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Auftretens sehr allein ist, während sie hier in der Sackgasse eines Tals in den Blue Mountains sitzt und sich den nächsten Zug auszudenken versucht. Ein verirrtes und blindes Straßengeschöpf, das von Adrenalin und seinen Instinkten lebt und weiß, daß der Feind ihm dicht auf den Fersen ist und mit jedem Schritt näherkommt.
"Als ich für sie gearbeitet habe", sagt sie. Und sie erzählt ihm, wie sie für einen Job trainiert wurde und ihn für die anderen ausführte, und wie diese hinterher zu dem Schluß kamen, daß sie ein Risiko war, eine Rakete in ihr Apartment schossen und ihren Bruder trafen, der nach ihren Worten mit dem ursprünglichen Deal nichts zu tun hatte. Cowboy merkt ihr an, daß an der Sache weit mehr dran ist, und versucht sich darüber klarzuwerden, ob er sie bedrängen soll, Genaueres zu erzählen. Vielleicht gibt es ein Detail, das sie beide retten könnte. Aber er weiß, daß sie ihm noch nicht vertraut, und beschließt zu warten. Er ist sowieso aus der Sache heraus, sobald er den Panzer hier wegbringen kann.
"Deshalb muß ich mit dem Hetman sprechen", sagt sie, "und ihn wissen lassen, was passiert ist, damit er mit diesen Leuten Frieden schließen kann." Cowboy beobachtet, wie ihr Benehmen distanziert wird. Sie leckt sich die Lippen. "Zu dumm, daß es wahrscheinlich zu seinem Preis für den Frieden gehören wird, mich an sie auszuliefern."
Cowboy schüttelt den Kopf. "Zieh nicht so früh schon solche Schlüsse", warnt er. "Es könnte sein, daß er seinen Frieden überhaupt nicht kriegt, egal zu welchen Bedingungen, und dann sitzt du mit Michael im selben Boot." Er denkt einen Augenblick lang nach; es gefällt ihm gar nicht, daß er hier sitzen und versuchen muß, Einblick in einen Krieg zu gewinnen, bei dem er keinen der Kontrahenten kennt. Er ist auf einmal mehr denn je zur Zielscheibe geworden, und er hat keine Ahnung, wann oder von wo der nächste Schlag kommen wird. Er trinkt aus, steht auf und zerknüllt den Plastikbecher.
"Trotzdem würde ich dir raten, ihm nicht zu sagen, wo wir sind", erklärt er. "Wir haben seine Computerherzen, und die wird er zurückhaben wollen. Er wird dafür sorgen müssen, daß du am Leben bleibst, bis er herausbekommt, wo seine Fracht abgeblieben ist." Er spürt, wie ihm eine widerwillige Belustigung über den Rücken sprudelt. "In der Zwischenzeit werde ich den Dodger anrufen - diesen Freund von mir -, und er wird irgendein Vehikel schicken, um uns hier rauszuholen. Oder vielleicht arrangiert er sogar eine Tour über die Linie nach Colorado mit dir als Beifahrerin." Er lacht. "Kann sein, daß der Hetman mich dann bezahlen muß, damit ich ihm seine Kristalle zurückhole."
Sarah sieht ihn ausdruckslos an. "Kannst du nicht einfach heute nacht rüberfahren?"
Cowboy schüttelt den Kopf. "Ich kann keine legale Tour machen, weil die Greifer die Augen offen halten werden. Und ich kann keine Tour mit Schmuggelware machen, weil ich nicht genug Treibstoff habe, und auch weil diese Minikanone meine einzige Waffe ist und ich den größten Teil der Munition verschossen habe. Wir werden also ein paar Leute brauchen, die für uns arbeiten. Wahrscheinlich ist es das Beste, wenn wir den Panzer hier verstecken und es so einrichten, daß wir ihn später holen können."
Er hält inne, beschattet seine Augen und sieht zur Sonne. "Wird frühestens in drei Stunden dunkel genug sein", sagt er. "Am besten hauen wir uns inzwischen aufs Ohr. Heute nacht werden wir nicht viel Schlaf kriegen."
Sarah schüttelt den Kopf und holt tief Luft. "Ich bezweifle, daß ich schlafen könnte, wenn ich's versuchen würde."
Er geht zum Panzer. "Ist deine Sache", sagt er und klettert die schräge vordere Panzerplatte hinauf.
Er wirft den zerknüllten Plastikbecher in den Müll und läßt sich auf seinem Kontursitz nieder. Er steckt sich einen Stift in die Stirn und geht in der Hoffnung auf eine Nachrichtensendung die Kanäle durch.
Als er eine aufschnappt, ist es eine lokale Videosendung, und sein eigenes Gesicht rotiert in der holographischen Präsentation - eine auf 3-D aufgeblasene Photographie, von der er nicht einmal mehr weiß, wann sie aufgenommen wurde.
Zur Vernehmung gesucht, heißt es in der Sendung. Alarmzustand im ganzen Staat. Luftpatrouillen.
Und da erkennt Cowboy, daß diese Leute nicht nach Sarah suchen. Sie wollen ihn.
*NEUE HUNTINGTON-VIRUSKRANKHEIT:
ZAHL DER FÄLLE IN DEN
VEREINIGTEN STAATEN STEIGT AUF 100'000
EPIDEMIE WEITET SICH
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