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ZUSEHENDS AUS*
Der Panzer steht in einem nachtdunklen Bachbett gleich östlich der Haupterhebung der Allegheny-Kette. Cowboy und Sarah sind zu Fuß zwei Kilometer in die Stadt gelaufen, und die einzige Telefonzelle, die sie entdeckt haben, ist anscheinend mit einer Kettensäge ausgeweidet worden. Jetzt beobachten sie eine Kneipe und überlegen, ob man dort Notiz von Fremden nehmen würde.
Cowboy hat die Nachrichtensendungen und den Polizeifunk von dem Moment an überwacht, als sie interessant wurden, und es sieht so aus, als wäre er der einzige, nach dem sie suchen. Von einer anderen Person in dem Panzer ist keine Rede, und das bedeutet, daß sie nur zufällig bei ihm ist, selbst wenn dieselben Leute, die hinter ihm her sind, auch Sarah haben wollen. Sein Steckbrief und eine Beschreibung des Panzers sind an die Polizei im ganzen Land gegangen, und er ist so glühend heiß, daß er trotz der dunklen Perücke, die er auf Veranlassung des Dodgers für seine Notausrüstung gekauft hat, und einer tief in die Stirn gezogenen Schirmmütze fühlen kann, wie das Fadenkreuz auf seinem Herzen klebt. Sarah mußte ihm ausreden, eine kleine Pistole aus Plastik mitzunehmen, die bei 60 Prozent der Detektoren unter Garantie durchgehen sollte, indem sie ihn darauf hinwies, daß seine Pistole ihn mit einer Chance von 40 Prozent umbringen würde. Aber trotzdem wünscht er, er könnte den tröstlichen Druck des kompakten Dings an seinem Bauch spüren.
Andererseits ist Sarah unsichtbar, und Cowboy will sie bei sich haben. Der Feind wird nach einem einzelnen Mann Ausschau halten, und mit ihr fällt er nicht so auf. Außerdem kennt sie zumindest ein paar Gesichter des Feindes.
Trotzdem glaubt er, daß die Chancen nicht gut stehen. Der Dodger muß ihn aus diesem Krieg im Osten herausholen, bevor er im Leichensack ausgeflogen wird.
Die Kneipe heißt Oliver's und atmet mit jedem Pulsschlag der Litejack-Musik, die mit einem Siebenvierteltakt gegen einen Sechzehnvierteltakt aus dem Innern herausdringt, eine Schar samstäglicher Nachtschwärmer ein und aus. Cowboy und Sarah beobachten den Laden eine Weile, während neonfarbene Hologramme in den Fenstern aufflackern und die Musik Elfviertel gegen Vierviertel zu spielen beginnt. Die hiesigen Cops fahren einmal vorbei, ohne Interesse an den Gästen zu zeigen.
"Gehen wir rein, bevor sie wiederkommen", sagt Sarah. Cowboy nickt, will sich aber nicht recht von der Stelle bewegen. Sarah wirft ihm einen stahlharten Blick zu.
"Sieh mich als deine Leibwächterin an", sagt sie. "Damit kenn' ich mich aus."
Die Kneipe atmet sie ein. Fluoreszierende Hologramme lassen Oliver's Decke und Wände in kühlem, anhaltendem Feuer auflodern. Sie sind die einzige Beleuchtung, abgesehen von einem einfachen weißen Spot, der auf einen ausdruckslosen Mann auf der Bühne gerichtet ist. Fünf Instrumente sind an seinem Kopf angeschlossen, und sein monochromer Schatten steht wie eine männliche Medusa hinter ihm. Er spielt alle Instrumente zugleich, Fünfviertel gegen Siebenviertel jetzt. Die Leute tanzen während seiner Wechsel, selbst die Zonentänzer bewegen sich zu seinen komplexen, unwiderstehlichen Rhythmen. "Mein Herz ist legiert", rezitiert er, "ich lebe in Schachteln." Die Stimme ist ein atemloses Flüstern, das sich von der übrigen Musik abhebt und in ironischer Einsamkeit für sich allein steht. Cowboy hört die beliebten Oldies gern, ist aber vor allem dankbar für die Tatsache, daß es dunkel ist. Sarah hat den Kopf zwischen die Schultern ihrer Jacke gezogen und ihr herausforderndes Gebaren abgelegt, und auch dafür ist Cowboy dankbar. Sie schlendern durch die Kneipe, ohne daß ihnen jemand Beachtung zu schenken scheint. In einem Flur, der zur Toilette führt, ist ein Münzfernsprecher. Cowboy wechselt an der Bar ein paar Scheine in Kristallgeld auf einer Kreditnadel und steckt sich den zur Verfügung stehenden Audiostecker des Telefons in den Kopf. Daran sitzt ein dünnes Mikrophon zum Sprechen, das sich zu seinem Mundwinkel senkt.
Die Frau des Dodgers nimmt ab. Jutz ist blond und hat drahtige Muskeln; wenn der Dodger nicht da ist, leitet sie die Ranch, und sie kommt mit ihrem Part des Geschäfts gut zurande. Ihre Stimme klingt, als hätte Cowboy sie aus dem Bett geholt.
"Jutz", sagt er, "ist der Dodger da?"
"Cowboy", erwidert sie. "Sag mir nicht, wo du bist. Sie hören diesen Anschluß wahrscheinlich ab."
Ihr Timbre läßt seine Nerven frösteln, als wäre es flüssiges
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