Happy Family
weiterhin, meine Familie bei Laune zu halten, und war die Einzige, die noch halbwegs verständlich
Life is Life
schmetterte, während die Kinder nur noch schwer genervt nuschelten und zwischen Franks rhythmischen «Uftas» immer größere Pausen entstanden.
Mitten im Lied erblickte ich auf einmal eine Oase mit schattigen Palmen, einem Teich und vielen Früchten und Blumen. Zuerst wollte ich gar nicht glauben, was ich da sah. Es war wie ein Wunder. Die Rettung war plötzlich nahe. Hätte ich noch ein Herz gehabt, es wäre vor Freude gehüpft.
«Wir müssen nicht mehr singen», rief ich den anderen zu, die die Oase noch nicht erspäht hatten.
«Uff», seufzten die Kinder erleichtert.
«Ta», ergänzte Frank, der offensichtlich kein «Uff» einfach so nackt verhallen lassen konnte.
Ich deutete stumm lächelnd auf die Oase. Max und Frank jubelten laut bei ihrem Anblick und rannten sofort los. Max vergaß dabei seine empfindlichen Pfoten, und Frank war der tiefe Sand egal, sie wollten beide einfach nur so schnell wie möglich zum heißersehnten Wasser. Und ich wollte in den heißersehnten Schatten. Doch just, als ich losrannte, packte mich Fee, hielt mich zurück und stammelte irritiert: «Da … da ist doch gar nichts?»
«Doch! Eine Oase!», lachte ich.
«Nein, da ist nur Sand», erwiderte Fee und meinte dies ganz ernst. Sie sah wirklich keine Oase. Warum konnte sie die nicht erblicken, hatte sie als alte Mumie eine Alterssehschwäche? Das war mir in diesem Augenblick allerdings egal, ich hatte keine Lust, mir darüber Gedanken zu machen, ob sie jetzt Kontaktlinsen brauchte und ob man die in einer ägyptischen Apotheke ohne Rezept bekäme, ich musste nur endlich raus aus der höllischen Sonne. So riss ich mich von Fee los und rannte meinerseits auf die Oase zu. Schneller. Immer schneller. Doch da stoppten urplötzlich Frank und Max vor mir ihren Lauf. Ich schloss zu ihnen auf, wollte gerade «Was ist los?» fragen, da erkannte ich es auch schon selbst: Die Oase begann zu flirren, und als ich ihr noch ein paar Schritte näher trat, verschwand sie vollends. Sie war eine verdammte Fata Morgana gewesen!
Ich sah in die enttäuschten Gesichter der beiden anderen, und hätte ich einen Spiegel dabeigehabt und hätte ich mich als Vampir überhaupt darin betrachten können, hätte ich gewiss ein mindestens ebenso deprimiertes Gesicht gesehen.
Doch dann besann ich mich darauf, dass ich eine neue, eine starke, eine Hoffnung spendende Mutter und Ehefrau sein wollte. Ich setzte mein strahlendstes Lächeln auf, machte mich wieder auf den Treck durch die Wüste und sang noch lauter
Life is Life
: «When we all give the power, we all give the best …»
Die anderen folgten mir weit weniger enthusiastisch; kein Wunder, es gibt bessere Dinge für die Moral als eine enttäuschte Hoffnung wie diese.
Anfangs fielen wir noch auf weitere Fata Morganas herein: auf die einer Karawane, auf die eines Robinson-Clubs und auf die einer Eisdiele. Nach einer Weile gewöhnten wir uns daran, dass die Luftspiegelungen uns Streiche spielten, und ignorierten Swimmingpools, Wellnessoasen und Eisbär-Rudel. Die anderen sangen nicht mehr mit, und ich selbst war schon so am Ende, dass mir nur noch Songs wie
This is the end, my friend
einfielen.
«Ich dehydriere», jammerte Max, dessen Fell ganz verschwitzt war und dem mittlerweile die Kraft fehlte zu springen, obwohl seine Pfoten schon ziemlich verbrannt waren.
«Wir gehen hierbei drauf», stellte Fee mit gebrochener Stimme fest, sie hatte zwar von uns allen noch am meisten Kraft, aber selbst eine Mumie konnte das hier auf Dauer nicht überleben. Meine eigene Haut fühlte sich an wie Pergamentpapier, meine Augen brannten trotz Sonnenbrille, und ich konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Dennoch versuchte ich einen auf Barack Obama und Bob, der Baumeister zu machen und rief: «Wir schaffen das!»
«Gibt es irgendeine Grundlage für diese These», fragte Max mit traurigen Hundeaugen. Bei diesem Anblick wurde mir klar, dass bloße Durchhalteparolen nicht mehr reichen würden. Verzweifelt sah ich mich um, wir waren den Pyramiden kaum näher gekommen, und sie taten uns auch nicht den Gefallen, sich in unsere Richtung zu bewegen. Dafür entdeckte ich etwas, das meine fast schon erloschenen Lebensgeister wiederbelebte. Diesmal war es keine Fata Morgana am Horizont, sondern etwas ganz Konkretes, wenige Meter vor uns im Boden.
«Schaut!», rief ich aus.
«Fußspuren!», jubelte Fee.
«Wir
Weitere Kostenlose Bücher