Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
rückblickend als warmen Ort mit vielen glücklichen Erinnerungen empfinden. Es gab schöne Momente, aber meine Kindheit war in vielen Aspekten ein reiner Horrorfilm.
Ich weiß, dass unter dem Nebel noch Vieles verborgen ist, vor dem mich meine Psyche schützen will. Oder vielleicht sind es auch meine Schutzengel. Ich stelle mir immer vor, dass ich mehrere Engel habe, einen ganz großen mit riesigen Flügeln und viele kleine, pausbäckige barocke Engelchen, die kichernd um den großen herumwuseln wie ein Schwarm aufgeregter Vögel.
Wir Menschen neigen leider dazu, das Negative zuerst wahrzunehmen. Das wurde mir sehr früh klar. Viel zu oft kritisieren wir, statt zu loben. Deshalb meide ich alles Negative. Zumindest, wenn ich es nicht in etwas Positives verwandeln kann. Alle negativen Erinnerungen verbanne ich. Wenn man sich an schlimme Dinge erinnert, gibt man ihnen wieder Energie. Das ist so, als würde man Zombies ausgraben, die eigentlich lange tot sind, aber die plötzlich wieder herumlaufen. Ich habe das gemerkt, als ich in vielen Interviews nach meiner Kindheit gefragt wurde. Mit einem Mal war alles wieder da, mit allen schlimmen Gefühlen, und ich musste das Ganze noch einmal durchleben. Ich bin also sehr dankbar, dass ich mich an manches nicht erinnern muss, denn ich glaube an das Hier und Jetzt. Es gibt nur diesen Moment, und daraus wird die Zukunft. Nur in diesemMoment kann ich meine Träume verwirklichen, nicht gestern oder vor zwanzig Jahren. Ich glaube an die Liebe, und ich glaube an mich und das, was ich kann. Da, wo Liebe ist, ist immer Licht, niemals Dunkelheit.
Ich möchte meine Energie jetzt in gute Dinge fließen lassen. Doch dies ist die Geschichte meines Lebens, und in meinem Leben habe ich es geschafft, Negatives in Positives zu verwandeln. Um zu verstehen, wie ich das geschafft habe und wie ich der Harald Glööckler wurde, der ich jetzt bin – Harald Glööckler, der Modeprinz mit dem »Doppel-ö« –, ist die Vergangenheit dann doch wichtig. Um zu verstehen, warum ich so einen starken Willen habe, die Welt in einen schöneren Ort zu verwandeln. Warum ich niemals aufgebe. Warum ich ein guter Mensch sein möchte und, vor allem, alle Frauen zu Prinzessinnen machen will. Und ich hoffe, es macht Mut, zu sehen, was man trotz widriger Umstände und Stolpersteinen erreichen kann, wenn man an seine Träume glaubt. Also werde ich jetzt versuchen, mich zu erinnern. Ausnahmsweise.
Es ist der Traum jeder Frau, der Traum eines Mannes zu sein.
Barbra Streisand
Männer kann man analysieren, Frauen nur bewundern.
Oscar Wilde
IM NAMEN DER ROSE
I m Garten meiner Großmutter hinter dem alten Fachwerkhaus in Illingen gab es ein riesiges Rosenbeet. Es lag ganz hinten, hinter den knorrigen alten Apfelbäumen mit den winzigen feuerroten Äpfelchen, die aussahen wie Clownsnasen auf Ästen. Ich mochte die Bäume, doch die Rosen waren mir am liebsten. In Großmutters Garten wuchsen alle möglichen Sorten. Langstielige und kürzere, knallrote und sattgelbe, pastellfarbene und sogar welche in Orange. Ich steckte meine Nase gern in die Kelche und atmete ganz tief den schweren süßen Duft ein. Eine Rose war so perfekt, viel perfekter als die Welt. Ich fasste ganz vorsichtig die Blütenblätter an, die übereinanderlagen wie die seidigen Lagen eines Ballkleides. So, wie ich mir die Ballkleider der Prinzessinnen im Märchen vorstellte. Aschenputtels rauschendes Kleid, in dem sie als unnahbare Schönheit den Prinzen betört. Auch Rosen waren unnahbar, denn wenn jemand die Rose einfach abbrechen wollte, bekam er die Dornen zu spüren. Ich mochte das. Eine Rose war nur eine Blume und konnte nicht einmal weglaufen, aber sie hatte trotzdem Macht. Weil sie so schön war und weil sie sich wehren konnte.
Großmutter wohnte allein in dem großen Haus, seit Großvater gestorben war, und ich kam einmal, hin und wieder auch zweimal die Woche zu Besuch. Bei ihr schneite man nicht einfach so herein, man musste sich anmelden, sie hielt Audienz. Sie war sehr liebevoll, aber legte Wert auf Umgangsformen. Darum war sie für mich auch »Großmama« und nie »Oma«. Man musste vorher anrufen und fragen, ob es ihr passte.
Meistens passte es nach der Schule, zum Mittagessen um ein Uhr. Dann kochte sie etwas, Braten oder Eintopf, oder es gab ihre wunderbaren geraspelten Karotten. Die Karotten hatte sie selbst im Garten gezogen, und sie schmeckten unvergleichlich, nur mit etwas Zucker und Zitrone.
Großmutter hatte sich dann auch
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