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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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gemacht», antwortete ich und berichtete rasch von unserer Begegnung.
    «Was machte die Hexe hier, wenn sie nicht gewusst hatte, dass wir im Hotel waren?», fragte Mama und trocknete sich dabei die Tränen mit dem Ärmel.
    «Ihr schwinden sicher die magischen Kräfte», kombinierte Max. «Sie kann sich jeweils nur ein paar hundert Kilometer weit in Richtung Transsilvanien zaubern.»
    «Dann müssten wir nur wissen, wo sie sich jetzt hingezaubert hat», meinte Mama, «und ihr da auflauern.»
    «Leider hat Baba Schlumpf mir nicht gesagt, wo sie hinspringen wollte», erklärte ich zerknirscht.
    «Wenn wir ihr Zimmer finden, entdecken wir vielleicht einen Hinweis», schlug Max vor und rannte mit der Schnauze auf dem Boden durch den Hotelgang. Dabei rief er: «Ihr Geruch wird immer intensiver!»
    Während ich ihm mit den anderen, so schnell es ging, hinterherrannte, war ich froh, kein Werwolf zu sein. Die Hexe stank ja schon für eine normale Nase schlimmer als eine Jungenumkleidekabine.
    Plötzlich jubelte Max: «Hier, dieses Zimmer ist es!»
    Wir rannten hinein, und ich stellte enttäuscht fest: «Keine Klamotten, rein gar nichts.»
    «Hexen reisen anscheinend leicht», ergänzte Mama.
    «Da liegt ein Prospekt», sagte Jacqueline und zeigte auf einen Flyer, der auf dem Bett lag. Mama schnappte sich ihn: «Der ist von ‹Madame Tussauds›. In Wien? Gibt es da auch ein Wachsfigurenkabinett?»
    «So wie bei uns in Berlin», erklärte Max, «das ist mittlerweile ein Franchiseunternehmen.»
    «Was für ein Scheißunternehmen?», fragte Jacqueline.
    «Franchise, das ist …»
    «… jetzt so was von egal», unterbrach ich und fragte: «Warum sollte die Hexe ausgerechnet da hinwollen? Macht die in ihren letzten Stunden einen auf Pauschaltourist?»
    «Wenn man der jüdischen Kabbala glauben darf», war Max wieder in Kombinationsmodus, «gibt es auf dieser Welt Orte, an denen die Magie besonders stark wirkt und magische Kraftlinien sich zu Knotenpunkten kreuzen …»
    «Und das sind dann auch Verkehrsknotenpunkte für Wesen, die magisch reisen?», unterbrach Mama.
    «Klingt total behämmert», fand Jacqueline, und ich war da ausnahmsweise mal ihrer Meinung.
    «Die Kabbalisten, die einst den Golem erschaffen hatten, glaubten an diese Knotenpunkte», bekräftigte Max.
    «Der Golem ist eine erfundene Figur aus der Sagenwelt», widersprach Mama.
    «Das haben wir von Dracula und Baba Yaga auch gedacht.»
    «Touché», nickte Mama.
    «Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett ist also so ein magischer Knotenpunkt?», fragte ich zweifelnd.
    «Wie wohl auch dieses Hotel», antwortete Max.
    «Aber wir können nicht magisch reisen», gab Mama zu bedenken. «Wir haben nur den VW -Bus. Bis wir in Wien sind, brauchen wir ein paar Stunden. Bis dahin ist Baba Yaga schon wieder über alle Karpaten-Berge.»
    «Das glaub ich nicht», erwiderte ich hoffnungsvoll. «Die Alte war total fertig, die hatte wirklich ihre letzte Kraft zusammengerafft, um sich wegzuzaubern. Vielleicht ist sie so alle, dass sie sich in Wien ausruhen muss und wir sie einholen können.»
    Mama überlegte kurz, dann sagte sie entschlossen: «Wir fahren sofort los! Und dort bringen wir die Hexe dazu, uns zurückzuverwandeln und uns wieder nach Berlin zu zaubern.»
    Oder ganz woandershin, schoss es mir durch den Kopf. Und plötzlich war mir alles glasklar: Wenn wir die Hexe erwischen sollten, dann würde ich sie nicht nur dazu zwingen, mich zurückzuverwandeln. Dann würde ich sie auch dazu bringen, mich weit weg zu zaubern, an einen Ort, an dem ich mein Glück finden konnte.

[zur Inhaltsübersicht]
EMMA
    Wir fuhren die Nacht durch auf der Autobahn nach Wien, ich saß neben Cheyenne auf dem Beifahrersitz, und jedes Mal, wenn sie auch nur ansatzweise den Fuß vom Vollgas nahm, zwang ich sie, ihn wieder durchzudrücken. Hinten im VW -Bus schnarchte Frank auf dem Boden, Jacqueline spielte mit ihrem iPhone und würdigte Max keines Blickes. Fee hingegen wirkte aufgekratzt, wie ausgewechselt. War es das Adrenalin, das ihr beim Sturz durch die Adern geschossen war, oder verlieh die Aussicht, dass sie mit etwas Glück bald keine Mumie mehr sein würde, ihr solchen Auftrieb? Fragen mochte ich sie nicht, ich spürte, dass sie mir unseren Streit noch nicht richtig verziehen hatte, und ich schämte mich, dass ich sie so hart angegangen war.
    Ich sah von Fee wieder zu Cheyenne: Die hatte nie Kinder gehabt, mit denen sie sich hatte herumstreiten müssen. Dafür hatte sie aber auch nie das

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