Happy Family
Nicht-Vampire ohne Seele.
Oh, wie ich die Menschen verachtete.
Eine Welt ohne sie musste wunderbar sein!
Geradezu ein Paradies!
«Ihr Lazarus-Bad ist vorbereitet», erklärte Renfield devot.
Dieses tägliche Bad war zwar überlebenswichtig für mich, aber ich winkte nur ab. Ich würde es gleich nehmen. Stattdessen sah ich auf den Bildschirm und starrte auf Emmas Familie. Ich hatte unterschätzt, wie stark die Blutsbande waren, hatte erwartet, dass Emma aufgrund meines nicht unbeträchtlichen Charmes sofort mit fliegenden Fahnen zu mir kommen würde. Aber sie hatte es nicht getan. Dies bedeutete: Wollte ich Emma erobern, musste ich handeln.
«Renfield», sagte ich zu meinem Diener, «wir müssen die Familie von Emma Wünschmann liquidieren.»
«Soll ich unsere Leute von der CIA schicken?», fragte er.
«Nein, mir ist an einer kompetenten Lösung gelegen.»
«Die tschetschenischen Milizen?»
«Nein, die sind nicht grausam genug.»
«Doch nicht die Leibgarde?», fragte er erschrocken. Selbst Menschen ohne Seele hatten immense Furcht vor meiner Vampir-Garde.
«Nein, auch diese nicht», erklärte ich. «Rede mit unserem Freund, dem Pharao Imhotep. Sage ihm, dass in seinem Heimatland Wesen angekommen sind. Und dass eines davon die Gestalt der Mumie seiner verstorbenen großen Liebe Anck-Su Namun angenommen hat, um auf diese Weise über deren Tod zu spotten.»
Renfield begann, am ganzen Körper zu erschaudern. Er wusste, zu welch schrecklicher Rache Imhotep in der Lage war.
«Er soll nur», gab ich meinen letzten Befehl, «das Vampirweib verschonen. Alle anderen möge er gerne in seinem bewährten Stile zu Tode quälen.»
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EMMA
Heiß, heiß, heiß! Und was sich so darauf reimt. Ich hatte zwar die Welt sehen wollen, aber nicht zwingend die ägyptische Wüste bei gefühlten 273 Grad Celsius. Meine Haut brannte, und ich verstand mit einem Mal, warum Vampire ein Faible für Särge mit Heimaterde besaßen. Ich hätte jetzt auch sehr gerne in so einem gelegen, in Dunkelheit und kühler Feuchte.
Max sprang neben mir her, allerdings nicht vor Freude. Er hüpfte auf dem heißen Wüstensand herum wie eine Katze auf dem heißen Blechdach. Frank hatte es besonders schwer voranzukommen, da er mit seinem Gewicht bei jedem Schritt tief in dem Sand versank. Laut fluchte er vor sich hin: «Scheipf Schmand!»
Die Einzige, die halbwegs klarkam, war Fee – als ägyptische Mumie war sie für diese Temperaturen besser ausgestattet als wir, besaß also fast eine Art Heimspiel. Dennoch war selbstverständlich auch ihre Stimmung weit davon entfernt, sensationell zu sein, und ich überlegte mir, wie ich meine Wünschmanns – trotz der eigenen Qual – aufmuntern konnte. Dabei fiel mir ein, was mein Klassenlehrer in der achten Klasse getan hatte, wenn auf dem Wandertag die dickeren Kinder nach sieben Kilometern kurz vor dem Kollaps waren: Er hatte laut mit ihnen gesungen. Doch was sollte ich jetzt, in dieser Situation, mit meiner Familie für ein Lied anstimmen? Wohl kaum
Vamos a la Playa
oder
It never rains in California
oder gar
Deine Spuren im Sand
. Letzteres hätte bei Frank dann sicher nach
Schweine Spuren im Schmand
geklungen.
Plötzlich fiel mir in der Affenhitze tatsächlich ein Lied ein, und so verkündete ich, obwohl die Idee wahrlich etwas durchgeknallt war: «Wir singen!»
«Was?», fragte Max.
«Ufta?», fragte Frank.
«Dein Hirn ist wohl endgültig geschmolzen», fand Fee.
«Wir singen das alte Ärzte-Lied
Gehn wie ein Ägypter
», erklärte ich.
Das war so albern, da mussten die Kinder dann doch lachen, und Frank, der zwar nicht begriff, worüber sie genau lachten, freute sich, dass die Kinder besserer Laune waren, und ließ sich davon anstecken. So gingen wir eine Weile besser gelaunt durch die Wüste in Richtung der Pyramiden, und die Kinder sangen mit mir: «Ich war in Gizeh, dort wo die drei spitzen Pyramiden stehen. Ich sah die Sphinx und glaubt mir, ich fand sie wunderschön. Aber eins fand ich ziemlich schwer: gehn wie ein Ägypter …»
Frank machte dazu den rhythmischen Ufta-Beat. Das verlieh uns neuen Schwung, und wir sangen weitere Lieder, wobei Frank besonderen Gefallen an
Anton aus Tirol
fand. Was wiederum Fee zu der Bemerkung veranlasste: «Papa ist höchstwahrscheinlich das einzige nicht alkoholisierte Wesen auf der Welt, das diesen Song liebt.»
Doch nach vier Liedern verloren wir in der Gluthitze verständlicherweise wieder den Schwung. Ich versuchte
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