Happy Family
nachgejagt waren.
«Zauber nur werden durch Glück aufgehoben.»
«Glück im Sinne von Zufall?», fragte ich.
«Nein. Glück im Sinne von Glück», kam es zurück. «Nur vollkommenes, inneres Glück kann Zauber aufheben. Nur wenn du so einen Moment des Glücks tief empfinden, du werden wieder Mensch.»
«Ich verstehe immer noch nicht ganz … wieso?», erwiderte ich.
«Ich dich hab nur verzaubern können, weil du verwundbar warst. Verwundbar, weil du hattest einen Moment des Unglücks …»
«… und nur ein Augenblick des Glücks kann das wieder heilen», begriff ich nun die Logik des Zaubers. Doch von so einem Empfinden war ich weit entfernt. Und in diesem Verlies sogar noch weiter entfernt als je zuvor.
«Aber», wandte ich ein, «ich hatte doch in der Zwischenzeit Augenblicke des vollkommenen Glücks erlebt, da hätte ich mich doch schon längst wieder zurückverwandeln müssen.» Dass ich dabei an das Essen mit Dracula dachte, an seine Massagen und natürlich auch an den phänomenalen Sex, behielt ich lieber für mich.
«Typisch, ihr Menschen», spottete Baba, «verwechselt Ekstase mit Glück.»
Da war ich schuldig im Sinne der Anklage.
«Und nicht nur du müssen vollkommenes Glück verspüren», erklärte Baba weiter, «auch deine Familie. Ihr zur gleichen Zeit durch gleichen Zauber verzaubert. Sie waren auch unglücklich. Ihr alle nur wieder normal werden …»
«… wenn wir auch im gleichen Moment Glück empfinden», vollendete ich. Traurig. Denn meine Familie war nicht hier bei mir. Und selbst, wenn sie es gewesen wäre, wir Wünschmanns würden gewiss keinen solchen Moment gemeinsam erleben können.
Aber was würde ich tun können, um Draculas Pläne zu vereiteln? Selbstmord begehen mit Ilja Rogoffs Knoblauch-Dragées? Mein Leben opfern für die Menschheit, damit Dracula keine Armee aufbauen konnte? Dazu hatte ich nicht den Mut. Sosehr ich es auch versuchte, ich fand nicht den inneren Jesus, der bereit war, für alle anderen zu sterben. Doch immerhin fand ich bei meiner Suche den inneren Spartakus, von dem ich nicht geahnt hatte, dass es so einen mutigen Kämpfer in mir gab.
«Dann gibt es nur noch eine Möglichkeit», verkündete ich in bester Spartakus-Manier, «ich muss gegen Dracula kämpfen.»
«Du willst gegen ihn kämpfen?», fragte Baba erschrocken. «Dann du sein noch stupider als stupider als stupide …»
«Ich weiß», seufzte ich. «Ich weiß. Aber ich muss es versuchen.»
«Du es nicht werden alleine schaffen», sagte sie, «du brauchen Verbündete.»
«Hast du welche parat?»
«Ja …»
«Und wen?», fragte ich neugierig, wer mir helfen konnte in meinem unmöglichen Kampf.
«Deine Familie.»
Da erwischte mich die Hexe voll auf dem falschen Fuß.
«Ich sie zaubern her!»
«Aber dann bringst du sie mit in Gefahr …», protestierte ich.
«Solange Dracula lebt, ihr alle seid in Gefahr», widersprach sie, hob ihr Amulett und begann wieder zu brabbeln: «Brajanci transportci …»
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EMMA
Mit einem lauten Knall und jeder Menge Schwefel tauchten sie alle im Verlies auf: Frank, Fee, Max … und sogar auch Cheyenne und Jacqueline. Während die anderen in den Schwefelschwaden noch husteten, blickte ich Baba fragend an, und sie antwortete: «Familie sein nicht nur eigen Fleisch und Blut.»
Da sprach sie etwas Wahres aus: Cheyenne und Jacqueline waren einen großen Weg auf unserer Reise mitgegangen und gehörten daher tatsächlich irgendwie zu unserer kaputten Familie. Schlecht für die beiden, denn dadurch befanden auch sie sich nun in allergrößter Gefahr.
Während sich der Rauch langsam verzog, versuchte ich, Frank nicht ins Gesicht zu sehen, mein Magen verkrampfte sich vor Fremdgeh-Schuldgefühlen. Auch er sah von mir weg, genau so, wie Max von Jacqueline wegsah und die von ihm. Auch zwischen den beiden schien irgendetwas vorgefallen zu sein. Aber herauszufinden, was das wohl sein mochte, lag auf meiner Prioritätenliste ungefähr auf Rang 4238.
Cheyenne fragte dafür gleich nach Platz 1 der Liste: «Ähem, es ist zwar wunderbar, euch alle wiederzusehen, auch wenn mich dieses Verlies ein bisschen an die Höhle erinnert, in der ich mit Che Guevara in Bolivien Liebe gemacht habe … aber warum sind wir hier?»
«Und wo genau ist hier?», ergänzte Fee. «Und wieso hast du einen Bademantel an und läufst in Unterwäsche rum?»
Auf die letztere Frage mochte ich nicht antworten.
«Und wer ist das Kind in Ketten?», fragte Max.
«Das sein
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