Happy End in Virgin River
Jäger, Angler und ein Reiter, der seine Pferde liebte.
Weiter hinten sah Paul einen jungen Mann, der mit einem Fuß auf dem Zaun an der Koppel stand und den Pferden zuschaute. Das musste Tommy sein. Paul war gespannt darauf, den Jungen aus der Nähe zu sehen, denn vor zwei Jahren hatte er zu seiner Freude Gelegenheit gehabt, dessen Sinn für Humor kennenzulernen. Er war ein intelligenter, attraktiver, lustiger Teenager, der aber auch über die achtsamen Umgangsformen verfügte, die darauf schließen ließen, dass er in einem strengen Haushalt und von der Hand eines Armeegenerals erzogen worden war.
Vanessa kam über den Flur auf ihn zu, und freudig überrascht strahlte sie ihn an. „Oh, mein Gott!“, rief sie und lachte. „Was führt dich denn so schnell wieder hierher?“
„Also das erzähle ich dir sofort. Aber erst mal, wie geht es dir? Du siehst prächtig aus!“
„Allmählich werde ich richtig fett.“ Sie lachte.
„Du bist perfekt. Ich glaube, du bist schöner als je zuvor. Habt ihr schon viele Fotos für Matt gemacht?“
„Jede Woche bitte ich Dad, ein neues Bild von meinem Bauch zu machen. In Zeitraffer-Fotografie.“
„Toll.“
„Wie wär’s mit einem Bier, Paul?“, fragte Walt.
„Sicher, warum nicht? Ist das Tommy da draußen?“
„Ja. Aber heute hat er einen schlechten Tag. Lassen Sie mich das Bier holen. Nehmen Sie doch Platz.“
„Komm mit“, forderte Vanessa ihn auf, griff nach seiner Hand und zog ihn durch das große Zimmer hinter sich her. Sie führte ihn zu einem dick gepolsterten Sessel mit Fußbank, der vor den Fenstern mit dem Blick auf die Pferdekoppel stand.
Bevor Paul es sich aber noch in dem Sessel gegenüber von Vanessa bequem machen konnte, erschien auch schon der General mit dem Bier in zwei hohen Gläsern und sagte zu seiner Tochter: „Vanni, für dich habe ich jetzt gar nichts, Liebes. Ich habe nicht einmal daran gedacht.“
„Kein Problem, Dad. Ich werde mir gleich ein Wasser holen. Aber Junge, sieht das Bier gut aus! Ich muss zugeben, ich kann es kaum noch abwarten.“
Der General war mindestens ein Meter fünfundachtzig groß, besaß breite Schultern und silbergraues Haar über schwarzen Brauen und einem kantigen Gesicht. Er war etwa sechzig Jahre alt und hatte eine großartige Karriere bei der Army hinter sich, die insgesamt fünfunddreißig Jahre umfasste. Vor ein paar Jahren war seine Frau gestorben, und als das geschah, hatte er begonnen, sich auf seinen Ruhestand vorzubereiten. Ohne diese fantastische Partnerin – eine Frau, die oft gepriesen wurde, der Paul aber niemals selbst begegnet war – hatte der General das Interesse an weiteren militärischen Herausforderungen verloren.
„Was ist denn mit Tommy los?“, fragte Paul und trank einen Schluck Bier.
„Ach, Teenager“, antwortete Walt. „Ständig hängt er mit diesem Kerl herum, den ich einfach nicht mag. Wir haben gerade ein wenig Ärger miteinander, denn er war bei einer verbotenen Bierparty im Wald, und ich habe herausgefunden, dass er auch schon mal Bier nach der Schule trinkt. Hinzu kommt, dass mir aufgefallen ist, dass er in zwei Fächern nachgelassen hat. Meiner Meinung nach hat das alles mit diesem Kerl zu tun.“
„Und das ist noch nicht alles. Dad gefällt sein Gesicht nicht.“
„Hmm?“, fragte Paul.
Der General schüttelte den Kopf. „Dieser Junge, er hat diesen unsteten Blick, dieses manipulative kleine Grinsen. Ich meine, wir waren ja alle mal siebzehn, stimmt’s? Auch wir haben Bier getrunken, sind viel zu schnell Auto gefahren, haben versucht, uns an die Mädchen ranzumachen. Hm? Aber dieser Typ ist anders. Ich halte ihn für ein kleines Arschloch, und ich will nicht, dass er mein Kind verarscht. Entschuldige die Ausdrucksweise, Vanni.“
Sie lachte. „Also es ist überhaupt das erste Mal, dass ich einen provozierenden Ausdruck höre.“
„Ich weiß es einfach“, behauptete der General.
Paul dachte, dass er sehr wohl recht haben könnte, denn schließlich hatte der General reichlich Gelegenheit gehabt, die Gesichter junger Soldaten zu studieren, und in all den Jahren dürfte er gelernt haben, sie recht gut zu interpretieren. Mit einem leichten Nicken fragte er den General: „Also? Sie haben ihm Hausarrest erteilt oder so etwas?“
„Ja, er hat Hausarrest, aber ich habe ihm auch gesagt, dass er sich bessere Freunde suchen soll, denn wenn er mich noch einmal anlügt, ist Schluss. Dann werde ich ihn auf eine andere Schule schicken, eine Privatschule. Ich
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