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Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Titel: Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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verdienst doch gut, zieh woanders hin, wo die Türen solider sind.«
    Ich ließ die Tür auf sich beruhen, holte mir eine neue Dose Bier aus dem Kühlschrank und trank. Der Knirps goss Cola in sein Glas, wartete, bis der Schaum sich gesetzt hatte, und trank es zur Hälfte aus.
    »Wir wollen dich nicht lange raten lassen, ich sage es deshalb gleich: Wir sind hier, um dir zu helfen.«
    »Indem ihr meine Tür demoliert?«
    »Sagte ich nicht, dass ich an die Tür nicht erinnert werden will?«, sagte der Knirps ganz ruhig. Dann richtete er dieselbe Frage noch einmal an den Riesen. Der nickte zustimmend. Der Kleine schien ziemlich cholerisch zu sein. Mit Cholerikern habe ich nicht gerne zu tun.
    »Wir sind aus reinem Wohlwollen hier«, sagte der Knirps. »Du bist durcheinander, und deshalb sind wir gekommen, dir ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Oder sagen wir, wenn dir das Wort durcheinander nicht gefällt: Du weißt nicht weiter. Stimmt’s?«
    »Stimmt. Ich bin durcheinander, und ich weiß nicht weiter«, sagte ich. »Ich habe keinerlei Informationen, nicht die geringste Ahnung und außerdem keine Tür.«
    Der Knirps packte sein goldenes Feuerzeug und schmiss es, ohne sich zu erheben, gegen den Kühlschrank. Es gab ein verhängnisvoll dumpfes Geräusch, und mein Kühlschrank hatte eine deutliche Delle. Der Riese hob das Feuerzeug auf und gab es seinem Besitzer zurück. Alles war wie vorher, bis auf die Delle in der Kühlschranktür. Zur Beruhigung trank der Knirps seine Cola aus. Bei Cholerikern gerate ich immer in Versuchung zu testen, wie weit ihre Geduld reicht.
    »Was faselst du dauernd von der blöden Tür? Denk lieber daran, in welcher Situation du dich befindest. Sei froh, dass ich nicht die ganze Wohnung in die Luft jage. Kein Wort mehr von der Tür, verstanden!«
    Ob die Tür billig gewesen war oder nicht, stand nicht zur Debatte. Die Tür war ein Symbol.
    »Auf der Tür will ich nicht weiter herumreiten, aber wegen dieser Sache fliege ich hier womöglich raus. Im Haus wohnen nur anständige, ruhige Leute«, sagte ich.
    »Wenn jemand was zu meckern hat und versucht, dich rauszuwerfen, ruf mich an. Ich sorge dann dafür, dass ihm das Maul gestopft wird. Zufrieden? Wir wollen ja nicht, dass du Ärger bekommst.«
    Dann würde ich erst recht Ärger bekommen, dachte ich, wollte den Mann aber nicht weiter reizen, nickte also nur und trank einen Schluck Bier.
    »Wenn ich dir einen ungebetenen Rat geben darf: Wenn man über fünfunddreißig ist, sollte man das Biertrinken sein lassen«, sagte der Knirps. »Bier ist etwas für Studenten und Bauarbeiter. Es schwemmt den Bauch auf, hat keinen Stil.«
    Ich nickte und trank. Was ging den mein Bier an! Um nach Herzenslust Bier trinken zu können, ging ich regelmäßig schwimmen und joggte außerdem.
    »Aber was soll ich groß auf andere zeigen?«, sagte der Knirps. »Jeder hat so seine Schwächen. In meinem Falle sind es Zigaretten und Süßigkeiten. Und gerade die süßen Sachen haben es in sich. Sie sind schlecht für die Zähne und können Diabetes verursachen.«
    Ich nickte. Zweifellos.
    Der Knirps warf einen Blick auf seine Rolex. »Nun denn«, sagte er. »Ich habe nicht allzu viel Zeit, lassen wir also das Geplauder. Bist du jetzt ein bisschen lockerer?«
    »Ein bisschen«, sagte ich.
    »Schön, zur Sache also«, sagte der Knirps. »Der Zweck meines Besuches ist, dir ein wenig, wie ich eben schon sagte, auf die Sprünge zu helfen. Wenn du also etwas nicht weißt, frag, was auch immer. Ich antworte, so gut ich kann.« Er machte eine einladende Handbewegung. »Bitte sehr!«
    »Zunächst wüsste ich gerne, wer ihr seid und inwieweit ihr wisst, was Sache ist«, sagte ich.
    »Eine gute Frage«, sagte der Knirps, schaute, um dessen Zustimmung zu erheischen, zu dem Riesen hin und wandte sich, als der genickt hatte, wieder mir zu. »Du bist ein kluges Kerlchen. Redest nicht um den heißen Brei herum.« Er streifte seine Asche im Aschenbecher ab. »Sieh die Sache folgendermaßen: Ich bin hier, um dir zu helfen. Welcher Organisation wir angehören, spielt keine Rolle. Zweitens: Was Sache ist, wissen wir ziemlich genau. Wir wissen von dem Professor, von dem Schädel, von den geshuffelten Daten, ziemlich alles. Wir wissen außerdem Dinge, die du nicht weißt. Nächste Frage!«
    »Habt ihr den Gasmann bestochen, der gestern Nachmittag den Schädel stehlen wollte?«
    »Die Frage habe ich eben schon beantwortet«, sagte der Mann. »Wir wollen den Schädel nicht. Wir wollen

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