Happy End in Virgin River
kam in die Stadt, um mich mal einen Nachmittag lang aus dem Haus zu locken, und glaube mir, das hat etwas verändert. Weißt du, es gibt einiges, das uns verbindet. Wir sind beide Opfer von Gewaltverbrechen.“
„Und niemand hat mir etwas davon gesagt?“, fragte er deutlich erschüttert. Er fühlte sich hintergangen.
„Mike hat vieles von dem verstanden, was mit mir geschah. Dinge, die jemand anders nur schwer nachvollziehen kann.“
„Warum hat mir denn niemand etwas davon erzählt? Er ist mein Freund. Du bist meine Schwester.“
Achselzuckend sagte sie: „Vielleicht, weil niemand Lust auf einen deiner Ausbrüche hatte.“
„Dad wusste davon?“, fragte er ungläubig.
„Jack!“, warnte Mel ihn erneut. „Misch dich da nicht ein!“
„Natürlich wusste Dad Bescheid“, fuhr Brie fort. „Ich hätte das Haus niemals verlassen, ohne ihm genau zu sagen, wohin ich gehe. Und weiß Gott, ich selbst nehme das Telefon nie ab!“
„Brie, hör mir zu, ich würde dem Mann mein Leben anvertrauen, aber nicht unbedingt meine Schwester. “ Jack war es vollkommen ernst damit, und in seiner Stimme schwang Verzweiflung.
„Deine Schwester würdest du nicht mal dem Papst anvertrauen“, erwiderte Brie. „Was stellst du dir denn vor, hm? Wenn Mike nicht gewesen wäre, würde ich noch immer auf der Couch herumliegen, mir Seifenopern anschauen und immer noch Angst haben, am helllichten Tag aus dem Haus zu gehen!“
„Ich habe dir doch gesagt, wenn du etwas brauchst, irgendetwas …“
„Dass mein großer Bruder dann nach Sacramento düst, um mich zu retten“, schoss Brie zurück. „Wie kommst du eigentlich darauf, dass ich überhaupt wusste, was ich brauche? Ich bin ziemlich dankbar dafür, dass Mike sich darüber Gedanken gemacht hat!“
Mel verzog sich mit ihrer Kaffeetasse auf die Veranda und blieb dort stehen, nicht unbedingt glücklich darüber, die Auseinandersetzung im Haus auch von dort aus verfolgen zu können. Noch fünf Minuten, und das Baby würde wach. Und keine halbe Stunde, und sie würde Jack eigenhändig umbringen.
„Den Kniff hat er raus“, tobte Jack. „Er scheint genau zu wissen, was eine Frau erwartet.“
„ Erwartet ? Du Idiot, ich erwarte gar nichts! Ich versuche lediglich, weiterzuleben!“
„Schön, wirklich toll, aber hättest du nicht wenigstens einmal mit mir darüber reden können, wie du das anstellen willst …“
„Ich weiß, du warst zweimal mit ihm zusammen im Krieg und ihr habt oft miteinander gejagt, aber was könntest du denn deiner Meinung nach von Mike wissen, was ich nicht in ein paar Monaten selbst herausfinden kann?“ Und dann ein wenig zu laut: „Und, Teufel noch mal, inwiefern unterscheidet sich denn sein Verhalten Frauen gegenüber von dem, was du selbst zwanzig Jahre lang praktiziert hast?“
Mel trank einen Schluck Kaffee und bemühte sich verzweifelt daran zu denken, dass Geschwister nun mal stritten. Seit dem Mord an ihrem ersten Mann hatte Mel mit ihrer Schwester Joey keinen dieser Kämpfe, die bis aufs Blut gingen, mehr ausgetragen, aber auch bei ihnen bedeutete es nicht das Ende aller Zwietracht, nur weil sie inzwischen erwachsen waren und sich weiterentwickelt hatten.
„Ich war niemals verheiratet! “, schoss Jack zurück.
„Das lag wohl kaum an deiner eigenen Weisheit!“, konterte Brie mit erhobener Stimme.
Mikes Geländewagen fuhr auf die Lichtung, und Mel winkte ihm lächelnd zu. Dann ging sie ins Haus. „Brie, dein Fahrer ist da“, sagte sie ruhiger, als sie sich fühlte.
Brie warf ihrem Bruder einen wütenden Blick zu und nahm ihre Handtasche vom Tresen.
„Trägst du jetzt etwa diese neue Waffe in der Handtasche mit dir herum?“, fragte Jack bissig.
„Nein. Die liegt oben in meinem Koffer. Hätte ich sie zur Hand gehabt, wäre es gut möglich, dass du jetzt aus einem Loch in deinem dummen Kopf bluten würdest.“ Und damit wirbelte sie herum und stürmte zur Tür hinaus.
Anschließend hatte Mel in der Küche bloß eine Sekunde lang Zeit, Jack mit Blicken zu töten, bis er sich umdrehte und ihr den Rücken zuwandte. Gerade erst hatte seine kleine Schwester ihn fertiggemacht, er war nicht in der Stimmung für eine weitere Runde mit seiner Frau.
Das Baby machte sich bemerkbar.
„Arschloch“, warf Mel ihm noch an den Kopf, bevor sie loszog, um sich um David zu kümmern.
Als Brie zu Mike in den Geländewagen stieg, wirkte sie deutlich aufgebracht. „Auweia“, sagte Mike. „Willst du darüber reden?“
„Nein!“, fauchte
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