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Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Titel: Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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meinen Hosentaschen befanden sich drei 500- und achtzehn 100-Yen-Stücke sowie sieben Fünfziger und sechzehn Zehner. Das ergab in der Summe 3810 Yen. Die Berechnung machte nicht die geringste Mühe. Bei solchen Beträgen ist das einfacher, als die Finger einer Hand abzuzählen. Zufrieden lehnte ich mich an die Wand aus Edelstahl und starrte auf die Tür. Sie öffnete sich immer noch nicht.
    Warum der Aufzug dermaßen lange geschlossen blieb, war mir ein Rätsel. Nach kurzem Überlegen kam ich allerdings zu dem Schluss, dass sowohl die These des mechanischen Defektes als auch die These, der zuständige Angestellte habe aus Unachtsamkeit vergessen, dass ich existierte, getrost verworfen werden konnten. Sie waren nicht realistisch. Damit will ich natürlich keineswegs sagen, dass maschinelle Defekte oder unachtsame Angestellte realiter nicht vorkommen können. Ich bin ganz im Gegenteil der Auffassung, dass es in Wirklichkeit solche Störfälle häufig gibt. Was ich sagen will, ist, dass in einer spezifischen Wirklichkeit – und damit meine ich selbstredend diesen idiotischen Gleitaufzug – Aspezifika als paradoxe Spezifika verworfen werden müssen. Würden Leute, die zu nachlässig sind, eine Mechanik instand zu halten, würden Leute, die einen Besucher in den Aufzug stecken und dann vergessen, diesen zu bedienen, einen solch kunstvoll exzentrischen Aufzug bauen?
    Die Antwort lautete natürlich: No, Sir.
    Das konnte nicht sein.
    Bisher war man – waren sie – erschreckend vorsichtig, bedachtsam und präzise vorgegangen. Sie hatten, gleichsam, als ob sie beim Laufen jeden Schritt mit dem Lineal vermäßen, noch auf das kleinste Detail geachtet.
    Im Eingangsbereich des Gebäudes hatten mich zwei Wachmänner angehalten, gefragt, wen ich besuchen wolle, das mit der Liste derer verglichen, die Besucher erwarteten, hatten meinen Führerschein gecheckt, im Zentralcomputer meine Personalien überprüft, mich mit einem Metalldetektor abgetastet und zu guter Letzt in diesen Aufzug geschoben. So rigide kontrollierte nicht einmal die Nationalbank ihre Besucher. Dass sie nach alldem nun plötzlich ihre Wachsamkeit verloren haben sollten, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
    Damit blieb als letzte Möglichkeit nur, dass sie mich absichtlich in dieser Lage hielten. Vermutlich wollten sie nicht, dass ich die Bewegung des Aufzuges durchschaute, und betrieben ihn deshalb mit so geringer Geschwindigkeit, dass die Fahrtrichtung unklar bleiben musste. Vielleicht war sogar eine Kamera installiert. In der Wachloge am Eingang hatten sie ein ganzes Spalier von Monitoren gehabt, und es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn einer davon die Kabine des Aufzuges wiedergäbe.
    Ich spielte mit dem Gedanken, das Auge der Kamera zu suchen, um die Zeit totzuschlagen, aber genau besehen brächte mir das, selbst wenn ich etwas in der Art entdeckte, rein gar nichts. Man würde nur misstrauisch werden und den Aufzug womöglich noch verlangsamen. Das wollte ich nicht auf mich nehmen. Es würde mich nur unnötig verspäten.
    Am Ende harrte ich gelassen der Dinge, ohne etwas Besonderes zu tun. Schließlich war ich nur hierher gekommen, um meinen mir auferlegten, völlig legitimen Dienstpflichten nachzukommen. Ich hatte nichts zu befürchten, es gab keinen Grund zur Nervosität.
    Ich lehnte mich an die Wand, steckte die Hände in die Hosentaschen und begann noch einmal, das Kleingeld zu berechnen. 3750 Yen. Absolut mühelos. Im Handumdrehen war ich fertig.
    3750 Yen?
    Die Rechnung war falsch.
    Irgendwo hatte ich einen Fehler gemacht.
    Ich fühlte, wie ich an den Handflächen zu schwitzen begann. Gepatzt hatte ich bei der Berechnung des Taschen-Geldes in den drei Jahren noch nie. Nicht ein einziges Mal. Das war zweifellos ein schlechtes Omen. Bevor es offen als Unglück zutage trat, musste ich das verlorene Terrain restlos zurückerobern.
    Ich schloss die Augen und leerte, so wie man Brillengläser putzt, meine Hirnhälften. Dann zog ich die Hände aus den Hosentaschen und spreizte sie, um den Schweiß zu trocknen. Diese vorbereitenden Prozeduren erledigte ich schnell und professionell, wie Henry Fonda in Warlock, bevor er zum Duell schreitet. Es tut hier eigentlich nichts zur Sache, aber ich liebe diesen Film.
    Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass beide Hände völlig trocken waren, steckte ich sie wieder in die Hosentaschen und machte mich das dritte Mal an die Berechnung. Wenn die dritte Summe mit einer der beiden vorigen

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