Hard Rock Vampir
Romney sowieso.
Ich flog über den Campus und war erstaunt, wie groß die Menschenmenge war, die die Rede des Präsidenten hören wollte. Überwiegend junge Menschen, Studenten, aber auch ältere und ziemlich kantig gebaute Männer, zweifellos vom Sicherheitsdienst. Nirgendwo ein Plakat, Kritik war im Keim erstickt worden. Yepp, es lebe die Demokratie. Vielen Dank, Mr. Bush. Seit dem Patriot Act kann man in diesem Land über Bürgerrechte nicht mehr sprechen – ohne sich schiefzulachen. Soweit ich beurteilen konnte, waren fast alle US-TV-Stationen vertreten. Die Sendewagen standen wie fette chromblitzende Raupen hintereinander, außerhalb des Terrains. Die Universitätsgebäude waren abgesperrt, das Rednerpult fast hermetisch abgeriegelt.
Obama stand lässig und kerzengerade da. Vielleicht steckte ihm der Friedensnobelpreis im Anus und drückte nach oben. Sein blitzender Blick musterte die Menge. 2002 hatte er noch gesagt, er sei gegen dumme Kriege, doch nun mehrten sich die Anzeichen, er stelle Truppen für einen Einmarsch in den Iran ab. Über Guantánamo gar nicht zu reden. Und schon gar nicht über seine Zaghaftigkeit, als es in Ägypten hoch herging. Seine Michelle hielt sich etwas abseits, sportlich gekleidet, ganz Mutter und intellektuelle Gefährtin. Ob sie beim Ficken schrie oder stammelte? Irgendwie habe ich das Gefühl, mal wieder sarkastisch zu sein, doch dafür gibt es eine Erklärung.
Stets, wenn ich einen Menschen trinke, gleiten einige seiner Gefühle und Gedanken auf mich über. Der Zufall wollte es, dass ich Leute tötete, die mehr wussten, Dinge, die nun ich weiß. Ganz einfach, nicht wahr?
Außerdem kann ich nicht behaupten, vor guter Laune zu strotzen, auch wenn Eva alles versucht hatte, mich bestens draufzubringen.
Doch wenn es um Sein oder Nicht-Sein ging, war auch Sex kein Allheilmittel. Hinzu kam, dass ich hungrig war. Die Aktivitäten mit Eva hatten einen Appetit in mir geweckt, wie ich ihn schon lange nicht mehr verspürt hatte. Unter mir ragten zweitausend Hälse in die Höhe, na ja, jedenfalls kam es mir so vor. Ein Füllhorn warmer süßer Nahrung.
Doch nun hieß es, mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren.
Der Präsident hatte zu sprechen begonnen. Seine Stimme wurde kristallklar über die Lautsprecher übertragen. In Christophers Keller liefen die Computer auf Hochtouren und die auf Termin liegenden Programme warteten auf den Impuls, loszulegen, sich in die Netze einzuspeisen, die Welt zu überraschen und den Bürgern zu sagen:
Glaubt niemandem!
Ihr werdet belogen!
Schaut her, es gibt Monster wie uns. Geschaffen, um Kriege zu gewinnen!
Der Präsident hatte etwas gesagt, das die Zuschauer zu Beifallsstürmen hinriss. Ich hörte nicht zu, war viel zu konzentriert. In der Ferne schwang Christopher sich von einer Dachrinne. Nicht weit entfernt wartete Roggs, der sich in Windeseile verwandeln würde und Eva stand unten in der Menschenmenge, ziemlich am Rand, wie eine, die unbedingt ein Autogramm wollte. Ihre blonden Haare glühten zu mir empor und ich fragte mich, ob sie ebenso hungrig war wie ich.
Christopher Rabe schrie und flog eine Acht.
Das war unser Zeichen.
Einige Augenpaare folgten mir. Die Sicherheitsleute verrenkten sich den Hals, dann befanden sie mich für unwichtig. Ein Vogel, ein großer schwarzer Vogel zwar, einer, den man in dieser Region eigentlich nie sah, aber wer hätte damit gerechnet, ich sei ein Vampir, und dann noch einer, der Obama töten wollte? Nein, so etwas brachten noch nicht mal die Muslims fertig.
Ich schoss nach unten und setzte mich wie vereinbart auf die vordere Kante des Rednerpultes.
Obama schreckte zurück und grinste.
Die Menschenmenge wurde lebendig. Einige lachten, dann immer mehr. Das Lachen pflanzte sich fort und ich kam mir vor, als sei ich der Gag beim Begrüßungsstandup von Letterman. Barack Obama machte eine Handbewegung, die mich verscheuchen sollte. Ich hopste in die Höhe, kreiste über seinem Kopf und setzte mich erneut auf das Rednerpult.
Spätestens jetzt begannen die Computer in der Villa meines Urvaters mit ihrer Arbeit. Ich konnte regelrecht riechen, welche Panik in den Übertragungswagen herrschte, als sich die Bilder austauschten und jene Wahrheit übertragen wurde, an der Christopher gearbeitet hatte.
Doch noch würde niemand reagieren. Dafür waren alle viel zu perplex. Man würde hinscheuen, Befehle rausrotzen und immer mehr Sender schalteten sich zu.
Währenddessen machte ich mein Bin ich nicht ein lustiger
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