Hardware
manche sehen so aus, manche sind einfach Verlorene. Wie in jeder Kleinstadtgasse.
"Sie meinten, wir sollten uns verstecken", sagt Sarah. "Sie werden sich die Computerherzen holen, wenn sich die Dinge in diesem Teil der Welt abkühlen."
"Keine Möglichkeit für uns, nach Hause zu kommen?" "Keine, bei der wir nicht in derselben Sekunde ermordet werden, in der wir in der Freizone auftauchen. Niemand weiß, wem er trauen kann."
Cowboy geht mit raschen Schritten auf das entfernte Ende der Gasse zu, die Fäuste in den Taschen, und gibt sich Mühe, leise zu laufen. Einer der Schlafenden bewegt sich auf der schäbigen Decke und ruft einen Namen. Sein hervorquellender, nackter Bauch glänzt bleich in der Nacht.
"Dann sind wir auf uns allein gestellt", sagt Cowboy. Er geht bis zum Ende der Gasse und schaut nach links und rechts. Das Lachen einer Frau hallt vom Randstein wider. Er geht über die Straße und in eine andere Gasse.
Sarahs Stimme hinter ihm läßt ihn wie festgewurzelt stehenbleiben. "Ich weiß jetzt, für wen Cunningham arbeitet."
Cowboy dreht sich überrascht um. "Hat dir der Junge am Telefon das gesagt?"
"Ich hab' ihm erzählt, daß die Orbitalen mit drinstecken, und warum. Und er kannte Cunningham. Hatte mit ihm mal wegen einer Sicherheitssache zu tun."
Der Abscheu in ihrer Stimme ist deutlich zu hören. Selbst im Dunkeln kann er den offenen Haß in ihren Augen erkennen.
"Es ist Tempel IG. Tempel Pharmaceuticals."
Cowboy hört den Namen und spürt, wie sein Herz schneller schlägt. Er fühlt, wie sich tief in seinem Innern ein Schrei bildet, ein triumphierendes Brüllen wie bei den Turbinen des Panzers, wenn er die Ventile des unter Druck stehenden Alkohols öffnet. Denn so. wenig ihm das im Moment auch nützt: Endlich kennt er den Namen des Feindes.
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Interessengemeinschaft Tempel, denkt Cowboy. Viele der Orbitalen haben dieses deutsche Wort vor dem Namen, und das ist kein Wunder. Es ist eine so perfekte Beschreibung ihrer Mentalität.
Sarah und er sind wieder beim Panzer. Sie sitzen auf seinem stahlbewehrten Rücken, während der Bach über den Rammbug plätschert. Sarah hält die Maschinenpistole in den Armen, ein kaltes und tödliches Kind. Wolken ziehen heran und verdecken die Sterne, und sie sind allein in der Dunkelheit.
"Ich hab' nur noch ein bißchen Kleingeld in der Tasche, sonst nichts", sagt Cowboy. "Normalerweise hab' ich ein bißchen Gold im Panzer, falls ich mal ein paar Greifer schmieren muß." Er schüttelt den Kopf. "Aber diese Lieferung hätte legal sein sollen. Kein Grund anzunehmen, daß die Cops sich dafür interessieren würden." Er lacht unfroh. "Und ich hätte heute abend wieder in Florida sein sollen."
Sarah schweigt und verlagert nur das Gewicht ihrer Maschinenpistole. Sie hat den langen Schalldämpfer auf dem Lauf, und das Ding wird nicht einmal flüstern, wenn sie es benutzen muß. Er weiß bereits, daß sie keinen Cent hat.
"An mein Portefeuille kann ich auch nicht ran", denkt er laut nach. "Wenn die Greifer alle zusammenarbeiten, werden Arkady und seine Leute imstande sein, jede Transaktion zu verfolgen oder sogar zu unterbinden. Ich hab' Goldverstecke in New Mexico und Wyoming, aber zu Fuß ist das ein weiter Weg von hier."
"Wir haben die Matrizen", sagt Sarah. Nach einem so langen Schweigen wirkt ihre Stimme laut. "Die sind ein Vermögen wert, wenn wir sie losschlagen können."
Cowboy sieht zu ihr hoch. "Kennst du jemand, dem du bei so einer Warenmenge vertrauen kannst? Ich nicht."
"Wir müssen ja nicht die ganze Fracht verkaufen. Nur genug, damit wir dahin kommen, wo wir hinwollen." Cowboy hört einen Moskito dicht an seinem Ohr tanzen. Seine Nerven drängen ihn, den Panzer hier herauszubringen; sie reden ihm ein, daß sie zu nahe bei dem Telefon sind, von dem aus sie zwei abgehörte Anschlüsse angerufen haben. Aber solange er nicht weiß, wohin sie wollen, scheint es nicht viel Sinn zu haben, sich in Bewegung zu setzen. Sein Treibstoffvorrat ist zu knapp, um im Kreis zu fahren.
Warte, denkt er. Er schaut zum Himmel hinauf. Warte, bis die Wolken über uns sind.
Er erinnert sich an die Nächte, als er den _Pony Express_ durch Gewitterwolken geflogen hat. Sein Kristall war auf die Wellenlänge des Wetterdienstes eingestellt, so daß er dem schlechten Wetter folgen und sich darin verstecken konnte, und die
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