tönte ein mächtiger Lärm. Jack hatte seinen Truck direkt vor dem Haus geparkt.
Drinnen arbeiteten viele Männer, und Mike fand Jack in der Küche, wo er auf Knien damit beschäftigt war, Fußleisten um neu eingebaute Schränke herum anzubringen. Einen Augenblick sah Mike ihm bei der Arbeit zu, dann sprach er ihn an: „Sieht wirklich alles sehr gut aus hier, Jack.“
Jack setzte sich auf die Fersen zurück und blickte zu Mike hoch, zog ein Tuch aus der Gesäßtasche und wischte sich den Schweiß und das Sägemehl aus dem Gesicht. Dann stand er auf. Jack hatte viele Gesichter. Da war der gute Freund, der Kamerad, der Killer mit dem stahlharten Blick und das Gesicht, das er sich für seine Rolle als Kommandant und Anführer vorzubehalten schien. Der Blick, mit dem er Mike bedachte, war dem eines Vaters, der den Beau seiner Tochter musterte, nicht unähnlich – nicht gerade tödlich und nicht gerade gutmütig, sondern irgendwo dazwischen. Absichtlich unergründbar ließ er keine Gefühle erkennen. „Danke“, sagte er nur, wobei er sich auf das Kompliment bezog.
„Ich dachte, falls du mir etwas zu sagen hast, sollte ich dir eine Chance dazu geben, während Brie anderweitig beschäftigt ist.“
„Ja“, sagte Jack. „Ja, ich habe dir etwas zu sagen. Wir haben bereits darüber gesprochen, aber lass es mich dir nur noch dieses eine Mal sagen, damit du weißt, wo ich stehe. Sie bedeutet mir ungeheuer viel, und ich habe gesehen, wie verletzt sie war. Lieber Himmel, mehr als verletzt. Du weißt, wovon ich spreche.“
Mike nickte. „Ja, das weiß ich.“
„Ich habe mich tatsächlich dagegen gewehrt, gegen das, was zwischen dir und meiner Schwester läuft. Es hat mir wirklich Angst gemacht, ist mir unter die Haut gegangen …“
„Ich weiß“, wiederholte sich Mike. „Ich verst…“
„Weil ich ein Idiot bin“, fiel Jack ihm ins Wort. Frustriert schüttelte er den Kopf. „Herr im Himmel, Valenzuela … wie oft hast du mir den Rücken gedeckt? In Sekundenschnelle würdest du mir bei jedem Kampf zur Seite springen, dich selbst gefährden, um mich oder jeden anderen aus unserem Trupp zu schützen. Ich weiß nicht, wie ich dazu kam, mich so dagegen zu sträuben. Aber wenn eine Frau in deiner Familie derart verletzt wurde, dann würdest du sie am liebsten nur noch in eine gepolsterte Kiste packen und ein Schloss anbringen, damit niemand wieder an sie herankommen und sie noch einmal verletzen kann. Auch, wenn es das Letzte ist, was du tun solltest.“ Wieder schüttelte er den Kopf, und jetzt war seine Miene zu deuten. Er war offen. „Ich entschuldige mich, Mann. Du warst mir schon lange ein Bruder, bevor du überhaupt einen Blick auf Brie werfen konntest. Ich weiß, dass sie bei dir sicher ist.“
Mike musste einfach kichern. „Mann“, sagte er. „Mel muss dich ja geradezu niedergezwungen und dir eins übergebraten haben.“
Daraufhin wurde Jacks Miene leicht sauer. „Ich würde gerne mal wissen, warum es, verdammt noch mal, immer Mel zu verdanken sein soll, wenn ich anfange, vernünftig zu werden. Wie kommst du eigentlich darauf, dass ich nicht einfach selbst darüber nachgedacht habe und …“
„Lass gut sein“, unterbrach ihn Mike und streckte seine Hand aus. „Ich weiß es zu
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